Echte Biester: Roman (German Edition)
überfahren, Pop.«
Mickey lächelte. »Wenn er das wirklich vorgehabt hätte, würde ich jetzt sicher nicht hier stehen.«
Raven stand auf einer Ausrüstungsbox und sprach mit erhobener Stimme. »Heute ist Tag X, okay? Wir werden Mr. Badger finden und wohlbehalten zurückbringen! Alles klar?«
Zustimmendes Gemurmel war zu hören. Trotzdem hatte Wahoo den Eindruck, dass niemand aus dem Suchtrupp vor Optimismus übersprudelte. Das Wetter sah mies aus, und als in der Ferne Donner grollte, gab einer der Sumpfbootfahrer – ein Miccosukee – einen vielsagenden Pfiff von sich. Jeder, der sich in den Everglades auskannte, wusste, dass es dort bei Gewitter sehr gefährlich war. Die Bauminseln zogen Blitze geradezu magnetisch an und ein Sumpfboot aus Metall war auch nicht viel sicherer.
»Hat jeder eine neue Batterie in seinem Walkie-Talkie?«, fuhr Raven fort. »Und wie steht’s mit der Erste-Hilfe-Ausrüstung? Los, Leute, seht mal auf eurer Checkliste nach.«
Mickey stieß Wahoo an. »Komm«, sagte er, »wir holen uns einen Snack. Wo ist deine Freundin?«
»Sie ist nicht meine Freundin.«
»Natürlich nicht.«
Wahoo war gar nicht aufgefallen, dass Tuna sich von der Gruppe abgesetzt hatte. Er schaute umher, bis er sie hinten am Maschendrahtzaun entdeckte, der zwischen dem Parkplatz und Sicklers Grundstück verlief. Wahoo rief ihren Namen, doch sie reagierte nicht. Auch als er sie ein zweites Mal rief, diesmal noch lauter, drehte sie sich nicht um.
»Wir treffen uns dann im Laden«, sagte sein Vater. »Willst du Orangensaft?«
»Klar.«
»Mit oder ohne Fruchtfleisch?«
»Ist mir egal, Pop.«
Als Wahoo Tuna fast erreicht hatte, drehte sie sich abrupt um und kam auf ihn zugerannt, raste jedoch, ihren Segeltuchbeutel an die Brust gepresst, an ihm vorüber. Ihr Gesicht war starr vor Angst.
Sickler war so damit beschäftigt, den Leuten vom Suchtrupp Junkfood und uralte Proteinriegel zu verkaufen, dass er den Mann zunächst gar nicht bemerkte.
»Ich bin’s wieder«, sagte der Fremde, als er an die Reihe kam.
Sickler sah ihn mit eisigem Blick an. »Worum geht’s?«
»Immer noch um meine Tochter Tuna.«
»Ich habe meine Aushilfe gefragt. Hab ihr das Foto gezeigt.«
»Und?«
»Sie kann sich nicht daran erinnern, sie gesehen zu haben.«
Obwohl Sickler dem Mädchen heute Morgen noch nicht begegnet war, wusste er, dass sie sich irgendwo auf dem Grundstück herumtrieb. Und er konnte rundum darauf verzichten, dass ihr Alter sie entdeckte und die beiden sich in die Wolle kriegten. Möglicherweise rief dann jemand die Polizei.
»Können wir uns mal unter vier Augen unterhalten?«, fragte der Mann.
»Ist jetzt sehr ungünstig.«
»Dauert nur eine Minute. Dann mach ich mich vom Acker.«
»Tut mir leid.«
Der Fremde rührte sich nicht von der Stelle. »Ich glaub, Sie lügen mich an, Sportskanone. Ich glaub, mein kleines Mädchen is’ hier irgendwo.«
Sickler holte den Klauenhammer hervor. »Und ich glaube, Sie haben zu viel getrunken.«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Weil Sie nach Bier stinken. Und jetzt hauen Sie endlich ab.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Erst wenn Sie mir verraten, wo sie sich versteckt hat.«
»Ich werd’s Ihnen verraten«, sagte eine Stimme hinter ihm.
Verärgert blickte Sickler an dem Betrunkenen vorbei und sah, dass es der Tiertrainer war, den die Fernsehleute mitgebracht hatten.
»Ich kann Sie sofort zu ihr bringen«, sagte der Tiertrainer zum Vater des Mädchens. »Mit meinem Pick-up.«
»Wo ist sie?«, fragte der Fremde und kniff seine blutunterlaufenen Augen zusammen. »Und wer sind Sie?«
Der Tiertrainer streckte die rechte Hand aus. »Mickey Cray ist mein Name. Und Ihrer?«
»Gordon. Jared Gordon«, antwortete der Mann. Sein Händedruck war schlaff und unaufrichtig.
»Hören Sie nicht auf den, Gordon«, schaltete sich Sickler ein. »Der weiß auch nicht, wo Ihre Tochter ist.«
Mickey Cray zog eine Augenbraue in die Höhe und hoffte, dass Sickler mitbekommen würde, was er ihm mitzuteilen versuchte: Halten Sie sich da raus .
»Natürlich weiß ich das«, versicherte Mickey Tunas Vater. »Ihre Tochter erwartet Sie.«
Jared Gordon grinste. »Na, wer sagt’s denn?«
Sickler war froh, dass der Laden sich inzwischen geleert hatte und nur noch sie drei da waren. Obwohl er selbst nicht gerade ein Heiliger war, hatte er nichts für Dreckskerle übrig, die ihre Kinder verprügelten.
»Woher hat sie denn das Veilchen?«, fragte er Jared Gordon.
»Dann haben Sie sie also
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