Echte Biester: Roman (German Edition)
um zu signalisieren, dass er den einsamen Kanufahrer gesehen hat.
SCHNITT HELMKAMERA; Shot vom Flugzeug, das langsam näher kommt.
DEREK
Ja! Ja! Ja! Was für ein fantastischer Anblick!
SCHNITT ZURÜCK, HUBSCHRAUBERKAMERA, die allmählich zurückzoomt.
DEREK
(nur noch ein Punkt in der unendlichen Weite der Everglades) Als ich mit diesem wilden Alligator um mein Leben gerungen habe, da habe ich einen Moment lang daran gezweifelt, ob diese Expedition glücklich ausgehen würde. Doch jetzt sieht es so aus, als würde ich tatsächlich lebend hier rauskommen!
Dann bis nächste Woche!
ABSPANN
Tuna schmiss das Drehbuch auf die Erde. »So ein Quatsch! Mit einem fipsigen Taschenmesser kann man doch keinen ganzen Baumstamm aushöhlen.«
»Willkommen in der Realität der Realityshows.« Wahoo schaltete die Taschenlampe aus, deren Licht Schwärme von Insekten anzog.
Um sie herum wurde es allmählich stockfinster. »Was, wenn er da draußen abkratzt?«, hörte Wahoo Tuna sagen.
»Du meinst Derek?«
»Was, wenn er bereits tot ist?«
Dieser schreckliche Gedanke war Wahoo auch schon gekommen. Er griff nach Tunas Hand und sagte: »Wahrscheinlich ist dem Sumpfboot nur das Benzin ausgegangen.«
Wahoo konnte sich nicht erklären, warum Derek aus dem Lager weggelaufen war, nachdem ihn die Fledermaus gebissen hatte. Vielleicht versuchte er nur, den Regisseur und das Team ein bisschen auf die Folter zu spannen. Der Mann liebte es ja, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
»Hör mal, ich weiß, dass er ein Spinner ist«, sagte Tuna, »aber ich bin nun mal total auf seine Sendung abgefahren. Jeden Donnerstag wird sie gezeigt, um neun Uhr abends. Um die Zeit rum ist mein Dad meistens völlig hinüber.«
Wahoo konnte sich die Szene nur allzu deutlich ausmalen, obwohl er es immer noch nicht schaffte, sich das Gesicht von Tunas Vater vorzustellen.
»Bei Walmart haben sie eine echt gute TV-Abteilung«, fuhr Tuna fort. »Wenn Daddy zu laut schnarcht, geh ich immer da hin, um mir Expedition Überleben! anzusehen.«
»Derek ist nicht tot, Lucille. Sie werden ihn schon finden.«
»Das hoffe ich.«
Wahoo hoffte das auch. Eins schien ihm zumindest sicher zu sein: Was auch immer der sogenannte Überlebenskünstler gerade machte – ein Kanu schnitzte er sich jedenfalls nicht.
Die Schnecken schmeckten scheußlich. Trotz seiner geschwollenen Zunge gelang es Derek, drei davon zu verputzen. Sie waren klein und ihre dünnen, spiralförmigen Häuser ließen sich leicht zerbeißen. Außerdem fing er einen Baumfrosch, den er in einem Stück verschlang. Er spürte, wie der Frosch zappelte, bis er in seinen Magen gelangte. Um den Schleim aus dem Mund zu bekommen, lutschte er an ein paar Blättern.
All das ereignete sich, nachdem die Sonne untergegangen war und Vampire ohne Gefahr umherstreifen konnten.
Derek fühlte sich zwar noch nicht wie ein Vampir, wartete jedoch voller Unruhe auf seine Transformation. Obwohl seit dem Fledermausbiss fast vierundzwanzig Stunden vergangen waren, wies nichts darauf hin, dass er sich in einen untoten Nachtgänger verwandelte.
Trotz seines gewaltigen Durstes stand Derek nicht der Sinn danach, jemanden in den Hals zu beißen und sein Blut zu trinken. Über eine kalte Diät-Cola hätte er sich jedoch mit Freuden hergemacht. Ab und zu fuhr er sich mit den fleischigen Fingerspitzen über die Zahnkronen, um nachzuprüfen, ob ihm schon Fangzähne gewachsen waren.
Er hatte immer noch Fieber und schwitzte stark, dazu kam jetzt noch ein ärgerliches neues Symptom – ein entsetzlich brennendes Jucken an Armen und Beinen. Ein sachkundiger Mensch hätte sofort erkannt, dass das vom Giftefeu herrührte, doch Derek in seinem Wahn überlegte, ob das Jucken etwas mit Vampirismus zu tun haben könnte. Allerdings konnte er sich nicht daran erinnern, dass Dax Mangold und die anderen Figuren in Flügel der Finsternis sich so oft gekratzt hätten.
Nachdem er den Frosch und die Schnecken gegessen hatte, war er immer noch hungrig. Er hatte die Tiere mithilfe der kleinen Lampe an der Helmkamera ausfindig gemacht. Das Gerät hatte sich zwar bei seinem Sturz verbeult, schien aber immer noch bestens zu funktionieren. Derek stöberte auf dem Boot herum, bis er auf Links Wasservorrat stieß, den er sofort in sich hineinschüttete.
Um ihn herum surrten und summten Insekten und von Zeit zu Zeit war im Gebüsch ein Rascheln zu hören. Derek streckte sich auf einer der Sitzbänke des Sumpfboots aus und starrte zum Himmel hoch,
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