Echte Morde
von Ihnen davon." Ich war davon ausgegangen, dass sie nicht zugehört hatte. Lizanne hörte nie zu, wenn etwas sie nicht interessierte, und hatte beim Gespräch über Echte Morde wieder einmal sehr gelangweilt gewirkt. „Lizanne rief John Queensland an", fuhr Robin fort, „und der sagte, Besucher seien willkommen und ein Clubtreffen würde noch am selben Abend stattfinden. Also bat ich Lizanne ..."
„Schon gut, ich hatte mich das nur gefragt", sagte ich in neutralem Ton.
„Dieser Sergeant Burns ist ja ein ziemlich grimmiger Bursche", meinte Robin nachdenklich, „und Detective Smith scheint mir auch nicht gerade ein Leichtgewicht."
„Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Sie kannten Marnie nicht mal, niemand wird Sie verdächtigen."
„Ich hätte sie durchaus kennen können, nehme ich mal an.
Aber ich kannte sie nicht, was Smith mir auch abzunehmen scheint. Wetten, dass er es nachprüft? Den Mann hätte ich nicht gern als Schnüffler an den Hacken kleben, wenn ich Verbrecher wäre."
„Marnie wird nicht vor neunzehn Uhr gekommen sein", sagte ich nachdenklich, „und ich habe für die Zeit zwischen neunzehn und neunzehn Uhr dreißig kein Alibi. Marnie musste sich mit dem Vorsitzenden der VFW treffen, um den Schlüssel zu bekommen. Ich glaube, sie fuhr nach jedem Treffen bei ihm vorbei und brachte ihm den Schlüssel wieder zurück."
„Nein, gestern holte sie sich den Schlüssel direkt beim Vorsitzenden ab. Sie hatte ihm erzählt, sie müsse früher aufschließen, weil sie vor dem Treffen im Haus der VFW noch mit jemandem verabredet war."
„Woher wissen Sie das?" Ich war erstaunt, aber auch ein wenig empört.
„Der Polizist bat darum, von meinem Telefon aus auf dem Revier anrufen zu dürfen. Ich habe mir die Infos aus dem zusammengereimt, was ich von seinem Teil der Unterhaltung mitbekommen habe", sagte er offen. Aha: ein Mensch, der von Natur aus ebenso neugierig war wie ich.
„Also ..." Ich dachte nach. „Wer immer Marnie ermordet haben mag: Er hatte reichlich Zeit, die Sache zu arrangieren. Er hat sie irgendwie dazu gebracht, früher zu kommen, weil er viel Zeit brauchte, sie umzubringen, herzurichten und danach nach Hause zu fahren, zu duschen und sich umzuziehen." Aufgeregt leerte ich mein Glas. Beim Gedanken an den Mörder und warum er sich nach dem Mord saubermachen musste, war mir ein Schauer den Rücken hinuntergelaufen.
„Erzählen Sie mir mehr über die anderen Clubmitglieder", bat Robin.
Vermutlich war er nur deswegen gekommen. Das enttäuschte mich zwar ein wenig, aber ich beschloss, die Sache philosophisch zu betrachten.
„Da wäre erst mal Jane Engle, die weißhaarige ältere Dame", fing ich an. „Sie ist im Ruhestand, arbeitet aber von Zeit zu Zeit als Vertretungslehrerin oder als Aushilfe in der Bücherei. Sie ist Expertin für viktorianische Morde." Einen nach dem anderen ging ich die Namen der Clubmitglieder durch: Gifford Doakes, Melanie Clark, Bankston Waites, John Queensland, LeMaster Cane, Arthur Smith, Marnie und Gerald Wright, Perry Allison, Sally Allison, Benjamin Greer. „Aber Perry kommt erst seit Kurzem", erläuterte ich. „Ich glaube, man kann ihn nicht als richtiges Mitglied bezeichnen."
Robin nickte. Eine rote Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht, die er geistesabwesend zur Seite strich.
Irgendetwas geschah in mir, als ich diese Geste sah und beobachten durfte, wie er sich auf das Thema konzentrierte.
„Was ist mit Ihnen?", fragte er. „Geben Sie mir eine kleine Biographie."
„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin hier zur Highschool gegangen, besuchte danach ein kleines privates College, absolvierte an der Universität Atlanta ein Postgraduiertenstudium in Bibliothekswissenschaften, kam wieder nach Hause und arbeite seither in der Stadtbücherei." Robin wirkte leicht erschüttert.
„Mir ist es nie in den Sinn gekommen, nicht wieder nach Lawrenceton zurückzukehren", sagte ich, als eine Weile Schweigen geherrscht hatte. „Was ist mit Ihnen?"
„Ich bin hier, um an der Universität Atlanta zu unterrichten.
Der Schriftsteller, der den Kurs eigentlich leitet, hatte einen Herzinfarkt ... tun Sie eigentlich je etwas Impulsives?", fragte er plötzlich.
Impulsiv? In diesem Augenblick wollte einer der stärksten Impulse, die ich je verspürt hatte, dass ich mein Weinglas absetzte, mich hinüber zu einem rothaarigen Schriftsteller begab, den ich erst ein paar Stunden zuvor kennengelernt hatte, mich auf seinen Schoß setzte und den Mann
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