Echte Vampire haben Kurven
Telefon, Handtasche und allem drum und dran.
Die Wolle des Umhanges, den er über der Schulter trug, kratzte meine Wange. Ich wusste, gegen diesen eisernen Griff hatte ich keine Chance, also versuchte ich gar nicht erst, mich zu befreien.
»Gib es auf, Jerry. Du kannst mich nicht auf Schritt und Tritt überwachen, um meine Sicherheit zu garantieren, und du kannst mich nicht gegen jeden Irren beschützen, der da draußen Jagd auf Vampire macht. Gewöhn dich an den Gedanken, dass ich mein eigenes Leben lebe.« Ach, ich verschwendete doch bloß meine Zeit. Genauso gut hätte ich versuchen können, Valdez zum Verzehr von Hundefutter zu überreden. Ich stieß Blade von mir.
Seine Miene war wie versteinert, aber er ließ mich los.
Ich riss die Tür auf – und sah mich einem Vampir gegenüber. Er hatte weißes Haar und eine Designerhandtasche in Knallpink unter dem Arm geklemmt.
ACHT
»Hey!« Ich packte ihn am Hemd und zerrte ihn kurzerhand in die Wohnung.
»Was soll das?« Er begann, sich zu bekreuzigen. Ohne Witz.
»Diese Handtasche kenn ich doch! Die gehört Florence.«
»Ist sie hier? Ist das ihre Wohnung?« Er hielt mir die Tasche hin. »Ich wollte sie nur zurückbringen.«
»Wer ist das?« Blade legte die Hand auf den Schwertgriff.
Der fremde Vampir erstarrte. Eigentlich sah er ziemlich tough aus. Ohne das Überraschungsmoment hätte ich ihn bestimmt nie und nimmer in die Wohnung ziehen können.
»Dieselbe Frage könnte ich euch auch stellen. Ich suche Florence da Vinci. Bin ich hier nun richtig oder nicht?«
»Jawohl. Worum geht’s denn?«, fauchte ich, obwohl es nicht besonders clever war, sich mit diesem Wildfremden anzulegen, der mit großer Wahrscheinlichkeit der Idiot war, der hinging und sich an Studenten labte, ohne danach die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Er musterte mich mit zusammengekniffenen Augen.
Wieder einer dieser unverschämten Gedankenleser. Diese Unart hatten wohl alle außer mir. Konnte ich seine Gedanken ebenfalls lesen? Ich versuchte es. Fehlanzeige. Wunderte mich nicht.
»Florence und ich sind … gute Bekannte. Sie hat gestern
Abend ihre Handtasche bei mir vergessen.« Er hielt mir das Corpus delicti, ein Schmuckstück von Kate Spade, hin.
Ich nahm sie mit dem gebührenden Respekt entgegen. Florence besitzt eine sagenhafte Handtaschensammlung, die ich zu plündern plante, sollte ich je ein absolut sicheres Versteck ausfindig machen, in dem ich mich bis in alle Ewigkeit verkriechen konnte.
»Du lässt eine schutzlose Frau nachts alleine nach Hause gehen?«, schaltete sich Blade ein. Er steckte das Schwert wieder in die Scheide zurück und holte stattdessen einen Dolch aus dem Schuh. »Weißt du nicht, wie gefährlich es da draußen für Vampire ist?«
»Für jemanden wie dich vielleicht, Highlander. Es gibt nicht viele Männer, die mich mit einem Messer bedroht und es überlebt haben.« Der weißhaarige Vampir hatte blitzschnell selbst einen Dolch aus dem Ärmel geschüttelt, den er nun von einer Hand zur anderen warf, als wäre er einem kleinen Fight nicht abgeneigt.
Valdez knurrte, sichtlich erpicht darauf, sich in den Kampf zu stürzen. Tja, nicht heute Abend, und schon gar nicht in meinem Wohnzimmer. Ich sah auf die Uhr. Allerhöchste Zeit.
»Stecht euch nicht die Augen aus, Jungs.« Ich deponierte die Tasche auf dem Couchtisch und öffnete die Tür. Valdez kam mir hinterher, nicht ohne Blade noch einen sehnsüchtigen Blick zuzuwerfen. Er hätte sich wohl nur zu gern ins Getümmel gestürzt.
»Blade, erklär unserem Gast doch bitte, was wir hier unter unauffälligem Benehmen verstehen. Und erzähl ihm, wie es Flo gestern Abend ergangen ist.« Ich knallte die Tür hinter mir zu und eilte die Treppe hinunter. Die beiden konnten sich nicht umbringen, es sei denn, einer von ihnen packte einen
Holzpfahl aus. Nicht mein Problem. Ich hatte die Nase gestrichen voll von Männern.
Lacy stand an der Kasse, als ich in den Laden kam. Wenigstens dieser Teil meines Lebens lief nach Plan. Die Kundin, die soeben bezahlt hatte, riss erschrocken die Augen auf, als sie mich in Begleitung von Valdez hereinkommen sah, also verbannte ich ihn rasch ins Hinterzimmer und schloss die Tür. Er knurrte, aber Geschäft ist Geschäft. Zwei andere Kundinnen nahmen soeben Handtaschen in Augenschein. Ichbrauchte dringend Nachschub, aber Flo weigerte sich standhaft, mir ein paar Exemplare aus ihrer Sammlung abzutreten. Wie es aussah, handelte es sich bei dem weißhaarigen Vampir um ihren
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