Echtzeit
für Tom war. Er war es für sie definitiv nicht. Nein, auf gar keinen Fall. Aber sie sollte ihm mal dezent den Kopf waschen, denn zurzeit sollte er nichts Anderes als seinen Sohn im Kopf haben und nicht ständig von ihr, seiner Ex, reden.
Gekonnt schenkte sie zunächst sich das Weißbier Schluck für Schluck ins Glas und anschließend Jo.
Mit Anerkennung betrachtete er schließlich die gelungene Schaumkrone. »Pah, Mädel! Man könnte dich vom Fleck weg heiraten.«
»Danke. Kann ich von dir nicht behaupten.« Sie zwinkerte, stieß ihr Glas gegen seines und genehmigte sich einen Schluck.
»Na, los! Komm, ich stell dir ein paar Leute vor.«
Er bedeutete ihr, sich umzudrehen und dann legte er wieder angenehm beruhigend seine Hand auf ihr Schulterblatt. Gemeinsam drängelten sie sich bis zu einer Gruppe, die an der Wand neben einem Boxsack stand. Dummerweise hatte Katrin sich direkt neben dieser Gruppe auf einem Stuhl niedergelassen und schmollte. Nina würdigte sie keines Blickes, schließlich war es nicht ihr Problem, wenn die beiden nicht klarkamen. Zuerst stellte Jo ihr Tobi und Michael vor. Außerdem schüttelte sie noch Andre, einem weiteren Musiker, der etwa in ihrem Alter war, die Hand. Schnell klinkte sie sich in ein Gespräch zwischen Michael und Andre über den Einsatz klassischer Musikinstrumente in alternativer Rockmusik ein. Jo und Tobi hingegen steckten ihre Köpfe zusammen. Sie schnappte nur unterschwellig einige derbe Scherze, die definitiv nicht jugendfrei waren, auf. Plötzlich lachte der Hüne so laut auf, dass der Boden unter ihr zu beben begann. Sein ganzer Körper wurde von einem heftigen Lachanfall geschüttelt und seine Arme gestikulierten wild umher. Ehe sie sich versah, stieß er ungewollt gegen sie und ihr Weizenbierglas geriet in eine Schieflage. In eine unaufhaltsame Schieflage! Ein hysterisches Kreischen lenkte die Aufmerksamkeit aller auf Katrin. Wie ein begossener Pudel stand sie da und funkelte Nina wütend an, während ihr nasses Oberteil die Konturen der Stilleinlagen preisgab.
Kapitel 11
»Lass mich vorbei, Jo!« Nina drängelte sich wieder gegen die breite Brust, doch der Hüne ließ sie nicht vorbei. Er hatte so ein breites Kreuz, dass er den Türrahmen vollkommen versperrte. Sie war von ihm in diese Abstellkammer, die voll mit angesammeltem, noch nicht entsorgtem Schutt war, hineingeschoben worden. Es war staubig hier drin und es roch nach Baustelle.
»Erst wenn du dich runtergefahren hast!« Seine großen Pranken schoben sie wieder zurück in das schummrige Licht.
»Ich soll mich runterfahren? Wer ist denn wie eine Furie auf mich losgegangen?«
Jo seufzte tief. »Nina, hör mir zu. Ich weiß, dass du recht hast, aber wenn du dich jetzt mit ihr anlegst, dann sprengt ihr die ganze Veranstaltung.«
»Gott, ich hab ihr das Bier doch nicht absichtlich über die Bluse geschüttet!«
»Nee, nee, haste nicht. Aber trotzdem ne geile Aktion.« Er zwinkerte ihr zu. »Wir mögen Katrin nicht besonders und der Großteil hier ist froh, wenn sie für heute Abend verschwindet. Du bist also meine Heldin.«
»Na toll, aber Tom muss es ausbaden.« Sie deutete mit der Hand durch die geschlossene Tür, durch die gedämpft Katrins hysterisches Wutgeschrei erklang.
»Um ehrlich zu sein, Tom hat es nicht anders verdient. Ich hab dir doch erzählt, dass er fast nur von dir gesprochen hat.«
»Diese Schlampe«, drang es nun zum dritten Mal bis zu ihnen vor.
»Boah, jetzt reicht’s mir!« Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen Jo und versuchte, ihn wenigstens so weit zurückzuschieben, dass sie die Tür wieder öffnen konnte. Sie ließ sich viel gefallen, aber was zu weit ging, ging zu weit.
»Nina«, giggelte der Hüne, als sie eine Stelle an seiner Taille erwischte, an der er empfindlicher war. Das könnte ihre Chance sein.
»Katrin! Es reicht jetzt endgültig!« Das war Toms Stimme. So wütend hatte sie ihn noch nie gehört. Sie hielt inne und sah Jo erstaunt an. Doch das war noch nicht alles, was Tom zu sagen hatte.
»Nina ist eine alte Freundin und ich werde sie nicht wegschicken.«
Beängstigende Stille trat ein. Kein Ton war zu hören. Nina entspannte sich etwas und ließ von Jo ab. »Ich glaube, sie sind fertig.« Sie flüsterte, aus Angst sie könnte den Streit draußen erneut anfachen.
Jo legte den Finger auf den Mund. »Warte noch.«
Nina runzelte die Stirn und lauschte angestrengt. Jos Finger schwebte nun vor ihrem Gesicht. Ein lautes Knallen der schweren
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