Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition)
einem Lied im Herzen! Ihr Leben ist eine trostlose, undankbare Plackerei, da braucht sie dieses kleine Trostpflaster. Oh ja, das Nachmittagsprogramm im Fernsehen hilft, natürlich, aber was ist die wahre kleine süße Pille, die sie alles ertragen lässt? Sich Rebecca Navarros Miss-May-Romane zu Gemüte zu führen und in die wunderschöne Welt der Romantik und Galanterie zu flüchten, die du so leidenschaftlich auferstehen lässt. Alle Muttis und die jungen zukünftigen Muttis brauchen das.
– Ganz genau, nickte Perky todernst,– wenn du erst Sodomie und Revolution einbaust, werden diese valiumbedröhnten, kuhäugigen Torten die Bücher voller Grausen von sich werfen– und was wird dann aus uns?
– Sag du es mir, Schatz, neckte ihn Rebecca.
– Wir sitzen auf der Straße und verkaufen The Big Issue , das wird dann aus uns!, brüllte Perky.
16 Kleine Panne im Gedränge
Nick Armitage-Welsby nahm an der Außenreihe des Gedränges einen freien Ball an und rannte los, schlängelte sich tief ins gegnerische Territorium und wich geschickt zwei desperaten Tackles aus. Die wenigen Zuschauer in Richmond verspürten eine prickelnde Vorfreude, da Armitage-Welsby das Tempo und die Kraft hatte, bis direkt zur Mallinie vorzustoßen. Doch trotz der heillosen Verwirrung in der gegnerischen Abwehr spielte Armitage-Welsby kraftlos zu einem Teamkollegen ab und brach dann im Matsch zusammen.
Er wurde bereits tot ins St. Hubbin’s Krankenhaus eingeliefert, das Opfer eines schweren Herzinfarkts.
Die Leiche lag auf einer Bahre in der Krankenhauspathologie und wurde von Freddy Royle begierig inspiziert.– Hoppla, das war aber ein ganz Strammer! Und bestückt wie ein Zuchthengst, so wie’s aussieht … Er schickte sich an, ihn näher in Augenschein zu nehmen.
– Ähm, Freddy, sagte Glen vorsichtig,– wir haben da nen neuen Pathologen, nen gewissen Clements, und der hat noch nicht richtig spitzgekriegt, wie wir die Sache hier deichseln. Er hat später Dienst, und er wird sich unseren Freund hier ansehen wollen, also treib’s nicht zu wild mit ihm.
– Ja, ich werd sanft zu dir sein, wie, Zuckerpüppchen? Freddy grinste und zwinkerte der Leiche zu. Er wandte sich an Glen,– Bist du mal ein lieber Junge und besorgst Freddy ein Stück Schnur?
Glen zierte sich ein bisschen, kramte dann aber in einer Schublade und förderte ein Knäuel Schnur zutage. Soll Freddy machen, was er will, dachte Glen. Er würde heute Abend mit Yvonne ausgehen. Ins Kino, dann in den Club. Er würde ihr von Freddies Kohle was Hübsches kaufen. Parfüm. Teures Parfüm, dachte er. Um ihr Gesicht zu sehen, wenn er es ihr gab. Das würde ihn anmachen.
Freddy nahm zwei Schienen und band sie am schlaffen Penis der Leiche fest. Dann steckte er eine rechteckige Keksdose zwischen die Beine des toten Mannes und balancierte den geschienten Schwanz darauf.
– Wart’s ab, bis die kleine Schönheit fest geworden ist, Rigor Mortis mit allen Schikanen, dann kann der Spaß losgehen!, sagte Freddy lächelnd.
Glen entschuldigte sich und ging in die Vorhalle.
17 Lorraine und die Liebe
Lorraine hatte viel Zeit bei Rebecca verbracht. Sie hatte ihr mit dem Manuskript geholfen. Sie waren zusammen im Britischen Museum gewesen, hatten sich in den Pappkartonkolonien rumgetrieben, in U-Bahn-Stationen, in denen Mütter bettelten und unterernährte Kinder hochhielten.– Vor zehn Jahren habe ich so was in Mexiko City gesehen, seufzte Rebecca,– und ich dachte immer: So weit kann es hier nie kommen, nicht in England. Man will nur noch wegschauen. Man würde gerne alles glauben, glauben, dass alles nur Beschiss ist, alles eine Masche ist; man möchte alles glauben, nur die Wahrheit nicht.
– Nämlich, dass sie kein Geld haben, um ihre Kinder zu ernähren, und die Regierung sich einen Scheißdreck darum kümmert, giftete Lorraine,– lieber sorgen sie dafür, dass die Reichen mehr haben, als sie jemals brauchen werden.
Lorraine konnte manchmal so hart sein, dachte Rebecca. Das war nicht gut. Wenn man sich von denen, die einen verrohen lassen wollten, hart machen ließ, dann hatten sie gewonnen. Hatten sie ihr Ziel erreicht. Romantik entsprang nicht nur ihrer kreativen Einbildungskraft. Sicherlich musste es doch Raum für Romantik, für echte Romantik, geben? Romantik für jedermann, und nicht nur auf den Seiten eines Buchs.
Diese Gedanken hämmerten Rebecca im Kopf, als Lorraine zurück ins Schwesternheim ging. Sie hatte auch ihre Sorgen. Sie hatte seit Ewigkeiten kaum ein
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