Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition)
glaubt, es wär mehr als das gewesen. Keiner von uns beiden kann dem anderen das Gegenteil beweisen, also muss ich akzeptieren, dass das, was der Sack sagt, für ihn real ist.
– Arschlecken. Nach der Scheißlogik könnte dir irgendne Sozialarbeiterfotze erzählen, er hält sich für Hitler oder Napoleon, und du würdest das glauben, Alter?
– Nee … meine ich,– hat ja nichts damit zu tun, zu glauben , was irgendein Arsch für seine Realität hält, sondern damit, seine Realität, wie er sie sieht, zu respektieren. Natürlich nur, solange er damit keinem anderen wehtut.
– Tu doch nicht so scheinheilig, Lloyd, du Fotze: Du verteidigst den Arsch nur, weil du diesen Gig für den Knabenmachst. The Rectangle. Pilton. An nem Dienstagnachmittag. Das wird ne schöne Scheiße, lacht Ally.
– Hört sich ja echt n bisschen dubios an, Lloyd, lacht Monts.
Nach dem Scheiß bin ich erst richtig angenervt und hektisch wegen dem Drecksgig.
19 Heather
Wir treffen uns im Tea Room des Carlton Hotels. Meine Mutter hat ihre Du-hast-uns-alle-schwer-enttäuscht-Miene aufgesetzt. Merkwürdig, wie ich mich davon immer habe einschüchtern lassen. Es löst immer noch ein seltsames, beklemmendes Gefühl in Brust und Magen aus: das eingerahmte, faltige Gesicht mit diesen abgespannten, leicht verschreckten Augen. Normalerweise reicht das, damit ich kusche, aber diesmal nicht. Ich bin mir meines Unbehagens voll bewusst. Die Erkenntnis allein macht schon siebzig Prozent der Lösung aus.
– Hugh war gestern Abend da, sagt sie anklagend und lässt ein langes Schweigen im Raum stehen.
Beinahe beginne ich zu sprechen. Aber halt. Denk immer daran: Lass dich nicht durch anderer Leute Schweigen manipulieren. Widersteh der Versuchung, die Gesprächspausen zu füllen. Achte auf deine Worte. Sei bestimmt!
– Er war untröstlich, fährt meine Mutter fort,– Da arbeitet man hart, hat er gesagt. Man gibt ihnen alles. Was wollen sie mehr? Was wollen sie mehr? Das weiß der Teufel, Hugh, habe ich nur gesagt. Sie hatte doch alles, habe ich ihm gesagt. Das war dein Problem, du hast alles auf einem silbernen Tablett serviert bekommen, junge Dame. Vielleicht war es unser Fehler. Wir wollten doch nur, dass du alles bekommst, was wir nie hatten …
Die Stimme meiner Mutter ist leise und flach geworden. Die Wirkung ist überraschend beruhigend und meditativ.Ich fühle, wie ich wegdrifte, zu all den Orten, die ich bereisen wollte, zu all den Dingen, die ich sehen wollte … vielleicht gibt es dort etwas für mich … Vergnügen … Liebe …
– … weil wir immer fanden, kein Opfer sei zu groß. Wenn du erst eigene Kinder hast, wirst du das verstehen, Heather … Heather, du hörst mir nicht einmal zu!
– Das kenne ich alles schon.
– Wie bitte?
– Das kenne ich alles schon. Mein ganzes Leben lang. Das besagt überhaupt nichts. Es ist nur ein trauriges Beispiel für euren Rechtfertigungszwang. Ihr müsst euer Leben nicht vor mir rechtfertigen, es ist eure Angelegenheit. Ich bin nicht glücklich. Hugh, das Leben, das wir zusammen führen, das ist nicht das, was ich will. Das ist nicht eure Schuld … und auch nicht seine …
– Ich finde dich sehr selbstsüchtig …
– Ja, das bin ich wohl, falls das bedeutet, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben an meine eigenen Bedürfnisse denke …
– Aber wir haben doch immer deine Bedürfnisse vornangestellt!
– Was ihr dafür gehalten habt, und ich danke euch und liebe euch dafür. Ich will die Chance haben, auf eigenen Beinen zu stehen, ohne dass du oder Dad oder Hugh alles für mich tun. Es ist nicht eure Schuld, es ist meine. Ich habe zu lange alles hingenommen. Ich weiß, dass ich alle verletzt habe, und das tut mir leid.
– Du bist so rücksichtslos geworden, Heather … Ich weiß nicht, was mit dir geschehen ist. Wenn du wüsstest, wie das deinen Vater mitgenommen hat …
Kurz danach brach sie auf, und ich ging zurück in die Wohnung und weinte. Dann geschah etwas, das alles veränderte. Mein Dad rief an.
– Hör mal, sagte ich,– falls du anrufst, um zu jammern …
– Nein, ganz im Gegenteil, sagte er,– ich bin mit allem einverstanden, was du tust, und ziehe den Hut vor deiner Courage. Wenn du nicht glücklich bist, hat es keinen Sinn, sich damit abzufinden. Du bist noch jung genug, um zu tun, was du willst, ohne dich zu binden. Es gibt zu viele Menschen, die sich mit dem Alltagstrott abfinden. Du hast nur ein Leben, also geh hin und gestalte es so, wie du willst. Auf unsere
Weitere Kostenlose Bücher