Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition)
dabei das Gesicht von der Alten mit der flachen Messerklinge.
Die Schnalle hat auf einer Seite n total geschwollenes Gesicht. Da kriege ich ein komisches Gefühl bei. Ich halt nicht viel davon, Weiber zu schlagen: anders als mein alter Herr. Obwohl er meine Mum jetzt nicht mehr schlägt, nicht, seit ich dem Arsch erklärt hab, das soll er besser bleiben lassen. Weiber schlagen ist so was, das mach ich einfach nicht. Heut Abend, tja, das zählt nicht, gehört halt zum Geschäft, sonst nichts. Da ist man nu mal Sturmspitze, und kann die Leute auf den Flügeln nicht hängen lassen. Der erste Arsch, der an die Tür kommt, kriegt eins drauf, Torte oder nicht, und zwar so hart, wie’s eben geht. Und ich kann verdammthart austeilen. Ist irgendwie so, als würde alles davon abhängen, und man kann die Leute auf den Flügeln doch nicht hängen lassen. Profimuss man sein, wa. Ich sag ja, es ist n Geschäft, und was gut fürs Geschäft ist, ist gut für England, und was tut man nicht alles für den Union Jack. Persönliche Vorlieben und Abneigungen muss man da außen vor lassen, die zählen dabei nicht. Aber ne Braut zu schlagen, da bin ich irgendwie nicht scharf drauf: bringt mir persönlich nichts. Ich will nicht behaupten, es wär absolut falsch, denn ich kenne n paar Weiber, denen ne saubere Tracht Prügel verdammt nicht schaden könnte; ich sag nur, dass es nicht direkt befriedigend ist.
– Fein, es is n Verchnüchen, Geschäfte mit so feine Leute zu machen, sagt Shorthand, und wir verpissen uns und lassen der Familie ihren Frieden, während wir nen netten kleinen Adrenalinkick genießen. Ich bin bloß froh, dass wir keins von den Kindern aufwecken mussten. Ich hab selber eins, und der Gedanke, dass irgendso n Arsch so was mit ihm anstellen könnte … na ja, das wird sich keiner trauen, Scheiße auch. Trotzdem macht mich die Vorstellung nachdenklich, bringt mich irgendwie auf die Idee, mal nach dem Kurzen zu sehen. Vielleicht morgen früh mal da vorbeizuschauen, oder so.
Wolverhampton, 1963
Spike lachte, hob sein Glas Bank’s Bitter und hielt es einen Zentimeter vor seinem Mund in der Schwebe.– Prost, Bob, grinste er und zog dabei seine tiefliegenden Augen zu einem schmalen Schlitz zusammen, der wie ein Mund aussah,– mögen alle deine Sorgen nur Kinderkram sein.
Bob zwinkerte ihm zu und trank einen Schluck von seinem Pint ab. Er strahlte seine Arbeitskollegen am Tisch an. Er konnte sie alle gut leiden, selbst Spike. Spike war gar nicht übel. Wenn er nicht vorankommen wollte, dann war das seine Sache. Spike würde mit Freuden für den Rest seines Lebens im The Scotlands hängen bleiben und keinen größeren Ehrgeiz entwickeln als den, eine Gehaltserhöhung rauszuschlagen, die er für noch mehr Bier und noch mehr lahme Gäule verpulvern konnte. Er hatte gespürt, wie die Kluft zwischen ihnen sich vertiefte, seit er die Koffer gepackt hatte, und das hing nicht nur mit seinem realen Umzug in die Ford-Siedlung zusammen. Er erinnerte sich daran, was Spike gesagt hatte: Ihr solltet nicht da rausziehen und den ganzen Schotter für so n dämliches Haus rausschmeißen, wo die Sozialmieten so niedrig sind. Ihr müsst das Leben genießen!
Und das war Spikes Vorstellung vom Genießen: sich Bank’s hinter die Binde kippen. Molyneux’s North Bank am Samstag, nachdem er beim Buchmacher war. Das war seine Welt, aber er trat auf der Stelle. Bob kam aus der Arbeiterklasse und war stolz darauf, aber er hatte eine solide Ausbildung. Er wollte das Beste für seine Familie.
Seine Familie. Das Erste war unterwegs. Der Gedanke daran ließ es ihm mindestens so warm ums Herz werden wie der Rum, den er zu seinem Pint trank.
– Noch eins, Bob?, drängte Spike.
– Ach, weiß nicht. Ich muss heute Abend ins Krankenhaus. Könnte jeden Augenblick so weit sein, haben sie gesagt.
– Firlefanz! Die Ersten kommen immer mit Verspätung, das weiß doch jeder!, tönte Spike, während Tony und Clem anfeuernd mit ihren leeren Gläsern auf den Tisch trommelten.
Bob stand trotzdem auf und ging. Er wusste, dass sie über ihn reden würden, und was sie sagen würden: dass er langsam weich würde und dass er ihnen die gute Gelegenheit zu einem Besäufnis verdorben hätte, aber das war ihm egal. Er wollte einfach nur zu Mary.
Draußen regnete es, ein trübes, langweiliges Nieseln. Obwohl immer noch Nachmittag war, senkte sich schon die Winterdämmerung herab, und Bob schlug den Kragen gegen den peitschenden Wind hoch. Ein Bus von Midland Red
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