Ed King
Millionen für einen privaten Blick in Ihre Unterlagen, jetzt sofort.«
»Einverstanden.«
»Geld öffnet alle Türen.«
»Und ob es das tut«, kam die Antwort.
»Jemand wird sich umgehend bei Ihnen melden«, erklärte Ed. »Bleiben Sie in der Nähe des Telefons.«
Ein Hubschrauber ließ sich in Portland trotz nachlassenden Regens nicht auftreiben, nicht einmal für den König der Suchmaschinen. Portland war ein Vorreiter im Kampf gegen die Lärmbelästigung, und die Vorschriften wurden streng eingehalten. Ralph Cheadle, Phythias Geschäftsführer in Portland, zog alle Register, aber in Portland war man es gewohnt, große Namen abblitzen zu lassen. Nike beispielsweise, benannt nach der griechischen Siegesgöttin, würde seiner Heimatstadt am liebsten ständig einen Sportschuh in den Hintern schieben, wie Cheadle sich ausdrückte. Intel war ebenfalls in Portland ansässig, aber auch Intel war schwierig. Also hatte sich die Stadtverwaltung von Portland ein dickes Fell zugelegt, was bedeutete, dass man für Ed nicht mehr tun konnte, als statt eines Helikopters einen Wagen mit Blaulicht und Sirene für die zehneinhalb Meilen lange Fahrt vom Flughafen über regennasse Straßen zu organisieren. Damit wurde Ed schnellstmöglich zu einem Lagerhaus für Firmenarchive gefahren. Seine Leute in Portland hatten den Schlüssel besorgt, waren informiert, wo sie nachschauen mussten, und hatten alles für eine ganz und gar private Visite vorbereitet. Mindy Kemp, den Scheck in der Hand, sah gerne für die Zeit weg, die Pythia brauchte.
Ed wurde zu einem fensterlosen, schlecht belüfteten, aber klimatisierten Lagerraum geführt. Er ging allein hinein und schloss die Tür hinter sich.
»Das ist vermutlich die Weltbestzeit für die Ermittlung der leiblichen Eltern ohne jegliche Anhaltspunkte«, dachte er. »Irgendwann wird dies in meiner autorisierten Biographie stehen – wie ich es so schnell geschafft habe.«
Dann hielt er den Ordner »King, Daniel C. & Alice S.« in der Hand. Er öffnete ihn, las, las noch einmal und rief wie benommen Diane an.
»Diane«, sagte er, auf einem Stapel Kisten sitzend, »die ganze Geschichte wird immer seltsamer. Wie bei Alice hinter den Spiegeln . Alles fühlt sich unwirklich an. Es kann einfach nicht sein.«
»Möchte ich das wirklich hören?«, fragte Diane.
»Stell dir vor«, sagte Ed. »Ich wurde vor einer Haustür abgelegt! Unglaublich, oder? Einfach ausgesetzt. Ich kann’s nicht fassen. Kenne ich überhaupt noch jemanden, der, wie sagt man, ein Findelkind war? Ich muss im Netz nachschauen. Ich bin ein Findelkind, bizarrer geht’s nicht!«
»Tatsächlich oder bildlich vor einer Haustür abgelegt?«
»Tatsächlich, direkt vor jemandes Tür.«
»Wo?«
»In Portland. Genau hier in Portland. Im April 1963.«
»Du bist in Portland? Ich dachte, du wärst in Santa Barbara.«
»Manchmal muss es eben schnell gehen.«
»Steht da auch, wer dich vor der Tür abgelegt hat?«, fragte Diane. »Irgendwelche Hinweise?«
»Absolut nichts«, antwortete Ed. »In allen Unterlagen heiße ich ›Baby Doe‹.«
»Wann kommst du nach Hause?«
»Jetzt sofort. Das alles ist so unwirklich. Ich weiß nicht, was ich fühlen oder denken soll. Im Augenblick ist es wie: Ich bin adoptiert – gemischte Gefühle. Ich bin ein Findelkind – noch mehr gemischte Gefühle. Aber egal, welche Überraschungen Gott noch für mich bereithält, ich werde mich ihnen stellen. Ich bin Milliardär, ich bin berühmt, und nun bin ich eben auch noch adoptiert, was soll’s. Ichmache einfach weiter, so schlimm ist es auch nicht. Irgendwer hat mich 1963 ausgesetzt, warum soll ich mir jetzt darüber den Kopf zerbrechen? Was soll mich da zum Heulen bringen?«
»Alles«, sagte Diane, was für ihn seltsam klang. Was meinte sie mit »alles«? Und warum klang sie so gequält?
»Ich komme nach Hause«, sagte er, »sofern bei euch noch nicht alles unter Wasser steht.«
Er ließ sich zurück zum Flughafen bringen. Während sein Flugzeug zur Startbahn rollte, sagte er zu Guido Sternvad: »Ich übernehme den Flieger für den kurzen Flug nach Hause – meinen Flieger. Du kannst dich entspannt zurücklehnen und mein Kopilot sein.«
»Unter gar keinen Umständen«, protestierte Guido. »Ein ganz und gar inakzeptabler Vorschlag, Sir. Wenn Sie Ihre Cessna selbst fliegen wollen, bitte schön, aber lassen Sie mich bitte vorher aussteigen. Bei so was mache ich nicht mit. Da müssen Sie schon solo fliegen.«
Guido setzte sich durch. Auf dem
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