Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
rot unterlaufen, und das flammend rote Haar war zerzaust. Jetzt streckte sie den Zeigefinger aus und deutete auf mich.
»Gestern Nacht wurde Peter Dawsons Leiche gefunden, auf seinem Boot. Man hat mindestens zweimal auf ihn geschossen. Am Tatort fand sich eine Glock 17«, sagte sie.
Wenn man einen Vermissten sucht, weiß man eigentlich immer gleich, ob noch Hoffnung besteht oder nicht, aber man unterdrückt dieses Wissen, damit es die Ermittlungen nicht beeinflusst. Ich glaube, ich wusste schon in dem Moment, als Linda mich bat, ihn zu suchen, dass Peter Dawson tot war.
»Mr. Loy bleibt die Antwort schuldig«, erklärte Dave dem Kassettenrecorder.
»Wir haben auf dem Boot Ihre Fingerabdrücke gefunden. Und auf der Waffe«, sagte Reed.
Meine Fingerabdrücke? Deshalb hatte ich diese schwarzen Flecken an den Fingern. Die letzten paar Schlucke Laphroaig hatten mir offenbar den Rest gegeben.
»Ich habe das Boot gestern gründlich durchsucht«, sagte ich. »Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, dass ich Peter Dawson suchen sollte.«
»Ihre Fingerabdrücke sind auch auf der Mordwaffe.«
»Sie gehen nur davon aus, dass es sich um die Mordwaffe handelt. Die ballistische Analyse kann noch gar nicht vorliegen.«
»Wir haben mit dem Bootsmann gesprochen.«
»Mit Colm? Na also.«
»Er sagt, Sie sind an Deck gekommen und haben ihn nach Werkzeug gefragt. Dann sind Sie wieder unter Deck gegangen und lange genug dort geblieben …«
»Lange genug wofür? Um zweimal auf Peter Dawson zu schießen, mit einem Zeugen in nicht mal fünf Meter Entfernung?«
»Sie könnten einen Schalldämpfer benutzt haben.«
»Und dann? Dann habe ich die Waffe als belastenden Beweis dagelassen und den Schalldämpfer mitgenommen, weil er nostalgischen Wert für mich hat, oder was?«
Plötzlich erinnerte ich mich. Unter den Typen im Hennessy’s, die aufgestanden waren, um George Halligan zu begrüßen, war auch Colm gewesen. Colm, der lieber ein Stück in die Stadt fuhr, um etwas trinken zu gehen.
»Wie kommen Ihre Fingerabdrücke auf die Waffe?«
Reed hielt mir schon wieder den Zeigefinger unter die Nase.
»Haben Sie Blutspuren gefunden?«, fragte ich.
Dave schaute zu Boden.
»Beantworten Sie die Frage, Mr. Loy.«
»Haben Sie Patronenhülsen gefunden?«
Dave wandte den Blick ab. Reed spitzte die Lippen.
»Haben Sie nicht, jede Wette. Das heißt, er wurde gar nicht auf dem Boot erschossen. Was ist mit dem Todeszeitpunkt? Aber der Autopsiebericht liegt wahrscheinlich auch noch nicht vor.«
Reed ließ die grünen Augen nicht von mir. Ihr Blick brachte mich durcheinander, aber das würde ich sie bestimmt nicht merken lassen.
»Also, was soll das alles?«, fragte ich. »Glauben Sie ernsthaft, ich hätte Peter Dawson umgebracht?«
Dave stand so abrupt auf, dass sein Stuhl umfiel, und straffte dabei die breiten Schultern.
»Die Glock ist voll mit deinen Fingerabdrücken, und du warst am Tatort, bevor die Leiche gefunden wurde. Was bleibt uns denn übrig? Soll ich Superintendent Casey vielleicht sagen, er braucht sich keine Sorgen zu machen, wir sind zusammen zur Schule gegangen? Warum sind deine Fingerabdrücke auf der Waffe?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
Dave schlug mit seinen schweren Fäusten auf den Tisch und brüllte mir direkt ins Gesicht. »Erzähl mir keinen Scheiß, Ed, sei vernünftig und beantworte die Fragen, die ich dir stelle. Sonst kriegen wir alle beide einen Riesenärger.«
Dann setzte er sich wieder und bedachte mich mit einem raschen Grinsen. Ein Großteil der Show galt Reed, aber beileibe nicht alles. Ich versuchte zu entscheiden, wie viel ich ihm sagen konnte, ohne Tommy Owens mit reinzuziehen. Ich traute Tommy zwar wirklich keinen Mord zu, andererseits hätte ich aber auch nie gedacht, dass er dealen würde. Mir wurde klar, dass ich mir in Bezug auf Tommy überhaupt nicht mehr sicher sein konnte, dass ich ihn deshalb aber noch lange nicht den Bullen auf dem Silbertablett servieren würde.
»Ich glaube, die Waffe gehört Podge Halligan«, sagte ich.
Es klopfte an die Tür des Verhörzimmers. Reed hob den Finger, den sie so gern einsetzte, und deutete auf Dave. »Lauft nicht weg«, sagte Dave und ging hinaus.
»10 Uhr 07: Das Verhör wird unterbrochen, weil DS Donnelly den Raum verlässt«, sagte Reed und drückte auf die Pausentaste des Kassettenrecorders.
Es war heiß und stickig in dem fensterlosen Zimmer, und ich merkte, dass mein eigener Körpergeruch immer penetranter wurde: eine beißende
Weitere Kostenlose Bücher