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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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konnte nicht sagen, ob sie das wirklich ernst gemeint hatte, aber ihre Worte trafen mich tief. Seit ich wieder hier war, schämte ich mich, weil das Haus meiner Mutter in einem solchen Zustand war. Ich hätte ihr helfen müssen, und ich hatte es nicht getan.
    Barbara trocknete sich die Augen. Sie murmelte etwas vor sich hin; es klang wie ein Gebet, hatte jedoch nichts Tröstliches. Trotz aller eisernen Beherrschung und aller einstudierter Gesten war doch jeder ihrer Atemzüge von Schmerz erfüllt. Wie sollte es auch anders sein?
    »Wie geht es Linda?«, fragte ich.
    »Sie ist völlig fertig, das arme Kind. Sie wird eine Weile bei uns wohnen. Nach allem, was sie durchmachen musste, ist sie jetzt natürlich sehr dünnhäutig«, antwortete Barbara. »Es ist schwer für sie, sich bei alldem nicht ausgenutzt vorzukommen. Besonders in letzter Zeit.«
    Sie warf mir einen strengen Blick zu, dann wurde ihre Miene weicher. Mit beiden Händen umfasste sie mein Gesicht, zog mich zu sich heran, küsste mich auf den Mund, äußerte die Hoffnung, Gott möge uns alle segnen, uns beistehen und uns vor allem vergeben, und stolzierte zur Tür hinaus. Als sie zu ihrem Wagen ging, der auf der anderen Straßenseite wartete, stolperte sie, und plötzlich war sie eine alte Frau, krumm und gebrechlich. Sie blieb neben dem Wagen stehen, bis ein Chauffeur in schwarzem Anzug ihr die Tür geöffnet hatte, dann stieg sie mit wiedergewonnener Haltung ein und verschwand hinter den getönten Scheiben. Es war ein dunkelgrauer Lexus, und als der Wagen losfuhr, ging ich bis zum Gartentor vor, um das Nummernschild sehen zu können. Denselben Wagen hatte ich am Abend zuvor vor Lindas Haus gesehen.
    * **
    Der Duft der Nachtviolen erfüllte den ganzen Garten. Ich saß eine Weile auf der Veranda und versuchte, die Einzelheiten des Falles zu sortieren, aber sie wollten sich zu keiner Ordnung, keinem Muster zusammenfügen. Mein Blick fiel auf die viele Werbepost im Briefkasten, ich zog sie heraus und machte mich daran, wenigstens sie zu sortieren: Werbezettel vom Pizzaservice, von Gartenpflegediensten, Abendkursen, einem Kindergarten aus der Gegend und so weiter. Dann knüllte ich alles zu einem Knäuel zusammen und ging in die Küche, um es wegzuwerfen. Als ich die Makrelen neben der Spüle liegen sah, fiel mir ein, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Ich setzte einen Topf mit Kartoffeln auf, nahm die Fische aus und putzte sie, panierte sie mit Hafermehl und briet sie dann in Butter. Anschließend pulte ich die Erbsen, gab sie für die letzten paar Minuten zu den Kartoffeln und schüttete alles zusammen ab. Beim Essen holte ich das Knäuel Werbepost wieder aus dem Abfall und las alle Zettel noch einmal durch.
    Die Ankündigung eines neuen Maklerbüros begann folgendermaßen: »ZUR ALLGEMEINEN KENNTNISNAH-ME! Sie sind Hausbesitzer? Bringen Sie Ihr Haus zum BESTEN PREIS auf den Markt. WIR machen die Arbeit – SIE bekommen das Geld.«
    Der reißerische Text war noch ein ganzes Stück länger, aber ich blieb schon an der stereotypen Einleitung hängen: »ZUR ALLGEMEINEN KENNTNISNAHME«. Wenn man das nicht komplett in Großbuchstaben schrieb, wurde »Zur allgemeinen Kenntnisnahme« daraus. Und wenn man ein Dokument so benennen wollte, machte man sich sicher nicht die Mühe, alles auszuschreiben, sondern nahm einfach die ersten Buchstaben der einzelnen Wörter: »ZaK«.
    So hieß auch das Dokument auf Peter Dawsons Computer, dessen Inhalt am Dienstag, während Linda auf der Beerdigung war, gelöscht worden war. ZaK: Zur allgemeinen Kenntnisnahme. Die Quittung des Schreibwarengeschäfts Ebrill’s belegte, dass Peter Umschläge, Briefpapier und Adressetiketten gekauft hatte. Zusammen betrachtet konnten diese beiden Fakten eine ganze Menge bedeuten. Vor allem aber eines: dass Peter tatsächlich vorhatte, sich umzubringen, dass er einen Abschiedsbrief geschrieben und ihn an eine, vielleicht sogar an mehrere Personen geschickt hatte.
    Vielleicht war das ja wirklich schon alles. Zum Teufel mit Bestechungsgeldern für die Stadträte, um Bauplanungsentscheidungen zu beeinflussen, zum Teufel mit jedem Zusammenhang zwischen Peter Dawsons und Seosamh MacLiams Tod, zum Teufel mit der Rolle, die das organisierte Verbrechen in Form der Halligan-Brüder bei der Sache spielte, und mit den Fragen, warum alle Familienfotos von Peter Dawson und von mir gestohlen worden waren oder wer Peters Leiche auf das Boot gebracht hatte. Das Ganze wurde einfach zum Selbstmord

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