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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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dunkleren Rots: Er wirkte flüchtig und entflammbar, als wollte er sich jeden Moment selbst aufzehren. Ich musste an das toddurchtränkte Bild denken, das Linda in ihrem Schlafzimmer hängen hatte. Es war Zeit zu gehen.
    Am Abend zuvor hatte Podge Halligan behauptet, ich wüsste nicht, wo Tommy Owens war. Er hatte sich getäuscht. Ich fuhr mit dem Taxi nach Seafield und bat den Fahrer, an meinem Haus vorbeizufahren. Nach unserem letzten Zusammenstoß hatten die Halligans alles kurz und klein geschlagen – jetzt wäre ihnen nur noch übrig geblieben, das Haus abzufackeln. Stattdessen hatten sie mir meinen Wagen zurückgebracht. Ich bezahlte das Taxi und sah mir den Wagen an. Unter dem Scheibenwischer klemmte eine Tube Haftcreme für dritte Zähne und ein Päckchen Pflaster: George Halligans Art, sich zu entschuldigen. Er würde das mit Sicherheit nochmal tun müssen, und zwar ganz ernsthaft.
    Ich fuhr durch den Ort und parkte den Wagen beim neuen Fährhafen. Dann ging ich zum Westpier und folgte der alten Straße neben den stillgelegten Schienen bis zu dem verlassenen Fährhaus. Ich klopfte so lange, bis ich drinnen Schritte hörte. Hinter der geschlossenen Tür fragte eine Stimme:
    »Wer ist da?«
    Ich bezweifelte, dass meine Stimme so hoch wie Podges klingen konnte, also versuchte ich es mit Georges Tonfall.
    »Der Graf von Monte Christo, was glaubst du denn? Mach die Scheißtür auf!«
    Ich hörte, wie der Riegel zurückgeschoben wurde, und während die Tür aufging, sagte die Stimme:
    »Colm ist unten, er …«
    Der Sicherheitsmann hatte eine dunkelblaue Uniform, einen kahl rasierten Schädel und hielt einen schwarzen Totschläger in der Hand. Als er sah, dass ich nicht George Halligan war, hob er den Totschläger und wollte sofort auf mich losgehen. Ich trat so nah an ihn heran, dass er keinen Platz zum Ausholen hatte, und rammte ihm den Kopf, so fest ich konnte, ins Gesicht. Seine Nase brach, er brüllte vor Schmerzen, und ich schubste ihn zurück in den Raum, schloss die Tür hinter mir und lehnte mich dagegen. Mir brummte der Schädel, die Wunde über der linken Schläfe war wieder aufgegangen, und auch mir schoss das Blut aus der Nase. Ich hatte ihm keinen Kopfstoß verpassen wollen, aber für etwas anderes war kein Platz gewesen, und jetzt wusste ich nicht, ob ich noch genug Kraft für weitere Aktionen haben würde. Doch das war nicht mehr notwendig. Der Sicherheitsmann hockte auf dem Boden und hielt sich das Gesicht. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, und er rutschte hinter den ovalen Messingtresen, der früher zu einem Fahrkartenhäuschen gehört hatte. Dort lag Bettzeug, ein Radio sowie diverse Bierdosen und Pizzakartons. Er kauerte sich in eine Ecke und hielt den Totschläger mit ausgestreckten Armen vor sich.
    Der zerbröckelnde Boden der Eingangshalle war aus korallenrotem Marmor mit messingfarbener Maserung. Links neben der Tür ging es in einen kleinen Warteraum, und gleich hinter dem ehemaligen Fahrkartenhäuschen befand sich eine halbrunde Treppe mit einem Messinggeländer in der Mitte, die zu zwei Schwingtüren mit bullaugenartigen, scheibenlosen Fenstern führte. Nachdem ich sie passiert hatte, fand ich mich in der alten, zweiflurigen Abfahrtshalle wieder, deren Fenster links auf den Westpier hinausgingen. Überall standen alte Tische und Stühle gestapelt, und rechts befand sich auf halbem Weg eine baufällige hölzerne Absperrung, die früher wahrscheinlich eine Zollstelle gewesen war. Am Ende der Halle führten zwei weitere Schwingtüren in ein Treppenhaus, wo es nach Rauch, Diesel und Salzwasser roch. Ich polterte die Treppe zum stillgelegten Bahnhof hinunter. Der graublau gekachelte Bahnsteig war noch intakt, auf den kaputten Gleisen lagen alte Schienenschwellen oder Teile davon, dazwischen ein rostiger Prellbock. Plötzlich überfiel mich die intensive Erinnerung an eine Fährreise mit meinem Vater, ein Tagesausflug nach Holyhead, um Gott weiß was zu kaufen, wahrscheinlich zollfreien Schnaps. Ich weiß noch, dass ich irgendwelche besonderen Bonbons bekam, die es in Irland nicht gab. Die Erinnerung erschütterte mich mit ihrer Kraft und Lebhaftigkeit, und ich musste in die Hocke gehen, um sie ertragen zu können: meine Hand in seiner, das flache grünweiße Päckchen Major-Zigaretten, das er aus der Tasche seiner khakifarbenen Cordjacke zog, sein Geruch nach Brylcreme, Old Spice, Alkohol, Motorenöl und Rauch, der düstere Ausdruck in seinen Augen, den ich schon damals als Scheitern,

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