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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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Selbsthass und Resignation erkannte. Wir waren vielleicht nicht sonderlich gut miteinander ausgekommen, er war vielleicht kein netter Mensch gewesen oder auch nur ein guter. Vielleicht war er nicht einmal mein leiblicher Vater. Aber er war ein Mensch, und John Dawson musste für seinen Tod büßen. Wenn die Polizei nicht dafür sorgte, würde ich es eben tun.
    Colm Hyland musste sich so geräuschlos und leichtfüßig angeschlichen haben wie eine Katze. Vielleicht war mir das Rauschen des Blutes, das mir die Erinnerung ins Hirn getrieben hatte, auch vorübergehend aufs Gehör geschlagen. Ich sah nur seinen Schatten, spürte den Luftzug über mir und warf mich mit einer blitzschnellen Bewegung nach vorn, während er ein kurzes Stück Schienenschwelle dort niedergehen ließ, wo gerade noch mein Kopf gewesen war. Er verlor das Gleichgewicht, das schwere Holzstück fiel ihm aus der Hand, er reckte den langen Oberkörper, um es wieder aufzuheben, doch ich sprang auf und versetzte ihm einen Tritt in die Magengrube. Er griff reflexartig nach meinem Fuß, bekam ihn aber nicht zu fassen, sondern sank auf Hände und Knie und rang keuchend und gurgelnd nach Atem.
    Colm ist unten, hatte der Sicherheitsmann gesagt. Er …
    Er … was? Im Grunde wusste ich es. Seit die Halligans mein Haus verwüstet hatten und Tommy verschwunden war, wusste ich, dass sie ihn irgendwo festhielten. Seit ich gesehen hatte, wie Colm und Blaukappe Vorräte herbrachten, wusste ich, dass dieses Irgendwo höchstwahrscheinlich das alte Fährhaus war. Und seit meinem Zusammenstoß mit den Halligans am Abend zuvor wusste ich, dass sie versuchen würden, ihn woandershin zu bringen. Colm ist unten. Er erledigt die Sache.
    »Steh auf«, sagte ich. »Zeig mir, wo ihr Tommy Owens versteckt habt.«
    Hyland sagte nichts, keuchte nur weiter.
    »Steh auf, Colm.«
    »Leck mich«, stieß er hervor.
    Ich trat ihm ins Gesicht, in die Seite, gegen die Rippen und in die Eier und musste mich zum Aufhören zwingen, um nicht zu weit zu gehen, um nicht alles an Hyland auszulassen, jede einzelne Demütigung, die ich von den Halligans erfahren hatte – die hatten immerhin noch irgendwelche genetischen Gründe für ihr Verhalten, während dieser Wichser von Bootsmann irgendwann die Wahl gehabt und sich falsch entschieden hatte –,um ihm nicht im wahrsten Sinne des Wortes seinen Scheißschädel einzuschlagen.
    »Zeig mir, wo er ist«, wiederholte ich und warf einen kurzen Blick zu den kaputten Rolltreppen und zu der Treppe, die nach unten führte. Gerade rechtzeitig drehte ich mich wieder um, um das Messer aufblitzen zu sehen. Hyland schwang sich nach vorn und zerschnitt mir das Hosenbein; er hatte höher zustechen wollen, aber nicht genug Kraft gehabt, um den Arm zu heben. Ich spürte einen heftigen Schmerz an der Wade, trat ihm mit dem anderen Fuß auf den Arm, bis er das Messer fallen ließ, und rammte seinen Kopf dann so lange auf den Boden, bis er bewusstlos war. Anschließend hockte ich mich neben ihn und inspizierte den Schaden, den er verursacht hatte: ein glatter Schnitt am Wadenmuskel entlang, jede Menge Blut, dafür erstaunlich wenig Schmerz und ein Riss im Hosenbein, der wohl kaum noch genäht werden konnte. Hyland war immer noch bewusstlos. Ich brachte ihn in Seitenlage und steckte sein Messer ein.
    Die Rolltreppen waren bedeckt mit Rost, Sand und etwas, das Matsch, Kot, Blut oder alles zusammen sein konnte. Sie führten zum Zugangsdeck für die Passagiere, dessen Türen jetzt knapp zehn Meter über der Wasseroberfläche ins Leere führten. Weitere Rolltreppen, noch sehr viel dreckiger als die ersten und mit feuchten Fußspuren bedeckt, führten zu einem halb überdachten, L-förmigen Dock hinunter, das im hinteren Teil des Hafens positioniert war. Es öffnete sich auf einer Seite zum Westpier hin und ragte ein Stück in die Bucht hinein. Im hinteren Teil, der dunkel und feucht unter einem Wellblechdach verborgen lag, waren früher wahrscheinlich Reparaturen ausgeführt worden, vielleicht hatte auch eine zweite Fähre dort angelegt. Eine Reihe von Bojen versperrte jedem neugierigen Schiff die Zufahrt. Ich rief nach Tommy, hörte aber nur das harte, metallische Echo meiner eigenen Stimme. An einer Ecke des L-förmigen Docks war eine Leiter befestigt. Ich kletterte hinunter bis zur Wasserlinie. Das Dock wurde von Stahlträgern gestützt, darunter lag Colm Hylands weinrotes Motorboot an einer Leitersprosse vertäut. Weiter hinten sah ich drei verwitterte Ruderboote, die

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