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Edelherb: Roman (German Edition)

Edelherb: Roman (German Edition)

Titel: Edelherb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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Imogen vor euch gewarnt, aber sie wollte ja nicht hören. ›Diese Familie ist die Pest‹, habe ich zu ihr gesagt. ›Da bist du nicht sicher. Es gibt auch noch andere Arbeitsplätze.‹ Und jetzt seht ihr, was aus ihr geworden ist!«, fuhr die Schwester fort. »Ihr Verbrecher seid das Schlimmste, das Übelste, was es gibt!«
    »He, das ist jetzt aber überflüssig«, verteidigte uns Win.
    Imogens Schwester fuhr ihn an: »Sie nehmen besser die Beine in die Hand, junger Mann. Laufen Sie, so schnell Sie können. Sonst enden Sie genauso wie Imogen.«
    »Ich bedauere Ihren Verlust ganz außerordentlich«, sagte ich, damit die Frau von Natty und Win abließ.
    Imogens Schwester ging auf mich los. »Wegen Ihnen herrscht da draußen das reinste Affentheater. Verschwinden Sie, und nehmen Sie Ihr dreckiges Affentheater bloß mit!«
    Ich scheuchte Natty aus der Kirche. Win legte den Arm um sie. Er beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: »Es war sehr mutig von dir, hierherzukommen. Ganz egal, was diese Frau sagt. Es war richtig.«
     
    Unsere Wohnung hatte sich nicht verändert, seit ich sie damals verließ, und doch war der Unterschied so spürbar wie bei einer Witwe, die plötzlich einen Schleier trägt. Imogen war nicht mehr da, und Leo würde nie mehr zurückkehren. Ich selbst fühlte mich um Jahre gealtert, jedoch nicht viel klüger.
    »Vergiss nicht, Annie, bis zum 28 . Februar darfst du die Wohnung nicht ohne vorherige Absprache mit mir verlassen«, ermahnte mich Mr. Kipling.
    Als ob ich das vergessen könnte. Am Morgen hatte ich einen Peilsender in die Wade injiziert bekommen, direkt über meiner Tätowierung. Die Haut war rot geschwollen, wie Lippen, die zu viel geküsst hatten. Dennoch war es eine Verbesserung gegenüber der Erziehungsanstalt. Ich hatte Zeit, über meine nächsten Entscheidungen nachzudenken.
    Simon Green erklärte mir, dass Sicherheitsleute engagiert worden waren, die vor dem Apartment Wache standen, falls jemand erneut versuchen sollte, Natty und mich auszuschalten, dann verschwand er zusammen mit Mr. Kipling. Scarlet und Win waren direkt von der Beisetzung aus nach Hause gegangen.
    »Ist es nicht sonderbar, wie still es ist?«, fragte Natty.
    Ich nickte. Aber es war auch ganz friedlich.
     
    Am frühen Sonntagvormittag klingelte es an der Tür.
    Schlaftrunken stolperte ich durch den Flur und schaute durch den Spion. Ausgerechnet Wins Mutter stand davor, hinter ihr Win. Zuerst wollte ich die Tür öffnen, doch dann hielt ich inne, ich wollte ihn noch etwas betrachten, ohne dass er es merkte. (Vielleicht klingt das sonderbar, aber auf der Beerdigung hatte ich nicht die Möglichkeit gehabt, ihn gründlich zu mustern.) Er sah noch immer so toll aus. Im Sommer war sein Haar länger geworden, er trug wieder eine Mütze – diesmal eine rotkarierte Wollmütze mit pelzbesetzten Ohrenklappen! Sein Mantel war derselbe, den er auf der Beerdigung und auf dem letzten Herbstball getragen hatte. Ich liebte diesen Mantel. Ich liebte Win in diesem Mantel. Ich hätte ihn am liebsten aufgeknöpft, wäre unter die Schöße gekrochen, hätte ihn wieder zugeknöpft und darin alles vergessen, was geschehen war.
    Erneut drückten sie auf die Klingel, erschrocken fuhr ich zusammen.
    Natty kam in den Flur gelaufen. »Annie, was machst du da? Öffne doch die Tür!« Sie schob sich an mir vorbei und tat es selbst.
    Win und seine Mutter trugen Tüten in den Händen. »Hallo, Anya!«, grüßte Jane Delacroix. »Hoffentlich verzeihst du mir, dass ich ein paar Lebensmittel für Natty und dich eingekauft habe. Ich weiß, dass ihr momentan eine schwere Zeit durchmacht. Ich wollte auf bescheidene Weise helfen.«
    »Kommt doch herein!«, sagte ich und schaute auf die prallen Tüten. »Und vielen Dank dafür.«
    »Das ist nicht viel«, sagte Wins Mutter. »Das Mindeste, was ich tun konnte.«
    Natty nahm Win die Tüte ab und führte Wins Mutter in unsere Küche.
    Er hielt sich zurück, so als wollte er mir nicht zu nahe kommen. Vielleicht bildete ich mir das aber auch ein, und er wahrte nur höflich Abstand. »Das mit deinem Bruder tut mir so leid, und das mit Imogen auch«, sagte er.
    Ich nickte und konnte den Blick nicht von seiner Schulter abwenden. Nun, da ich nicht mehr sicher hinter der Tür versteckt war, hatte ich beinahe Angst, in seine Augen zu schauen.
    »Meine Mutter hat wirklich gedrängt«, erklärte er. »Ich wollte dich erst am Nachmittag besuchen kommen.«
    »Ich …« Ich wollte etwas sehr Prägnantes sagen,

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