Edelmann und Satansfreund
Gegensprechanlage und hörte verwundert einer Männerstimme zu, die mich bat, nach unten zu kommen, wo ich erwartet wurde.
»Pardon«, sagte ich, noch immer leicht verwundert. »Ich war eigentlich mit einer Dame verabredet.«
»Natürlich, Sir. Hildegard von Zavelsreuth wartet auch auf Sie. Ich bin nur der Fahrer.«
»Gut, ich komme.« Etwas komisch war mir schon zumute. Ein Fahrer?
Wer war diese Person, daß sie sich einen Fahrer leisten konnte? Das war schon ein mittelschwerer Hammer. Höchstwahrscheinlich steckte mehr hinter dieser Person, als ich bisher ahnen konnte. Meine Spannung jedenfalls wuchs immer mehr an.
Der Fahrer erwartete mich in der Halle. Er trug sogar eine graue Uniform, stand steif wie ein Ladestock auf der Stelle und hatte sich nicht einmal mit dem Hausmeister unterhalten, der die Schulter anhob, als er mich entdeckte.
Ich grinste dem Mann zu und ging in Richtung Tür. »Mr. Sinclair?« sprach mich der Fahrer an.
»Ja, in Lebensgröße.«
»Bitte, folgen Sie mir.«
Ich ließ ihn vorgehen und kam mir vor wie jemand, der besonders prominent ist. Die Rätsel nahmen zu und hörten auch in der folgenden Minute nicht auf, denn wir bewegten uns auf eine Stretch-Limousine zu.
So ein amerikanisches Modell mit dunklen Scheiben, in dem man sich gegenübersaß.
Der Mann hielt mir die Tür auf.
»Hallo, John…«
Die weiche Stimme der Hildegard von Zavelsreuth begrüßte mich. Ich mußte mich tief ducken, um in den Wagen zu steigen und sah das lächelnde Gesicht im Licht der Innenbeleuchtung.
Himmel, wie hatte sie sich verändert! Ich schaute sie an, während hinter mir die Tür zuschwappte und ich ihr gegenüber Platz nahm. Sie hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der Frau, die ich unter der Brücke kennengelernt hatte. Hier saß ein verdammt hübsches Wesen vor mir, das ein Glas mit Champagner in der Rechten hielt und mir ein zweites Glas reichte. Die Flasche selbst schaute mit dem Hals aus einer offenen Kühlbox. Die Glotze allerdings war nicht eingeschaltet. Dafür blieb die indirekte Beleuchtung, die so etwas wie eine festliche Stimmung erzeugte.
»Wau«, sagte ich und schaute mich um. »Wie komme ich zu der Ehre?«
»Trinken wir erst einmal. Und trinken wir darauf, daß ich John zu Ihnen sagen darf und Sie mich einfach nur Hilde nennen.«
»Einverstanden.« Die Gläser klangen gegeneinander. Der Champagner war wirklich eiskalt. Er perlte wunderbar über die Zunge und durch die Kehle.
Zugleich setzten wir die Gläser ab, und Hilde lachte mich an. »Ich entdecke die Neugierde und die Spannung auf Ihrem Gesicht, John. Sie können den Polizisten nicht verleugnen.«
»Ist das so schlimm?«
»Ganz im Gegenteil. Ich freue mich darüber. Nur wenige hätten mich aus dieser Lage herausholen können.« Für einen Moment verfinsterte sich ihr Gesicht, und sie preßte die Lippen hart aufeinander.
Hilde sah gut aus. Sie trug einen lindgrünen Hosenanzug mit einem tiefen V-Ausschnitt. Um den Hals hatte sie eine ebenfalls grüne Perlenkette geschlungen, allerdings in einer dunkleren Farbe. Ihr Gesicht war nur leicht geschminkt. Die blauen Augen lächelten mir jetzt wieder zu. Das Haar wuchs halblang um ihren Kopf und war toll frisiert worden.
Es sah so aus, als wäre ein Windstoß hindurchgefahren, der die einzelnen Strähnen in verschiedene Richtungen geweht hatte. Dennoch sah die Frisur nicht durcheinander aus. Ringe schimmerten an den Fingern. Aber nicht übertrieben, alles war sehr dezent, auch der Schmuck an den Ohren.
Wir tranken wieder. Daß wir fuhren, war mir kaum aufgefallen, so weich glitt die Limousine über Londons Straßen. Hätte mir jemand vor einer halben Stunde gesagt, was mir bevorstand, ich hätte ihm kein Wort geglaubt.
Hilde lächelte mich an. »Wie geht es Ihnen, John?«
»Jetzt gut.«
»Zuvor nicht?«
»Da war ich nicht so entspannt. Wissen Sie«, ich hob die Schultern, »wer rechnet schon damit, daß er von einem Chauffeur abgeholt und zum Essen gefahren wird.«
Die Frau nickte mir zu. Dabei drehte sie das fast leere Glas zwischen den schlanken Fingern. »Da haben Sie bestimmt recht, das ist nicht normal.«
»Aber bei Ihnen schon – oder?«
»Mehr das Oder, John.« Sie blickte mich wieder an. »Die Produktionsfirma hat mir den Wagen und auch den Fahrer zur Verfügung gestellt. Den Rückweg werden wir anders nehmen.«
»Aha.«
»Enttäuscht?«
»Nein, Hilde, gar nicht. Ich denke nur über das Wort Produktionsfirma nach. Es erinnert mich daran, daß Sie einmal davon
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