Edelmann und Satansfreund
auf seinen Oberschenkel.
»Aber ein nettes«, sagte Hilde.
»Wenn Sie dabei sind, ist es doch immer nett. Ich hoffe, wir können mal wieder ein Glas in der Krone zusammen trinken.«
»Gern.«
»Ich bin heute abend da.«
»Wir auch, Charlie.«
»Dann erzählen Sie uns vorher aber noch etwas über die Geschichte«, sagte ich. »Jetzt, nicht heute abend.«
»Sie lassen wohl nie locker, wie?«
»Nein, Charlie.«
»Also gut, hören Sie zu.« Er streckte seine Beine aus, blickte hinab ins Tal, als könnte er dort die richtigen Worte finden.
Auch ich drehte den Kopf. Mein Blick traf die Burg. Trotz des Sonnenscheins kam mir die Ruine düster vor, und das Frösteln auf meinem Rücken glich einer dumpfen Vorahnung…
***
Charlie Korns Stimme unterbrach meine Gedanken. »Erbaut wurde die Feste um 1100 durch die Grafen von Calw, die damals einen großen Einfluß besaßen. Ungefähr 250 Jahre später ging sie an die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg. Sie wollen ja keine Einzelheiten hören. Eine wichtige Belagerung geschah 1525 während der Bauernkriege. Aber auch diese Zeit überstand die Burg und wurde bis 1630 durch Benjamin Buwinghausen von Wallmerode ausgebaut. Lange konnten sich die Menschen daran nicht erfreuen, denn der Dreißigjährige Krieg hat auch hier seine Spuren hinterlassen. Die Burg Zavelstein wurde restlos geplündert, aber«, er hob den rechten Zeigefinger, »nicht zerstört. Das passierte erst 1692 durch die Franzosen.« Er räusperte sich. »Sie sehen die Burg praktisch so, wie die Franzosen sie zurückgelassen haben, allerdings wurde sie 1800 so weit fertiggestellt, daß man sie ohne Gefahr besichtigen kann.« Er nickte.
»Das ist in aller Kürze etwas über die Geschichte der Feste Zavelstein.«
Ich war etwas enttäuscht, denn ich hatte damit gerechnet, einen Namen zu hören, der auf den meiner Begleiterin hinwies.
»Glücklich sehen Sie aber nicht aus«, sagte Charlie Korn.
»Das ist John auch nicht. Er hatte gedacht, etwas über meinen Namen zu erfahren.«
»Zavelsreuth?« murmelte Korn.
»Ja«, bestätigte ich. »Wissen Sie etwas darüber?«
»Tja, nicht viel oder nichts Genaues.«
»Dann gibt es doch etwas?«
»Sicher, aber es liegt lange zurück. Wenn Sie etwas Genaues wissen wollen, müssen Sie die Lagerbücher aus dem Mittelalter lesen. Sie liegen im Rathaus Zavelstein.«
»Das am Samstag geschlossen ist«, sagte ich. »Demnach sind Sie unsere einzige Hilfe.«
»Eilt es denn so sehr?«
»Schon«, bestätigte Hilde. »Mein Freund muß wieder zurück nach London. Er hat leider nicht viel Zeit.«
»Schade, aber Sie dürfen mich bitte nicht festnageln. Versprechen Sie das?«
»Immer«, sagte ich und hatte gleich für Hilde mitgesprochen.
»Nun, eine Legende erzählt, daß Graf Eberhard II. einen Ritter aufnahm, der sich auf der Flucht befand. Niemand wußte genau, wer ihn verfolgte. Es ging die Sage, daß er zu den Katharern gehörte, die ja in Südfrankreich ihren Ursprung hatten. Ihre Lehre breitete sich bis in den Norden hin aus. Ich weiß nicht, ob Sie etwas darüber wissen oder über das Schloß Montsegut, ihre letzte Festung…«
»Ja, das wissen wir«, sagte ich und hatte nicht einmal gelogen.
»Gut, John. Dieser Graf Eberhard nahm also einen Ritter auf und versteckte ihn auf seiner Burg. Wie dieser Mensch richtig hieß, wußte niemand, er wurde Rudolf von Zavelsreuth genannt, aber nicht Zavelstein. Wahrscheinlich wollte der Graf nicht, daß man seinen genauen Namen erfuhr. Er hat wahrscheinlich Dreck am Stecken gehabt, aber das können wir beiseite lassen.«
»Und was sagt die Legende noch?« fragte ich.
»Daß dieser Rudolf von Zavelsreuth dem Grafen versprochen hat, Gold herzustellen.«
»Ach, dann war er Alchimist.«
»So etwas Ähnliches. Angeblich stand er mit dem Teufel im Bunde, aber trotz allem schaffte er es nicht, Gold herzustellen. Das hat den Grafen geärgert. Als die dem Ritter gesetzte Frist vorbei war, ließ der Graf ihn auf eine besondere Art und Weise töten. Er mauerte ihn bei lebendigem Leibe ein.«
Hilde schrie leise auf, als sie das hörte. Ihre Augen hatten sich vor Entsetzen geweitet.
»He, was ist denn? Erschreckt Sie das so? Die Menschen waren früher ebenso grausam wie heute.«
Ich schaute an Charlie vorbei und sah die Gänsehaut auf Hildes Gesicht.
Wahrscheinlich hatte sie sich nicht über das Einmauern erschreckt, sondern über andere Dinge.
»War die Sache damit beendet?« erkundigte ich mich.
Charlie Korn lachte und
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