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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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kurzer Gruß mit dem Zusatz, sie sei beim Surfen im Internet
auf ein Video gestoßen, das mit der toten Staatsanwältin im Schiersteiner Hafen
zu tun habe. Den Link hatte sie mitgeschickt. Norma sah sich den Film umgehend an.
Einer der Freizeitreporter hatte sich nicht gescheut, mit dem Zoom auf Tuchfühlung
zu gehen. Der tote Körper unter der Wolldecke. Die betroffenen Mienen der Feuerwehrmänner.
Norma fand sich schäbig als Nutznießerin dieses Voyeurismus und ließ die Bilder
schneller laufen, bis die Kamera über die Umstehenden schwenkte. Ein massiger Mann
bahnte sich den Weg durch die Umstehenden: Luigi Milano betrat den Einsatzort. Dann
groß im Bild: Eine schlanke Frau in Sportkleidung, das Gesicht mit dem Stirnband
von den blonden Haare freigehalten, die die Szene aufmerksam beobachtet, bevor sie
sich zum Gehen abwandte. Wie seltsam, sich selbst zu entdecken. Die Kamera wackelte,
wanderte weiter und gleich darauf – Norma stoppte den Film – kein Zweifel: Der Mann
am Rand des Bildausschnitts, der sich im Hintergrund hielt, war niemand anders als
der Weinpapst. Harry Halvard wohnte in der Innenstadt. Was hatte er morgens am Schiersteiner
Hafen verloren? Ausgerechnet, wenn jene Frau aus dem Wasser geborgen wird, mit der
er am Abend verabredet war. Die ihn zur Rede stellte, weil er ihren Vater unter
einen demütigenden Verdacht gebracht hatte.
    Norma betrachtete
das Standbild und trommelte mit den Fingerspitzen auf die Schreibtischplatte. Half
ihr das weiter? Dass Harry einst gepanscht und dem Nachbarn das Glykol untergeschoben
hatte: Welche Rolle spielte das nach der langen Zeit? Die Weinvergiftung wäre verjährt
und demnach kein Motiv für den Mord an der Staatsanwältin. Ihre Finger fielen in
einen neuen Rhythmus. Ihre Gedanken kehrten zu einem anderen Verdächtigen zurück:
Oliver Medzig, der verschmähte Winzersohn, der sein Leben lang zurückstecken musste.
Derzeit witterte er die Chance auf ein lohnendes Geschäft. Angelas Tod verschaffte
ihm freie Bahn, und die störrische Mutter würde er letztendlich auf seine Seite
bekommen. Wenn das kein Motiv war!
    Sie unterließ
das Trommeln, verschränkte die Arme im Nacken und lehnte sich zurück. Während sie
von unten auf die stahlgrauen Pranken und die zuckende Schwanzspitze des Katers
schaute, die über den Schrank hinweglugten, ließ sie den Spekulationen freien Lauf.
Angenommen Oliver hatte Angela auf dem Gewissen. Womöglich war es nicht seine erste
derartige Tat? Oliver hat seinen Vater gehasst. Den Mann, der ihn schlug und quälte
und den Lehrling bevorzugte. Eines Tages hält Oliver die Demütigungen nicht mehr
aus. Der 17-Jährige tötet den Vater, auf welche Weise auch immer. Ewald Medzig,
der unter Schmerzen leidet und immer schlechter hören kann.
    Ewald Medzig
– der Knochenmann?
    Sie griff
nach dem Telefon und wählte Frywaldts Handynummer. Seine Begrüßung fiel zurückhaltend
aus.
    Norma formulierte
ihre Bitte: »Könnten Sie die DNA unseres Knochenfreundes bestimmen?«
    »Schon erledigt«,
lautete die kühle Antwort.
    Ihr herzliches
Dankeschön stimmte ihn um eine Nuance zugänglicher.
    »Waren Ihre
Telefonaktionen erfolgreich? Bekamen Sie einen konkreten Hinweis?«
    »Sagen wir,
ich habe eine Theorie. Allerdings hat sie nichts mit den Vermisstenakten zu tun.«
    »Wie auch
immer, wir machen einen DNA-Vergleich. Bringen Sie mir morgen das Vergleichsmaterial.«
    »Nichts
einfacher als das! Ich gehe zu meinem Kandidaten und bitte ihn um eine Speichelprobe.
Mit der Erklärung, die müsste ich haben, um nachzuweisen, dass er seinen Vater ermordet
hat.«
    »Sie sind
Privatdetektivin, keine Polizistin«, sagte er ungerührt. »Da gibt es Mittel und
Wege.«
    »Soll ich
Ihren Hinweis als Vorschlag verstehen, bei dem Verdächtigen einzubrechen und seine
Haarbürste zu klauen?«
    »Sie gehen
auch sonst Ihren eigenen Weg.«
    Das verpatzte
Rendezvous ließ ihn kräftig schmollen. Sie überschlug in Gedanken, was der Kühlschrank
hergab.
    »Haben Sie
Hunger?«
    »Wie bitte?«
    »Gemüsequiche
à la Norma. Bei mir? In einer Stunde?«
    Für einen
Moment ließ er sie im Ungewissen. »Meinetwegen«, murmelte er schließlich und bot
sogar an, sich um den Wein zu kümmern. Norma schaltete den Computer aus. Nach beinahe
30 Jahren sollte es auf ein paar Stunden nicht ankommen. Trotzdem stürmten all die
Fragen auf sie ein: Wo hatte Oliver die Leiche seines Vater so lange Zeit versteckt
gehalten, sofern er tatsächlich dessen Mörder war? Wer schickte den

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