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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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hinaus.
    Die Sonne
fing sich im hellen Haar. Onno Halvard strahlte Norma an und zeigte sich angetan
über das unerwartete Wiedersehen. »Was führt Sie zu mir?«
    Norma gab
sich zerknirscht. »Mein Kater! Er ist im Kofferraum eingesperrt.«
    Harry reagierte
amüsiert. »Solange er keinen Korkenzieher dabeihat!«
    Breit grinsend
öffnete er den Kofferraum einen Spaltbreit, sodass Norma hineingreifen und den Kater
im Nackenfell greifen konnte. Sie machte sich auf alles gefasst. Wider Erwarten
schlug das Tier weder seine Krallen in ihren Unterarm noch sprang es ihr wie eine
Furie entgegen. Sogar die Weinkartons waren heil geblieben. Sanft wie ein Lämmchen
ließ sich Leopold auf den Arm nehmen und zu ihrem Auto tragen.
    Onno folgte
ihr, um behilflich zu sein. Auf ihre Bitte nahm er den Katzenkorb aus dem Wagen
und hielt das Türchen auf. Beeindruckt schaute er zu, wie sich der Kater ohne Widerstand
hineinbugsieren ließ. »Was für ein Prachtkerl.«
    Norma verschloss
den Korb und stellte ihn auf den Rücksitz. »Das wäre geschafft. Vielen Dank.«
    Der Sohn
war in der Einfahrt stehen geblieben. »Ich muss los, Papa. Wiedersehen, Frau Tann.«
    Onno Halvard
trat beiseite, um den Wagen passieren zu lassen.
    »Darf ich
Sie auf ein Glas Wein einladen, Frau Tann?«
    »Ein anderes
Mal sehr gern. Dürfte ich Sie etwas fragen? Erkennen Sie das Haus und das Kind?«
    Sie nahm
ihr Telefon heraus, lud das Foto auf das Display und reichte es an Onno weiter.
    Er griff
nach seiner Brille in der Hemdtasche und musterte das Bild mit gerunzelter Stirn.
»Natürlich! Mein Haus. Und davor, das ist mein Sohn. Woher haben Sie das?«
    Norma nahm
das Handy zurück. »Das Originalfoto ist im Besitz von Henriette Medzig. Ihr Sohn
hat dort gelernt. Hat er ihr das Kinderbild vielleicht geschenkt?«
    Ungläubig
schüttelte er den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich kenne das Bild gar
nicht. Ich würde mich daran erinnern. Früher hat man nicht so viel fotografiert
wie heute. Damals besaßen wir nicht einmal einen Fotoapparat. Wenn meine Frau Fotos
von Harry haben wollte, ist sie zum Fotografen gegangen.«
    »Warum bewahrt
Henriette Medzig ein Bild Ihres Sohnes in ihrem Poesiealbum auf? Welche Verbindung
besteht zwischen den beiden?«
    Onnos Miene
verfinsterte sich schlagartig. »Worauf wollen Sie hinaus, Frau Tann?«
    »Ich will
auf gar nichts hinaus. Ich habe nur eine Frage gestellt.«
    »Was sagt
Frau Medzig dazu?«
    »Henriette
Medzig wollte sich nicht zu dem Bild äußern.«
    Onno verschränkte
die Arme. »Als Weinhändler hatte ich mit den Medzigs zu tun. Ewald Medzig führte
das Kommando im Betrieb. Ein unangenehmer Mensch, nebenbei bemerkt. Jähzornig war
er, und er soll Frau und Kind geschlagen haben, sagten die Nachbarn. Deswegen war
ich zuerst gegen die Lehre.«
    »Wie ist
es trotz Ihrer Zweifel dazu gekommen?«
    Onno legte
nachdenklich die Stirn in Falten. »Harry war ein kompliziertes Kind, weil … Er flog
kurz vor dem Abitur von der Schule und saß hier herum. Monatelang, eine Katastrophe.
Das war kein Geheimnis. Die Leute zerrissen sich das Maul darüber. Der Sohn des
›Löwen von Wiesbaden‹, ein Tunichtgut! Eines Tages sprach mich Henriette Medzig
an. Ich könnte den Bub zu ihnen schicken. Wie gesagt, der Winzer war, gelinde gesagt,
ein Tyrann. Wider Erwarten wollte Harry unbedingt in die Weinberge. Zum ersten Mal
begeisterte er sich für einen Beruf. Entgegen meinen Befürchtungen verstand er sich
auf Anhieb mit dem alten Medzig. Der Mann hatte das richtige Händchen für Harry,
und er wurde, wie Harry mir versicherte, ihm gegenüber niemals grob oder handgreiflich.
Die Frau hat ihn umsorgt wie eine Mutter. Vielleicht gab das den Ausschlag! Die
Mutter fehlte ihm so sehr.«
    Norma hatte
Onnos Worte noch im Ohr. »Wie meinten Sie das: Harry sei ein kompliziertes Kind
gewesen, weil … weil … – weshalb?«
    Onnos Antwort
klang ungehalten. »Weil seine Mutter tot war! Warum sonst?«
    Wenn es
so naheliegend war, warum dann so aufbrausend, Herr Halvard? Plötzlich war sie sicher,
etwas stimmte nicht mit Harrys Herkunft. War Onno nicht Harrys Vater? Oder Onnos
Frau nicht die Mutter? War Henriette womöglich Onnos Geliebte gewesen? Mit diesen
Überlegungen verabschiedete sie sich mit der gebotenen Höflichkeit.

34
    Leopold gab keinen Mucks von sich,
als schmollte er, weil sie ihm den Ausflug verleidet hatte. Ohne seine Abenteuerlust
hätte sie das Haus nicht gefunden – was auch immer ihr dieses Wissen einbringen
würde.

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