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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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toten Ewald,
oder was von ihm übrig war, per Post auf die Reise? Aus welchem Grund? Und warum
gerade jetzt und an eine private Ermittlerin?

35
     
    Montag, der 25. Juli
     
    Die Nacht war lang geworden. Sie
hatten über Normas Fälle gesprochen. Zu später Stunde hatte vor allem Frywaldt geredet.
Wie es war, verlassen zu werden, und über seine vergeblichen Anstrengungen, Jeanette
zurückzugewinnen. Über den Hass auf den Konkurrenten und diese unbändige Wut. Sie
hatte ihm in der Küche gegenüber gesessen, über sich die behütende Dachschräge,
und ihn beobachtet, diesen großen, beherrschten Mann, der über die eigene Aggressivität
bestürzt war. Und war über das Verlangen verwundert, ihm nahe zu sein.
    Im hellen
Morgenlicht schien ihr dieses Gefühl unverständlich, geradezu unangenehm. Ihr Privatleben
verlief in geordneten Bahnen, und so sollte es bleiben. Sie lenkte sich mit Oliver
Medzig und der ungelösten DNA-Frage ab. Sie müsste sowieso mit Henriette sprechen.
Irgendetwas würde sich ergeben, so hoffte sie. Als sie jedoch um 10 Uhr in Schierstein
ankam und beim Weingut Adebar klingelte, blieb die Haustür geschlossen.
    Norma fuhr
weiter in Richtung Rüdesheim. Wie bei jeder Tour in den Rheingau liebte sie die
geruhsame Fahrt und das Bild der weiten Flusslandschaft, deren Stimmung sich mit
der Wetterlage wandelte. An diesem Tag zauberte eine strahlende Sonne Ferienlaune
herbei und löste die Gedanken an mürbe Knochen und heimtückische Mordanschläge in
Unbeschwertheit auf. Hinter dem Weinstädtchen Winkel verließ sie die Bundesstraße
und fuhr auf Johannisberg zu. Das Weingut der Familie Dyzek lag jenseits des Orts
inmitten der Weinberge. Statt eines mondänen Gutshauses, das sie insgeheim erwartet
hatte, empfing sie ein verschachteltes Konglomerat von Zweckbauten. Ein kantiges
Metallschild kennzeichnete den Büroeingang. Herr Adam Dyzek sei draußen beschäftigt,
erklärte eine streng dreinblickende Dame und wies auf die sich zum Taunuskamm hinaufschwingenden
Weinberge. Mit der Bemerkung, der Lehrling müsse sowieso hinaus und könne gleich
mitfahren, nahm sie die Antwort auf Normas Frage nach dem Weg vorweg. Der Lehrling
entpuppte sich als agile junge Frau mit bayerischem Zungenschlag, deren Redestrom
von Niesanfällen unterbrochen wurde, die ihr, wie sie hektisch kommentierte, immer
dann blühten, wenn sich eine Katze in der Nähe aufgehalten hätte. Auf der kurzen
Strecke erfuhr Norma entscheidende Details eines jungen Lebens, vom Traumjob Winzerin
bis hin zu den Auseinandersetzungen mit dem Freund, ohne mehr dazu beizutragen als
ein gelegentliches stummes Nicken.
    Die Betonpiste
schlängelte sich den Hang hinauf. Ein Stück oberhalb versperrte ein Traktor den
Weg. Norma parkte hinter dem Anhänger und folgte dem Mädchen zu zwei Männern und
einer Frau, die sich an den Rebstöcken zu schaffen machten. Adam Dyzek arbeitete
einige Reihen oberhalb. Mit kleinen, rhythmischen Schritten erklomm Norma den steilen
Hang.
    »Im Weinberg
reißt die Arbeit wohl niemals ab?«, fragte sie, als sie auf Dyzeks Höhe war, und
sah zu, wie er mit geschicktem Griff einen langen Trieb kürzte und das abgeschnittene
Ende hinter sich warf, um sofort nach dem nächsten Zweig zu greifen und diesen an
einen waagerechten Draht zu binden.
    Das Ausdünnen
müsse sein, erklärte er, ohne die Arbeit zu unterbrechen, damit die Blätter nach
dem Regen gut trockneten. Das schütze vor Pilzbefall. »Die Triebe binden wir fest,
damit sie im Wind nicht abbrechen.«
    »Ehrlich
gesagt, hatte ich nicht erwartet, dass Sie selbst Hand anlegen.«
    Er sei nicht
Winzer geworden, um im Büro zu versauern, meinte er gleichmütig.
    Norma schaute
sich um. Unterhalb der Ortschaften breitete sich der Rhein aus und umschloss eine
lang gestreckte grüne Insel. Das Wasser schimmerte silbrig im Sonnenlicht. »Das
kann ich nachvollziehen! Was für eine herrliche Aussicht!«
    Dyzek blickte
auf und hielt für einen Moment die Hände still. »Aus meinen südafrikanischen Weinbergen
konnte ich bis zum Tafelberg sehen. Das hat mich jeden Tag aufs Neue fasziniert.
Aber ich stimme Ihnen gern zu, auch der Ausblick in den Rheingau ist wunderschön.
Und es ist eine geschichtsträchtige Region. Sehen Sie dort drüben das Schloss Johannisberg?«
    Norma kannte
das elegante Bauwerk gut, das sich in der Ferne über die Weinberge erhob. Dort war
sie hin und wieder mit Arthur eingekehrt. Bei klarem Wetter konnte man von der Terrasse
bis weit hinüber nach

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