Eden Inc.
Herausforderung.«
»Und waren Sie gut in Ihrem Beruf?«
»Ja.«
»Warum haben Sie dann gekündigt?«
Schon das Blinzeln machte Lash Mühe. »Ich war es satt herauszukriegen, was bei den Menschen schief gelaufen war, nachdem sie schon tot waren. Ich dachte, ich kann nützlichere Arbeit leisten, wenn ich denen helfe, die noch am Leben sind.«
»Verständlich. Zweifellos haben Sie auch viel Schreckliches gesehen.«
Lash nickte.
»Hatte dergleichen Auswirkungen auf Sie?«
»Natürlich hatte das Auswirkungen auf mich.«
»Welche Art Spuren hat es genau bei Ihnen hinterlassen?«
»Spuren?« Lash zuckte die Achseln.
»Dann hat Sie das also nicht auf eine pathologische Weise berührt. Sie haben es sozusagen einfach abgeschüttelt. Es hatte keine Auswirkungen auf Sie oder Ihre Arbeit.«
Lash nickte erneut.
»Könnten Sie bitte antworten?«
»Nein, es hatte keine Auswirkungen.«
»Ich frage deshalb, weil ich einige Studien über ausgebrannte FBI-Agenten gelesen habe. Wenn Menschen schreckliche Dinge sehen, gehen Sie manchmal nicht so damit um, wie es nötig wäre. Stattdessen vergraben sie sie in ihrem Inneren und versuchen, sie zu ignorieren. Doch in der Dunkelheit werden sie wieder lebendig und plagen sie pausenlos. Es ist nicht die Schuld dieser Menschen; es liegt an der Kultur ihres Arbeitsplatzes. Wer Mitleid und Schwäche zeigt, ist bei den anderen schnell unten durch.«
Lash sagte nichts. Alicto warf einen Blick auf den LaptopMonitor und schrieb eine Notiz auf die Akte. Dann hielt er inne, um sich die Bögen anzuschauen. Anschließend hob er wieder den Kopf.
»Gab es bei Ihrer früheren Tätigkeit irgendeinen Einsatz, der Ihren Entschluss zu kündigen beeinflusst hat? Etwa ein ungewöhnlich unerfreulicher Fall? Ein Irrtum oder Lapsus Ihrerseits? Vielleicht etwas, das Auswirkungen auf Ihr Privatleben hatte?«
Trotz seiner Müdigkeit sandte diese Frage einen Stromschlag durch Lashs Körper. Er weiß es also doch. Er schaute Alicto schnell an. Der Mann beobachtete ihn konzentriert.
»Nein.«
»Wie bitte?«
»Ich habe Nein gesagt.«
»Ah ja.« Alicto schaute wieder auf den Bildschirm und machte sich noch eine Notiz. Dann lehnte er sich vom Laptop zurück. »Damit ist die Befragung beendet, Dr. Lash«, sagte er, umrundete den Tisch und nahm Lash die Kappe und die Fingerklammern ab. »Danke für Ihre Geduld.«
Lash stand auf. Die Welt schwankte leicht. Er stützte sich auf dem Stuhl ab.
»Schlafen Sie genug?«, fragte Alicto. »Mir ist aufgefallen, dass Sie reichlich müde wirken.«
»Mir geht’s gut.«
Doch Alicto musterte ihn noch immer konzentriert. Er schien - nun, da das Gespräch abgeschlossen war - aufrichtig besorgt zu sein. »Schlaflosigkeit kann bei Fällen von .«
»Mir geht’s wirklich gut, danke.«
Alicto nickte bedächtig. Dann drehte er sich um und hob eine Hand Richtung Tür.
»Was jetzt?«, fragte Lash.
»Sie können sich wieder anziehen. Vogel wird Sie rausbringen.«
Lash konnte sein Glück kaum fassen. Nach dem, was hinter ihm lag, war er davon ausgegangen, dass das psychologische Gespräch Stunden dauern würde. Die meisten Lügendetektortests zogen sich in die Länge, weil einem in leicht veränderter Form immer wieder die gleichen Fragen gestellt wurden. Doch es hatte nur eine halbe Stunde gedauert. »Soll das heißen, ich bin fertig?«
»Ja, Sie sind fertig.« Die Art, in der Alicto dies sagte, ließ Lash zögern.
»Tut mir sehr Leid«, sagte Alicto. »Aber angesichts der Resultate muss ich mich gegen einen Kandidatenstatus aussprechen.«
Lash stierte ihn an.
»Es bringt nichts, schlechte Nachrichten auf die lange Bank zu schieben. Ich hoffe, Sie verstehen das. Wir müssen stets das Gesamtbild sehen; was insgesamt das Beste für unsere Klienten ist. Die Gefühle einzelner Bewerber dürfen keine Rolle spielen. Es ist schwierig. Wir geben Ihnen eine Broschüre, die Ihnen den Abgang erleichtert. Abgelehnte Bewerber stellen oft fest, dass die Lektüre ihnen hilft, über das natürliche Gefühl der Zurückweisung hinwegzukommen.
Ich bin sicher, Vogel hat Ihnen erklärt, dass die Prüfungsgebühr nicht erstattet wird. Weitere Rechnungen werden Sie aber nicht erhalten. Achten Sie auf sich, Dr. Lash - und vergessen Sie nicht, was ich über Alarmsignale gesagt habe.«
Und zum ersten - und letzten - Mal hielt Alicto ihm die Hand hin.
14
Obwohl es drei Uhr morgens ist, ist das Schlafzimmer in gnadenloses Licht getaucht. Die beiden Fenster gegenüber vom Dach des
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