Eden Prophecy
sie. »Wohin führt dieser Weg?«
»Ich weiß es nicht«, sagte der hagere Mann.
Danielle sah den Iraker an.
Er schüttelte den Kopf.
»Finden wir es heraus«, sagte sie.
Sie liefen am schmalen Rand des Aquädukts in absolute Dunkelheit hinein. Irgendwann verschwand der Weg völlig, und sie waren gezwungen, einige hundert Meter in der Flutrinne zu waten, ehe ein Lichtstrahl durch die pechschwarze Finsternis drang. Dann eine weitere Treppe, schlecht beleuchtet zwar, doch nach der Dunkelheit des Tunnels erschien sie ihnen hell und fröhlich.
Sie stiegen sie hinauf und kamen auf Straßenniveau. Danielle und der hagere Mann stießen das schwere Gitter auf und schoben es beiseite, dann zogen sich die Überlebenden des unterirdischen Zwischenfalls aus dem Schacht und verschwanden in der Dunkelheit.
Der hagere Mann und sein Boss blieben bei Danielle und Najir und kauerten mit ihnen in einer nur von blauem Mondlicht beleuchteten Gasse.
»Ich muss mich bei Ihnen bedanken«, sagte der hagere Mann. »Ich hätte wissen müssen, dass es keine Razzia war. Wir schmieren schließlich die richtigen Leute.«
»Sie können sich durch Informationen dankbar zeigen«, sagte Danielle. »Angefangen mit den Namen der Leute, die bei der Veranstaltung dabei war.«
»Das kann ich nicht«, sagte der hagere Mann. »Jedenfalls nicht, wenn ich am Leben bleiben möchte.«
»Was ist mit den Adressen, wohin sich diese Leute ihre Sachen liefern lassen?«, fragte sie. »Es wird ja wohl niemand mit einer Statue oder einer fünfzig Pfund schweren Tontafel da rausmarschiert sein.«
»Banken in London oder Kairo. Bürogebäude in Abu Dhabi«, sagte der hagere Mann. »Sie würden Ihnen nicht viel helfen.«
Der Mann hatte offensichtlich Angst. »Einen einzigen Namen«, sagte Danielle. »Ihr Bieter Nummer vier.«
»Ich sagte doch, ich kann nicht …«
»Nur für den Fall, dass Sie es übersehen haben – er war nicht mehr da, als die falschen Soldaten kamen.«
Der hagere Mann zögerte, als versuchte er sich zu erinnern. Er beriet sich mit dem anderen Iraker auf Arabisch.
»Er war wütend wegen Ihrer Geldspritze in letzter Minute«, sagte der hagere Mann.
»Und er hat die Schriftrolle mitgenommen«, sagte Danielle. »Ich habe nicht gesehen, dass sie sonst etwas hinausgetragen hätten. Jede Wette, dass das Plan B war.«
»Ich kenne ihn nur als Marko«, sagte der hagere Mann. »Sein Konto ist hier, seine Referenzen waren in Griechisch abgefasst, seine Lieferadresse ist Kuwait – Kuwait City.«
»Und was ist mit der Kupferschriftrolle? Woher stammt sie?«, fragte Danielle.
»Aus Privatbesitz«, sagte er. »Ein Mann, der kauft und verkauft, er ist nicht einmal eine sonderlich bedeutende Figur in der Szene. Meines Wissens wurde die Schriftrolle vor einigen Jahren von Beduinen in der Wüste gefunden. Niemand weiß genau, wo.«
»Warum könnte sie jemand so unbedingt haben wollen?«
Der hagere Mann schüttelte den Kopf.
»Kommen Sie«, bedrängte Danielle ihn. »Ein halbes Dutzend Leute ist bereits deswegen getötet worden. Es kann nicht nur um Kunst gehen.«
»Ich habe keine Ahnung, was sie zu etwas so Besonderem macht. Bis heute Abend habe ich, abgesehen von Bashir, kaum mit Bietern für dieses Objekt gerechnet. Aus diesem Grund wurde die Rolle ursprünglich zusammen mit der Statue angeboten.«
Danielle warf einen Blick zu Najir. Er sah zunehmend schlechter aus. Aus seiner Wunde floss immer noch Blut. Sie konnten nicht mehr lange warten.
Sie sah den hageren Mann wieder an. »Sie haben Bilder von dieser Schriftrolle«, sagte sie. »Bessere, als wir gesehen haben?«
Der Mann nickte.
»Ich brauche sie«, sagte sie. »Wenn Sie mir die Bilder geben, sind wir quitt.«
Der hagere Mann besprach sich kurz mit dem Iraker, dann nickte er.
»Wohin schicke ich sie?«
Sie zeigte auf ihren verletzten Gastgeber. »Ich bringe Najir ins Krankenhaus. Lassen Sie ihm die Bilder zukommen. Er weiß, wo er mich findet.«
28
Carlsbad, Kalifornien
An einem Tag, an dem die Sonne den Meeresdunst weggebrannt hatte und warm über Südkalifornien schien, saß Professor Michael McCarter hinter dem Haus seines Sohns auf der Veranda und passte auf seinen fünfjährigen Enkel auf. Der Junge versuchte einen übergroßen Plastikgolfball mit einem übergroßen Plastikschläger zu treffen. Bis jetzt hatte der kleine Kerl so ziemlich alles andere in seiner Umgebung getroffen, einschließlich beider Schienbeine McCarters. Aber er gab nicht auf.
Das Läuten des Telefons
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