Eden Prophecy
Augen, jene Wissenschaftler zu widerlegen, die davon ausgingen, dass Elamisch, da es so alt und primitiv war, niemals übersetzt werden würde. Die Chance, die Tür zu einem Wissen und einer Geschichte zu öffnen, die bislang nichts als interessante Symbole auf Ton oder Stein gewesen waren. Diese Tatsache allein war unglaublich genug. Doch die Geschichte, die McCarter in dem gewalzten Kupfer entdeckte, reichte aus, um dies beinahe belanglos erscheinen zu lassen.
Die Information auf der Kupferschriftrolle war nicht nur ein zufälliges Dekret, ein königlicher Bericht oder ein Vertrag zwischen zwei Völkern. Sie war eine Flaschenpost, der verzweifelte Versuch sicherzustellen, dass die Geschichte überlebte. Als McCarter sie las, begriff er, dass eine Version davon tatsächlich überlebt und sich rund um die Welt in Sprachen verbreitet hatte, die noch nicht einmal existierten, als sie zum ersten Mal aufgeschrieben wurde.
Ein leiser Klingelton kam vom Monitor, und der Schirm leuchtete auf. Augenblicke später sah McCarter die klassischen Züge des Gesichts von Danielle Laidlaw.
Nach einer kurzen Begrüßung begann McCarter zu erklären, was er entdeckt hatte.
»Die Geschichte, die erzählt wird, ist eine Version der Genesis«, sagte er. »Sie konzentriert sich auf den Garten Eden und den Sündenfall des Menschen, allerdings mit vielen Unterschieden zur biblischen Erzählung.«
»Das ergibt in gewisser Weise einen Sinn«, sagte Danielle. »Wird etwas von Waffen oder Seuchen oder dergleichen erwähnt?«
»Nein«, sagte er und wunderte sich über die Frage. »Aber es wird die ziemlich unglaubliche Behauptung aufgestellt, dass es mehr als einen Garten Eden gab.«
Danielle schaute verblüfft drein. »Mehr als einen Garten Eden?«
McCarter räusperte sich. »Ja«, sagte er. »Also, gewissermaßen. Nicht direkt. Sozusagen …«
»Professor«, unterbrach sie ihn abrupt. »Können Sie einfach zum Hauptpunkt kommen?«
»Entschuldigung«, sagte er und räusperte sich. »Die Verfasser dieser Schriftrolle sprechen von vielen Gärten mit Bäumen, die eine Leben spendende Wunderfrucht tragen«, begann er. »Sie berichten von einem in Ägypten, der von den vertrauenswürdigsten Priestern des Pharao gewartet wird, von einem in Indien, nahe dem Ganges. Einem weiteren im heutigen Äthiopien und sogar einem in Mazedonien oder Griechenland.«
»Gut«, sagte Danielle. »Es gab also mehr als einen Garten Eden.«
»Nein«, verbesserte er sie erneut. »Mehr als einen … Wundergarten. Eden ist der Name eines Orts, einer Gegend, vermutlich vom sumerischen Wort Edin abgeleitet, das ›offene Ebene‹ bedeutet. Wenn wir uns an diese Vorstellung halten, finden wir eine Edin – eine offene Ebene –, die sich über den Zentralirak erstreckt, wo die sumerische Zivilisation blühte. Heute besteht das Gebiet größtenteils aus Wüste, aber vor siebentausend Jahren sah es aus wie der mittlere Westen Amerikas zur Zeit der Siedler. Pferde, jede Menge Wild, wogendes Gras. Irgendwo in diesem Gebiet befand sich einer jener Wundergärten. Das war dann der Garten von – oder der Garten in – Eden.«
»Der Garten in der offenen Ebene«, sagte sie. »Klingt irgendwie ein bisschen anders. Was haben Sie noch?«
Er spürte, dass sie in Eile war, wie immer, doch obwohl sie sich nur für die reine Information zu interessieren schien, war sich McCarter sicher, Danielle würde letztendlich ins Staunen geraten, wenn er es erklärte.
»In der Zeit, bevor diese Schriftrolle geprägt wurde, waren die anderen Wundergärten einer um den anderen verdorrt und eingegangen.« Er schaute in seine Aufzeichnungen. »Einer nach dem anderen wurden sie unfruchtbar«, las er laut vor und fuhr dabei mit dem Finger die Seite entlang. »Sie brachten keine Samen hervor, damit neue Bäume gepflanzt werden konnten. Und auch nicht die samenlose Frucht, die den Gealterten Leben schenkte. Nach einigen Jahren war der erste Garten der letzte. Der Garten in Edin trug noch Früchte.«
»Weiter«, sagte sie.
»Das große Austrocknen kam«, sagte er und blickte auf. »Ich glaube, das bezieht sich auf etwas, das wir das 5,9K-Event nennen. Vor rund sechstausend Jahren kam es in Nordafrika, dem Mittleren Osten und Teilen Asiens zu einem Umschwung: von einem relativ feuchten zu dem Wüstenklima, wie wir es heute kennen. Die Ursache ist unbekannt, aber anhand von Samen- und Fossilienfunden aus dieser Zeit wissen wir, dass es relativ schnell ging.«
Danielle schien zu verstehen.
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