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Eden und Orion - Lichtjahre zu dir

Eden und Orion - Lichtjahre zu dir

Titel: Eden und Orion - Lichtjahre zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Douglas
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meinen Besuch freute.
    Schnell öffnete ich meinen Rucksack und zog seine Jacke heraus. »Die hast du vergessen«, sagte ich. »Ich dachte, du brauchst sie vielleicht.«
    Ryan trat einen Schritt zur Seite, um mich hineinzulassen. »Eigentlich siehst eher du so aus, als könntest du eine Jacke gebrauchen. Komm schnell rein!«, sagte er.
    »Ich sollte besser gehen.«
    »Nein, jetzt komm doch rein!«
    Als Ryan mich anlächelte, verflog meine Nervosität sofort.
    Er führte mich den Flur entlang in ein Zimmer, wo ein Kamin angenehme Hitze verströmte.
    »Setz dich ans Feuer und wärm dich ein wenig auf«, sagte er. »Ich mache uns so lange etwas Heißes zu trinken. Was möchtest du denn?«
    »Egal. Das Gleiche wie du.«
    Ich kauerte mich vor den Kamin und rieb meine Handflächen aneinander. Als ich sie endlich wieder spüren konnte, schaute ich mich um. Die Wände zierten rosa Blümchentapeten, die schon bessere Zeiten gesehen hatten: An manchen Stellen waren sie leicht angegilbt und um den alten Kamin herum rußgeschwärzt. Der Teppich war flaschengrün und wirkte irgendwie schäbig – wie in billigen Hotels. Nur das Sofa war modern und sah nagelneu aus. In der Wandnische neben dem Kamin hing ein großer Plasmafernseher. An Möbeln gab es sonst nur noch ein vollgestopftes Bücherregal und einen Couchtisch. Ansonsten nichts Persönliches weit und breit: keine Familienfotos, kein Nippes, keine Bilder an der Wand, keine Pflanzen, keine Vorleger. Funktional mit einem Hauch Spießigkeit.
    Ich schlenderte zum Bücherregal, um es zu inspizieren. Anhand der Bücher, die sie lesen, erfährt man nämlich jede Menge über Leute: Es gab eine komplette Shakespeare-Ausgabe und viele Gedichtbände. Ben Jonson. John Donne. Außerdem die typischen Autoren des 19. Jahrhunderts: Austen, die Brontës, Thackeray, Dickens und Hardy. Einen Reiseführer Großbritannien und Nordirland . Eine kleine Kochbuchsammlung. Ein Handbuch zur Popkultur in Großbritannien. Ein Bildband über Mode des späten 20. Jahrhunderts. Atlanten und naturwissenschaftliche Lehrbücher. Biographien von Darwin und Einstein. Die Bücher waren allesamt zerlesen und wirkten als Sammlung ehrlich und authentisch.
    Ich setzte mich aufs Sofa. Ryans Rucksack lag offen auf dem Boden, daneben ein Stapel Bücher. Ich warf einen Blick auf den obersten Titel. Britische Geschichte des 20. Jahrhunderts .
    Die Tür schwang auf, und Ryan kam mit zwei Tassen heißer Schokolade zurück. Er stellte sie auf dem Couchtisch ab und setzte sich neben mich aufs Sofa. Ich hatte Ryan immer für den Schwarzer-Kaffee-ohne-Zucker-Typ gehalten, nicht für jemanden, der freiwillig heiße Schokolade mit Sahne und Schokostreuseln trinkt.
    Obwohl er ein paar Zentimeter Platz zwischen uns gelassen hatte, spürte ich Ryans Nähe plötzlich mit überwältigender Intensität; es war, als sprühten Funken zwischen uns.
    »Wo ist dein Vater?«, fragte ich.
    »Ausgegangen. Cassie übrigens auch.« Er hob eine Augenbraue. »Wir haben sozusagen sturmfrei.«
    Ich kicherte nervös.
    »Und? Was möchtest du machen?«, fragte Ryan und bemühte sich, neutral zu klingen.
    »Du hast heute Nachmittag deine Geschichtskenntnisse aufgefrischt, wie ich sehe«, sagte ich und deutete auf die Bücher neben dem Sofa.
    »Wie du weißt, ist das ja auch mein schlechtestes Fach.«
    »Ich könnte dich abfragen«, schlug ich vor, öffnete meinen Rucksack und nahm meine Bücher heraus.
    Ryan lachte. »Noch mehr lernen? Meine Güte, hast du eine Energie. Ich bin mir nur nicht so sicher, ob ich so viel Aufregung an einem einzigen Tag aushalte.«
    Ich sah auf die Wanduhr. »Komm, eine halbe Stunde. Dann machen wir was Spaßiges.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen«, sagte ich und fragte mich, was Ryan sich wohl genau darunter vorstellte – Spaß haben.

    Er hatte wirklich Fortschritte gemacht, stellte ich fest. Jetzt konnte Ryan alle Fragen über Hitler und Mussolini oder Churchill locker beantworten, ja er hatte sogar eine plausibel klingende Theorie über die Ursachen für den Ersten Weltkrieg entwickelt und wusste alles über den Kalten Krieg bis hin zum Berliner Mauerfall.
    »Du bist nicht nur ziemlich süß, sondern auch nicht auf den Kopf gefallen«, sagte ich aufrichtig. »Wenn das dein schlechtestes Fach ist …«
    »Süß?!« , schmollte Ryan. »Na danke schön! Wie wär’s mit hinreißend oder gut aussehend? Sogar hübsch klingt besser als süß! Süß klingt, als wäre ich ein fünfjähriges Mädchen.«
    Ich lachte.

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