Eden und Orion - Lichtjahre zu dir
Sternensystem, also drei verschiedene Sterne. Von unserem Blickwinkel aus sehen wir Eden nur dann, wenn der Planet vor einem dieser drei Sterne vorbeizieht. Und das ist eben nur alle 703 Jahre der Fall. Hinzu kommt, dass der Himmel absolut klar und absolut dunkel sein muss, damit man Eden überhaupt sehen kann«, erklärte Ryan und runzelte die Stirn. »Und das mit der absoluten Finsternis ist in dieser Jahreszeit ohnehin schon ziemlich schwierig. Wenn Connor diese einmalige Chance verpasst, sind wir, wie gesagt, für sehr lange Zeit sicher.«
»Dann wird niemand jemals erfahren, dass es Eden überhaupt gibt«, sagte ich langsam. »Aber du weißt es doch. Und Cassie und Ben wissen es. Und ich weiß es jetzt.«
»… deshalb dürfen wir es auch niemandem erzählen.«
Ich versuchte, Ryans Worte zu verdauen. »Wenn also alles glattgeht, wissen hier in meiner Zeit genau vier Leute, dass es dort draußen im Orbit einen Planeten gibt, der Leben birgt.«
»Na ja, genau genommen sind es fünf. Es gibt da noch jemanden, der es weiß: unser Aufräumungsagent.«
»Was soll das denn sein?«
»Ein Aufräumungsagent – oder kurz: Aufräumer – ist ein Agent, der eine Zeitreise begleitet, um die Mission zu überwachen. Die Aufräumer kommen vor uns an und gehen erst nach uns wieder zurück. Ihre Verantwortung ist es, sicherzustellen, dass nichts schiefgeht. Wären wir bei unserer Landung hier beispielsweise verunglückt, dann hätte unser Aufräumungsagent alle Indizien beseitigt. Oder wenn Ben sich einfach unerlaubterweise aus dem Staub machen würde, dann würde unser Aufräumer ihn aufspüren und in die Zukunft rückführen. Aufräumungsagenten stellen auch sicher, dass die offizielle Version einer Geschichte, die wir Zeitreisenden unseren Mitmenschen erzählen, wasserdicht ist.«
»Und wer ist euer Aufräumer?«
»Das dürfen wir selbst nicht wissen.«
Ich runzelte die Stirn. »Wir sind hier in meiner Zeit also insgesamt fünf Leute, die über Eden Bescheid wissen. Vier davon kommen aus der Zukunft. Und diese vier sollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Geschichte der Menschheit umschreiben. Verdammt noch mal, Ryan, du bist erst siebzehn. Wie um alles in der Welt bist du da bloß reingerutscht?«
»Ben ist gar nicht mein Vater«, gestand Ryan. »Mein richtiger Vater ist Admiral beim Zeit- und Rauminstitut. Er hat großen Einfluss. Sein Vater wiederum – mein Großvater – hat das vierdimensionale Zeitreisen erfunden. Und in der Familie meiner Mutter sind alle aktive Umweltschützer. Sie hat sich für diese Mission stark eingesetzt. Na ja, und weil sie jemanden gesucht haben, der als 16-jähriger Schüler durchgehen könnte, habe ich mich eben freiwillig gemeldet.«
»Halt! Halt!«, fiel ich ihm ins Wort. »Das geht mir alles viel zu schnell. Und die Hälfte verstehe ich überhaupt nicht. Lass uns noch mal zu dem Teil zurückgehen mit dem vierdimensionalen Zeitreisen.«
»Eden …«
»Und ich will jetzt kein dummes Zeug über Zeitgesetze hören«, unterbrach ich ihn genervt.
Ryan sah mich groß an. »Woher wusstest du, dass ich das sagen würde?«
»Dein Gesicht hat Bände gesprochen.«
Er lachte. »Na gut, ich nehme einmal stark an, dass du wissen willst, wie vierdimensionales Zeitreisen funktioniert. Liege ich da richtig?«
»Ganz genau.« Ich nickte.
»Also, irgendwann in der Zukunft … in einer Zeit, in der du deine ersten grauen Haare bekommst und Krähenfüße um die Augen«, begann Ryan.
Ich verpasste ihm einen solchen Rippenstoß, dass er nach hinten umkippte. »Hey, ich versuche doch nur, meine Erzählung möglichst plastisch darzustellen«, rechtfertigte er sich und grinste schelmisch.
»Na toll. So genau will ich mir das, ehrlich gesagt, gar nicht vorstellen«, nörgelte ich. »Sag mir einfach eine Jahreszahl. Und dann keine weiteren dummen Bemerkungen von wegen graue Haare und Krähenfüße, kapiert?«
»Okay, okay«, lenkte Ryan ein und hob verteidigend die Hände. »2044. Mein Großvater, Nathaniel Westland, wird eine Möglichkeit entdecken, Wege durch das Weltall physisch abzukürzen. Das wird uns die Möglichkeit verschaffen, ohne großen Zeitaufwand auch zu weit entfernten Planeten zu reisen. Und zwar in wenigen Minuten statt in Lichtjahren. Dieselbe Technologie ermöglicht übrigens auch das Zeitreisen.«
Mir wurde das alles richtig unheimlich, und ich begann mich zu fragen, ob diejenigen, die behaupteten, fliegende Untertassen gesehen zu haben, nicht vielleicht doch
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