Eden und Orion - Lichtjahre zu dir
»Nein, bestimmt nicht! Ich wollte einfach nur auf die Dachterrasse. Ehrlich, ich hatte keine Ahnung, dass ihr hier oben seid«, versicherte ich ihm und glaubte mir selbst kein Wort.
»Ach, was für ein seltsamer Zufall!«, höhnte Connor. Der Zorn ließ seine Stimme zittern. »Obwohl du dir sicher sein konntest, dass alle Klassenzimmer und die Terrassentüren abgeschlossen sind, bist du trotzdem mal auf gut Glück hochgekommen? Klar, man kann’s ja mal probieren …«
Ich zuckte hilflos mit den Schultern.
»Was soll das, Eden? Für wie blöd hältst du mich?« Connor sah mich hilflos an. »Du willst mich offensichtlich nicht. Na schön. Aber warum gönnst du mir dann nicht, dass ich mit Megan zusammen bin?«
»Das stimmt doch nicht!«, rief ich. Jetzt war es an mir, empört zu sein.
»Es ist aber schon komisch, wie du dich verhältst, Eden«, mischte sich Megan jetzt ein.
»Hast du uns nachspioniert?«, fragte Connor streng.
»Nein!«
Ohne Vorwarnung und mit einem Knall flog die Labortür auf, und die Lichter gingen an. Ich blinzelte und rieb mir die Augen. Mr Chinn.
»Okay, Leute, das reicht«, rief er genervt. »Her mit dem Alk, keine Diskussion, und dann sofort raus hier.«
»Wir haben keinen Alkohol dabei«, sagte Connor und stellte sich schützend vor Megan.
»Connor, bist du das?« Ihn hatte Mr Chinn offensichtlich als Allerletztes hier vermutet. »Und darf ich fragen, was du da treibst?«
»Ich wollte Megan den Sternenhimmel zeigen. Und von hier oben hat man die beste Aussicht«, erklärte Connor treuherzig.
Mr Chinn trat auf die Dachterrasse hinaus und schaute in den Nachthimmel hinauf. Sofort wurde er milder. »Eine wunderschöne Nacht, wirklich …«, murmelte er und wandte sich dann zu den beiden um. »Na, was ist, Connor? Einen letzten Blick?« Mr Chinn lächelte wohlwollend und schien sich gerade auf eine längere Sternebeobachtungsrunde zu freuen.
»Ähem, wir sollten unbedingt wieder runter zu den anderen«, mischte ich mich jetzt ein. »Der Ball ist ja auch gleich zu Ende.«
»Geh du ruhig schon vor«, sagte Connor kühl zu mir. »Wir kommen gleich nach. Ich will Megan noch meinen Lieblingsstern zeigen.«
Mr Chinn schleppte bereits das Teleskop nach draußen auf die Dachterrasse.
Ich rannte zur Labortür und schaute den Gang entlang. Ryan hatte das Telefonat mit Cassie mittlerweile garantiert beendet und gemerkt, dass wir verschwunden waren. Er suchte uns bestimmt schon. Ein letztes Stoßgebet zum Himmel: Lieber Gott, mach, dass Ryan jetzt um die Ecke kommt!
Nichts.
Ich schluckte. Mir blieb also nichts anderes übrig, als die Situation selbst in die Hand zu nehmen. Und zwar jetzt gleich.
Hektisch rannte ich zurück ins Labor. »Ich würde so gerne einmal die Plejaden sehen!«, rief ich aufgeregt und lächelte Mr Chinn erwartungsvoll an.
»Na dann viel Glück!«, spottete Connor. »Ist nur leider die falsche Jahreszeit dafür.«
»Und dann würde ich auch noch gerne eine Galaxie sehen!«, fügte ich schnell hinzu. »Könnten Sie mir vielleicht eine zeigen, Mr Chinn?«
»Das mache ich sehr gerne«, sagte Mr Chinn begeistert. Er schien sich über mein Interesse an seinem Hobby ehrlich zu freuen. »Heute Abend kann man sogar gleich mehrere sehen.«
Irgendwie schien er den Ball komplett vergessen zu haben.
»Eden!«, rief Connor mit schneidender Stimme. »Ich war zuerst da. Mit Megan!« Er war so empört, wie ich ihn selten erlebt hatte.
»Ach, komm schon, Connor!«, sagte ich fröhlich. »Du kannst immer durch das Teleskop schauen. Heute Abend darf ich mal!«
»Weil du ja immer so viel Interesse für Astronomie gezeigt hast, nicht wahr?«, stichelte Connor. »Was willst du wirklich, Eden? Stören? Um jeden Preis?« Er war laut geworden.
»Komm, lass es, Connor!« Megan nahm ihn am Arm. »Ist doch egal. Wir können ja ein andermal schauen, okay?«
Doch Connor schien die Idee, das Teleskop mit mir teilen zu müssen, alles andere als okay zu finden – sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Ich musste irgendwie vorpreschen. Und zwar mit einem Friedensangebot. Alles andere war zu heikel.
»Was ist dein Lieblingsstern?«, fragte ich Connor, obwohl ich die Antwort bereits kannte.
»Algol. Der Teufelsstern.« Connor klang unwillig, aber immerhin antwortete er mir.
Ich schielte auf meine Uhr. Fünf vor elf. Noch fünf Minuten bis zum Ende des Abschlussballs. Noch fünf Minuten, bis sich das Zeitfenster schließen und Eden Algol umrundet haben würde.
»Der Ball ist
Weitere Kostenlose Bücher