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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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Umständen näher beschreiben. »Beidrehen« ist eine Maßnahme, zu der man zu verschiedenen Zwecken und auf verschiedene Art seine Zuflucht nimmt. Bei leidlichem Wetter handelt es sich oft nur darum, das Schiff aufzuhalten, etwa um auf ein anderes Schiff zu warten oder zu ähnlichem Zweck. Fährt das Schiff mit vollen Segeln, so pflegt man einen Teil der Segel zu brassen, so daß sie der Wind back legt und das Schiff stehenbleibt. Aber gegenwärtig handelt es sich um das Beidrehen während eines Sturmes. Das geschieht, wenn der Wind voraus ist und seine Heftigkeit eine größere Segellast nicht ohne Gefahr des Kenterns gestattet; manchmal sogar bei gutem Wind, wenn die See zu hoch geht. Läßt man ein Schiff bei stark bewegter See vor dem Wind treiben, so kann es leicht zuviel Wasser über das Heck bekommen, zuweilen auch durch das starke Tauchen des Vorderteils. Dieses Manöver wird daher nur im Notfall angewendet. Leckt das Schiff, so läßt man es oft in der ärgsten See vor dem Wind treiben, denn es könnten sonst seine Fugen durch den lebhaften Widerstand erweitert werden, und da ist das Treibenlassen immer noch ratsamer. Häufig wird‘s auch nötig, ein Schiff treiben zu lassen, wenn entweder der Sturm so entsetzlich ist, daß er die Segel zerreißen würde, oder wenn infolge von Fehlern in der Konstruktion oder aus anderen Gründen der Bug des Schiffes nicht gegen den Wind gerichtet werden kann.
    Schiffe, die sich in einem Sturm befinden, werden je nach ihrem Bau auf verschiedene Art beigedreht. Manche liegen am besten unter Focksegel; es wird, glaube ich, am häufigsten benutzt. Große, mit Rahen getakelte Schiffe haben zu jenem Zwecke besondere Sturmsegel. Manchmal wird der Klüver allein angewendet, manchmal Klüver und Focksegel oder ein doppelt gerefftes Focksegel, nicht selten gebraucht man auch die Achtersegel. Am brauchbarsten erweist sich häufig das Fockmarssegel. Der »Grampus« drehte gewöhnlich unter gerefftem Focksegel bei.
    Soll ein Schiff beidrehen, so bringt man den Bug gewöhnlich so nahe an den Wind, daß er die Segel füllt, wenn sie diagonal über dem Schiffskörper liegen. Nun wendet sich der Bug wenige Grade von der Windrichtung, und die dem Sturm zugewendete Seite des Bugs empfängt den Anprall der Wogen. In dieser Stellung kann ein tüchtiges Schiff einen sehr schweren Sturm aushalten, ohne einen Tropfen Wasser zu bekommen und ohne daß die Mannschaft sich weiter darum zu kümmern braucht. Das Ruder wird gewöhnlich befestigt, aber das ist, abgesehen von dem Lärm, den das lose Ruder verursacht, vollkommen überflüssig, denn wenn es beigedreht ist, hat es keinen Einfluß auf das Schiff. Es ist sogar besser, wenn man das Ruder nicht allzu fest anbindet, denn eine schwere See kann es leicht abbrechen, sobald es keinen Spielraum hat. Solange das Segel hält, bleibt ein gut gebautes Schiff in seiner Lage und trotzt, als wäre es ein lebendiges und vernünftiges Geschöpf, jeglichem Andrang der Wellen. Sollte aber der Wind in seiner Heftigkeit das Segel zerreißen (unter gewöhnlichen Verhältnissen gehört dazu ein wahrer Orkan), dann ist unmittelbare Gefahr vorhanden. Das Schiff fällt vom Winde ab und kehrt der See die Flanke zu; dann ist es ihr auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert; die einzige Hilfe besteht dann darin, daß man es ruhig vom Winde treiben läßt, bis es möglich ist, ein anderes Segel zu setzen. Manche Schiffe können überhaupt nicht beidrehen; solche darf man dem Meer niemals anvertrauen.
    Nun war es dem Maat nie eingefallen, unter den geschilderten Umständen eine Wache aufs Deck zu stellen; daß er es jetzt tat, daß ferner die Äxte und Hebebäume fehlten, überzeugte uns völlig von der Wachsamkeit der Mannschaft und der Unmöglichkeit, den Petersschen Anschlag auszuführen. Etwas aber mußte geschehen, und das mit so wenig Verzug als möglich, da nicht daran zu zweifeln war, daß Peters, einmal im Verdacht, bei der ersten Gelegenheit beiseite geschafft würde, und eine solche würde nach dem Abflauen des Sturmes entweder gefunden oder hervorgerufen werden.
    Augustus schlug nun vor, daß Peters unter irgendwelchem Vorwand das Kettenkabel von der Falltür entfernen sollte, worauf wir vielleicht einen unerwarteten Angriff vom Kielraum her unternehmen könnten; aber nach kurzem Nachdenken mußten wir uns sagen, daß die stampfende und stoßende Bewegung des Schiffes einen solchen Versuch vollkommen aussichtslos mache.
    Es war eine glückliche Eingebung, daß mir

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