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Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Titel: Edgar und die Schattenkatzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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und ausdauernd. Schließlich erschien ihm das Loch groß und tief genug, und er legte die Schaufel zur Seite.
    »Mach’s gut, kleine Katze!«, sagte er, während er das Zeitungspaket mit dem Katzenleichnam sanft in die Grube bettete. »Du warst sehr tapfer und hast nicht verdient, einen solchen Tod zu sterben. Wir werden immer an dich denken.«
    Einige Katzen miauten zustimmend. Der Mann holte eine Mundharmonika aus seiner Jackentasche und spielte eine kleine Melodie.
    Edgar spürte ein Kribbeln im Bauch. Die Töne lösten verschiedene Gefühle in ihm aus. Anfangs stimmten sie ihn traurig, aber dann ergriff ihn eine eigenartige Ruhe. Zum Schluss wurde er fast fröhlich, denn die Töne tanzten munter auf und ab – wie eine Schar gaukelnder Schmetterlinge.
    Schließlich nahm der Mann die Mundharmonika von seinen Lippen, klopfte sie aus und steckte sie wieder in die Jackentasche. Dann griff er nach der Schaufel und begann, die Grube zuzuschütten. Ein kleiner Hügel entstand über dem Grab, das nun so aussah wie die vielen anderen Gräber ringsum. Nur der Stein fehlte noch. Der Mann sah sich um, ging zur verfallenen Friedhofsmauer und brach einen Stein heraus. Er trug ihn zum Grab und zeichnete mit weißer Kreide ein großes Herz darauf.
    »So, fertig«, meinte er zufrieden und blieb einen Moment stehen, um das neue Grab zu betrachten. Danach nahm er seine Schaufel und verließ den alten Friedhof. Ein paar Katzen folgten ihm, die meisten aber blieben noch da. Es hatten sich inzwischen einige kleine Gruppen gebildet, in denen heftig diskutiert wurde.
    »Willst du noch bleiben, Edgar?«, fragte Algernon.
    »Ich würde lieber gehen«, gestand Edgar. »Dieser Ort macht mich traurig. All die toten Katzen …«
    »Gut. Wir wollten doch sowieso zu Leyla«, antwortete Algernon. »Schleichen wir uns von dannen. Komm, Kleiner. Lass den Kopf nicht hängen. Das hast du übrigens klasse gemacht mit dem Schlächter. Hätte ich dir nicht zugetraut. Du hast es echt drauf!«
    »Danke«, murmelte Edgar, aber er konnte sich gar nicht so recht über das Lob freuen. Zu viele Dinge spukten ihm im Kopf herum. Die Vielzahl der Katzengräber war außerdem deprimierend. Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, wann er oder Algernon hier liegen würden. Sie hatten zwar diesmal dem Schlächter widerstanden, aber das war pures Glück gewesen. Sie konnten nicht erwarten, dass es bei der nächsten Begegnung genauso gut ausgehen würde.
    Der Schlächter war so groß und unheimlich gewesen … Edgar erinnerte sich mit Schaudern. Ob überhaupt jemand mächtig genug war, ihm das Handwerk zu legen?
    Algernon schien nicht von solchen Gedanken gequält zu werden, er plapperte unterwegs pausenlos.
    »Mann, der Schreck ist mir ganz schön auf den Magen geschlagen! Ich habe jetzt einen Riesenhunger. Du auch?« Er wartete Edgars Antwort gar nicht erst ab. »Was gäbe ich jetzt für das leckere Hühnchen, das wir gestern gefunden haben. Aber so einen Fund werden wir heute bestimmt nicht machen … Wenn wir in den Park zurückgehen, fange ich mir vielleicht eine Nachtigall oder ein anderes leckeres Vögelchen … Meisen sind sehr zart …«
    »Ich will nicht in den Park zurück«, erwiderte Edgar. »Und außerdem wäre es unfair, einen dieser Vögel zu fressen. Sie haben immerhin den Mann herbeigerufen, damit der Leichnam ein ordentliches Begräbnis erhält. Solange der Schlächter in London weiterhin Katzen ermordet, sind Singvögel für mich tabu.«
    »Okay, okay, reg dich ab«, meinte Algernon. »Dann halten wir uns eben an Fische oder an Mäuse und Ratten. Sogar einen Maulwurf würde ich nehmen, ich bin nicht so wählerisch wie du.« Er grinste und trabte los. Edgar folgte ihm.
    Die Stadt kam dem kleinen Kater riesig vor. Es war wieder sehr laut – das Rattern der eisenbeschlagenen Holzräder auf dem Pflaster, die Rufe der Verkäufer, die Kunden anzulocken versuchten, die Glocken, mit denen fahrende Händler auf sich aufmerksam machten … Die Geräusche drangen in Edgars Kopf und füllten ihn aus, bis er das Gefühl hatte, sein Schädel würde gleich platzen. Ob er sich je an den Lärm gewöhnen würde?
    In manchen Gassen war es ruhiger, dafür waren sie voller Unrat und stanken. Der Gestank war fast so schlimm wie der Lärm. Edgar nieste ein paarmal, ihm wurde übel und er sehnte sich nach Emmas ruhiger Wohnung zurück, in der es meistens sehr angenehm gerochen hatte – nämlich nach Emma.
    »Wo bleibst du, Ed?«, schrie Algernon, als Edgar

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