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Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Titel: Edgar und die Schattenkatzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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Berge.«
    Belinda starrte ihn bewundernd an. »Du bist ja ein richtiger Held!«
    Edgar ärgerte sich ein wenig, weil Algernon so angab. Außerdem hatte er gelogen und nicht erwähnt, dass er, Edgar, den Schlächter abgelenkt hatte, sodass Algernon fliehen konnte …
    »Trotzdem verstehe ich nicht, wie der Schlächter jemanden zum Diener machen kann, indem er die Seele frisst«, meinte Algernon nachdenklich. Das Thema schien ihn zu beschäftigen. »Der Leib ist tot und rührt sich nicht mehr. Er kann nichts mehr tun. Auch nicht dienen. Hm.«
    »Ob er aus Spaß tötet? Aus reiner Boshaftigkeit?«, fragte Belinda. »Denn offenbar tötet der Schlächter ja nicht aus Hunger.«
    »Oder ihm schmecken nur die Seelen«, versuchte Algernon zu scherzen. »Wobei ich noch nie gehört habe, dass man von Seelen satt wird. Wie sieht so eine Seele eigentlich aus? Hab noch keine gesehen …«
    »Ich auch nicht«, pflichtete ihm Belinda bei.
    »Vielleicht gibt’s gar keine«, mischte sich eine dreifarbige Katze ein, die noch sehr jung war. Sie hatte das Gespräch gehört.
    »Es muss eine Katzenseele geben, sonst hätten wir keine neun Leben«, widersprach ein grauer Kater. »Ich bin schon sieben Mal dem Tod begegnet und lebe noch immer. Ohne Seele wäre das nicht möglich … Ich frage mich, warum keine Katze die Begegnung mit dem Schlächter überlebt … Er kann sich doch nicht nur Katzen aussuchen, die nur noch ein einziges Leben haben, oder?«
    »Ich habe überlebt«, sagte Algernon stolz.
    »Aber so, wie ich dich verstanden habe, hat dich der Schlächter auch gar nicht ernsthaft angegriffen«, meinte der Graue.
    Algernon schwieg beleidigt.
    »Wie viele Leben hast du noch?«, fragte der Graue.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Algernon knapp. »Ein paar.«
    »Hast du den Mann mit der Sense gesehen, nach deiner Begegnung mit dem Schlächter?«
    »Nein.«
    »Es bleibt ein großes Rätsel, was der Schlächter treibt«, stellte der Graue fest. »Entweder ist er verrückt und in seinem Kopf herrscht Chaos, oder er verfolgt mit seinen Morden einen bestimmten Zweck, der sich für uns noch nicht erschlossen hat.«
    »Der sich für uns noch nicht erschlossen hat« , ahmte Algernon die Sprechweise des Grauen nach, allerdings so leise, dass nur Edgar es hören konnte. »Er glaubt, wir sind zu blöd, um zu kapieren, warum der Schlächter eine Katze nach der anderen umbringt.«
    »Na ja, wir wissen es ja auch nicht«, gab Edgar zu.
    »Ich kann dir sagen, warum er es tut«, behauptete Algernon. »Er will Angst und Schrecken verbreiten. Terror. Er will mit seinen schrecklichen Taten berühmt werden und erreichen, dass jeder von ihm redet. Und das ist ihm auch schon gelungen.«
    »Hm«, machte Edgar. »Und warum wollte er deine Seele fressen? Was geschieht mit den Katzenseelen im Bauch des Schlächters? Verlängern sie vielleicht sein Leben?«
    Algernon hielt in der Bewegung inne und starrte Edgar verwundert an. »He, Kleiner, das ist mal eine Idee. Gar nicht so schlecht. Er frisst mit unserer Seele die Leben, die wir eigentlich noch haben.«
    Die Katzen in unmittelbarer Nähe, die zugehört hatten, waren beeindruckt.
    »Ob er dadurch unsterblich wird?«, fragte der Graue.
    »Vielleicht«, erwiderte Edgar und spürte, wie er eine Gänsehaut bekam.
    Die Katzen raunten untereinander. Das Thema schien sie sehr zu beschäftigen.
    Inzwischen hatte der alte Mann ein schmiedeeisernes Tor erreicht. Die Angeln quietschten, als er die Flügel öffnete und hindurchging.
    Vor den Katzen lag ein alter Friedhof. Er schien schon lange nicht mehr benutzt zu werden, denn viele Grabsteine standen schief und die Holzkreuze waren vermodert oder zerbrochen. Unkraut wucherte auf den Erdhügeln. Einige Raben hatten sich auf der Friedhofsmauer niedergelassen und flatterten hoch, um krächzend über dem Gelände zu kreisen.
    Der Alte durchquerte den Friedhof, bis er zu einem Stück kam, das anders aussah als der Rest. Hier gab es viele kleine Erdhügel. Sie waren zum Teil noch sehr frisch. Auf jedem Erdhügel lag ein Stein, auf dem mit Kreide ein Symbol gezeichnet war – entweder ein Herz oder eine Sonne. Der Mann legte das Zeitungsbündel mit der toten Katze behutsam auf dem Boden ab, packte die Schaufel und stieß sie fest in die Erde, um ein neues Katzengrab auszuheben.
    Die Katzen umringten ihn und sahen ihm bei der Arbeit zu. Allmählich wurde die Grube tiefer, während sich daneben die lockere Erde zu einem kleinen Hügel türmte. Der Mann arbeitete schweigend

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