Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
und Fay verteidigen konnte. Die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage bedrückte ihn furchtbar.
»Es hat gar keinen Zweck« sagte er, »wir müssen damit rechnen, daß wir hier jahrelang eingesperrt werden.«
»Der Gedanke würde mich trösten« antwortete sie. »Aber hast du noch niemals daran gedacht, was geschieht, wenn der Alte plötzlich stirbt?« Sie schauderte.
»Um Himmels willen, gib dich doch nicht so fürchterlichen Gedanken hin!« rief er nervös. »Du glaubst doch nicht – daß wir hier verhungern müssen?«
»Julius, ist es denn nicht möglich, die Tür aufzubrechen?«
»Keins der Möbelstücke ist schwer genug, es ist auch nichts anderes da, womit man die Tür einschlagen könnte.«
Sie biß sich nachdenklich auf die Lippen.
»Ich wünschte nur, der alte Teufel käme noch einmal hier herunter. Ich müßte eigentlich eine Dusche haben.«
»Was willst du haben?« fragte er ungläubig.
»Eine Dusche« sagte sie ruhig. »Das ist nun einmal eine meiner Schrullen.«
Abel Bellamy war immer noch an der Arbeit, wie sie aus dem andauernden Hämmern unten hören konnten. Plötzlich ging Fay zu der Öffnung und kroch so dicht wie möglich an das eiserne Gitter. Sie konnte aber nicht hindurchsehen, die Öffnung war mit einem Sack verhängt.
»Bellamy!« rief sie, und nach einer Weile hörte er sie auch.
»Was wollen Sie denn?« fragte er und hörte auf zu hämmern.
»Wenn Sie uns hier gefangenhalten wollen, dann können Sie es uns doch wenigstens behaglich machen« sagte Fay kühl, als er den Sack wegzog und sie anstarrte.
»Im Gefängnis haben Sie es nicht so komfortabel gehabt, junge Frau. Was wollen Sie denn?«
»Ich mochte eine Dusche haben. Diese Vollbäder bekommen meiner zarten Konstitution nicht.«
»Was wollen Sie?« brüllte er und brach in ein schallendes Gelächter aus. Sein Gesicht wurde rot, und sie betrachtete ihn furchtsam. Aber er beherrschte sich sofort wieder.
»Vielleicht soll ich Ihnen auch ein Boudoir einrichten? Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich Ihnen eine Dusche anbringen werde?«
»Ich will gar nicht, daß Sie irgend etwas anbringen, ich will auch nicht, daß Sie hereinkommen, weil Sie Manieren wie ein Schwein haben« sagte Fay offen. »Ich will nur einen Gummischlauch haben, um ihn am Wasserhahn anbringen zu können.«
Er brummte etwas vor sich hin und ließ den Sack wieder herunterfallen. Nach einer halben Stunde hörte sie, daß er ihren Namen rief und lief zu der Öffnung. Er schob einen roten Gummischlauch hindurch.
»Der ist vielleicht etwas zu lang, Sie können ihn ja abschneiden. Wenn Sie aber denken, er wäre zu gebrauchen, um mir damit ins Gesicht zu spritzen, wenn ich hereinkomme, damit ich nichts sehen kann – dann sollen Sie einmal etwas erleben!«
Triumphierend nahm sie den Schlauch in Empfang.
»Wozu brauchst du ihn denn?« fragte Julius leise, aber sie legte nur ihren Finger an die Lippen und sah ihn bedeutungsvoll an.
Als am Abend alles ruhig war, schob sie den Schlauch über eine der Gaslampen. Der Schlauch war zu weit, sie suchte einen Bindfaden und band ihn dicht an den Hahn. In das andere Ende steckte sie die Spitze, die sie von dem Brenner genommen hatte, und machte auch dieses durch Umwickeln mit Bindfaden dicht. Der Sicherheit halber strich sie noch Seife herum. Als sie damit fertig war, drehte sie den Gashahn auf und steckte vorne den Brenner an. Eine lange Stichflamme schoß heraus. Sie brachte sie an die Türe in die Gegend des Schlosses. Der Schlauch war gerade lang genug, das Holzwerk begann zu rauchen und verkohlte langsam.
»Hole Wasser« flüsterte Fay. »Wir müssen das Feuer auslöschen, sobald helle Flammen herausschlagen.«
So arbeiteten sie die ganze Nacht zusammen. Der Raum unten war von beißendem Rauch erfüllt. Um drei Uhr morgens konnte Julius die Türe endlich aufbrechen. Polternd fiel das Schloß heraus.
Sie waren vollständig erschöpft, ihre Gesichter waren schwarz vom Rauch, ihre Augen schmerzten fürchterlich, und sie husteten. Fay ging durch die Tür in den Raum unter der Bibliothek und lehnte sich an die Wand. Sie atmete schwer – nun blieb nur noch die Tür unter dem Schreibtisch Bellamys. Sie sah wohl ein, daß dies eine viel schwierigere Aufgabe war, als die Holztür. Wie schwer es sein würde, konnte sie nur vermuten, denn sie besann sich nicht auf alle Einzelheiten, als sie damals hindurchgegangen waren.
Durch die offene Tür fiel das Gaslicht aus ihrem Wohnzimmer in diesen Raum. Sie stiegen die Treppe in
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