Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
bevor er seine Pistole ziehen konnte, wurde er von starken Händen ergriffen. Er wußte gleich, daß es Bellamy war.
»Ich freue mich, Sie hier zu sehen, Captain Featherstone« hörte er seine sarkastische Stimme dicht an seinem Ohr. »Sie sind wohl zu meiner Beerdigung gekommen? Nun, wir werden ja auch ein Begräbnis haben, aber es ist nicht meines!«
Bellamy hielt Jim fest, so daß er sich nicht rühren konnte.
»Sie kommen gerade zur rechten Zeit« sagte er vergnügt. »Nun müssen Sie einmal ein wenig mitkommen!«
Bellamys Stärke war unglaublich, es wäre Wahnsinn gewesen, sich gegen ihn zu wehren. Ein Schlag dieser großen Faust hätte genügt, ihn zu Boden zu strecken, und dann hätte er kaum noch Gelegenheit gehabt, zu entkommen.
»Das ist Ihre frechste Tat, Bellamy, ich glaube nicht, daß Sie jetzt noch ein anderes Verbrechen begehen können« sagte Jim ruhig, während er neben dem Alten den Gang entlangschritt, der hinter dem Speisezimmer zu der gewölbten Halle führte, von wo aus man in die unterirdischen Kerker kam.
»Es wird vielleicht auch mein letztes Verbrechen sein« stimmte Bellamy zu. »Daß ich Sie einfach gefangennehme, muß Ihnen doch schon sagen, was ich beabsichtige. Dies ist mein letzter Mord und der wird grandios werden!«
Jim sah das Eisengitter nicht, als er die Treppe hinuntergebracht wurde. Er war davon überzeugt, daß der Alte ihn zu den tiefer gelegenen Zellen bringen würde, wo er seine schlimmsten Feinde einkerkern wollte. Er war deshalb überrascht, als Bellamy mit einem kurzen Griff ihm die Pistole aus der Tasche zog, als sie erst an dem Fuß der Treppe angekommen waren. Bellamy ließ ihn dann los.
»Ich werde Sie hier im Dunkeln lassen.«
Er nahm die brennende Laterne, die offenbar für Jims Ankunft hierhergestellt worden war.
»Ich bin neulich in der Stadt gewesen, Featherstone« sagte Bellamy plötzlich. »Sie werden es auch wissen, denn zwei Ihrer Beamten haben mich die ganze Zeit verfolgt. Ich habe meinen Arzt aufgesucht. Er sagt, daß ich Arterienverkalkung im höchsten Grade habe und jeden Augenblick am Schlag sterben kann. Das hat mich natürlich sehr interessiert, denn ich hatte mir noch so manches vorgenommen, bevor es mit mir zu Ende ist. Und einer meiner Pläne war, Sie hier gefangen zu setzen. Dieser Savini« fuhr er in Gedanken fort, »hat hier zuviel gelesen. Und eines der Bücher war Geschichte. In den alten Tagen, wenn ein großer König auszog, pflegte man eine Schar seiner Söldner zu opfern – es machte ihm den Tod ein wenig leichter, zu wissen, daß andere denselben Weg gehen mußten. Und dasselbe ereignet sich nun für mich, Featherstone.«
Er nahm seine Laterne auf und schwang sie im Rhythmus hin und her, als ob er sie im Takt mit einer unhörbaren Melodie hielte, die ihm durch den Sinn ging.
»Und es ereignet sich auch für Sie, mein Junge« sagte er.
Halb auf der Treppe wandte er sich noch einmal um und sah zurück.
»Wenn Sie etwas wünschen –« er zeigte auf die Mauer – »Sie werden Savini dort finden. Sie brauchen nur nach ihm zu klingeln. Gute Nacht!«
Er war so höflich, als ob er sich von einem ehrbaren Gast verabschiedete. Aber als er das Gitter mit einem Krachen fallen ließ und mit dem Vorhängeschloß sicherte, lag ein Lächeln auf seinem Gesicht, das glücklicherweise niemand sah, denn es machte ihn noch weniger anziehend als sonst.
Sen wartete in der Halle.
»Nimm das Auto dieses Mannes, Sen, fahre es bis zur Brücke, ungefähr drei Meilen von hier. Dort läuft ein Pfad entlang, du hast ihn gesehen?« Sen nickte. »Fahre direkt ins Wasser. Du kannst zu Fuß zurückgehen oder dein Rad auf dem Wagen mitnehmen, das wird leichter sein.«
Er sah nach der Uhr, es war ungefähr fünf.
»Es sind noch zwei Stunden bis Tagesgrauen« stellte er mit Genugtuung fest und ging zu seinem Zimmer zurück, wo jemand auf ihn wartete.
Featherstone hörte, wie die eiserne Gittertür oben zuschlug und vermutete, warum er hier gefangengesetzt worden war. Als er allein war, untersuchte er zunächst sorgfältig alle seine Taschen. Er fand nur seine Pfeife und wenn er sein Taschenmesser nicht mitrechnen wollte, so war er vollständig ohne Waffen. Seine Gefängniszelle lag in vollkommener Dunkelheit, und es war ihm unmöglich, die Hand vor den Augen zu sehen. Die einzige Lichtquelle, über die er verfügte, war das Zifferblatt seiner Armbanduhr, das so hell leuchtete, als ob die Zahlen mit Feuerschrift geschrieben wären.
Er tastete sich
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