Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
schließlich.
Sie nickte. Ihre Lippen zitterten.
»Ich weiß es gewiß« sagte sie schwer atmend.
»Glauben Sie auch, daß er weiß, wo sie ist?«
»Ganz sicher. – Ich dachte, sie wäre in der Burg, Sie können sich nicht denken, was für phantastische Träume ich hatte, daß ich sie finden würde.«
»Sie haben mit dem alten Bellamy gesprochen. Erzählen Sie mir doch alles.« Als sie ihm dann einen genauen Bericht ihrer Unterredung gegeben hatte, nickte er. »Sie haben einen unerschütterlichen Glauben, aber ich möchte Ihre Hoffnung nicht bestärken, Miss Howett –«
»Sie haben mich neulich Valerie genannt. Wenn es auch ein Versehen von Ihnen war ähnlich wie das Bellamys, so möchte ich Sie doch bitten, mich Valerie zu nennen. Vielleicht werde ich Sie auch mit Ihrem Vornamen anreden, wenn ich Sie besser kenne. Heißen Sie nicht William?«
»Mein Name ist Jim« sagte er feierlich. Trotz ihres Kummers fühlte sie eine heimliche Befriedigung, als sie sah, daß er rot wurde. »Sie wissen, daß ich Jim heiße. Valerie, Sie werden nicht mehr in Bellamys Burg gehen oder irgend etwas Unbesonnenes tun, das Sie in Gefahr bringt.«
»Sie sagten eben, daß Sie meine Hoffnungen nicht bestärken wollten, aber Sie beendeten den Satz nicht.«
»Ich wollte sagen, daß ich auch eine ganz geringe Hoffnung habe, und daß ich das tue, wovor ich Sie gewarnt habe: Ich baue meine Hoffnung auf ein sehr wenig haltbares Fundament auf. Aber in ein oder zwei Tagen kann ich Ihnen sagen, ob ich dazu berechtigt bin. Haben Sie übrigens noch den alten Plan der Burg? Würden Sie ihn mir überlassen? Ich glaube, ich kann ihn besser gebrauchen als Sie« meinte er halb lächelnd.
Sie begleitete ihn bis zur Haustür.
»Sie müssen sich jetzt ruhig Verhalten« sagte er warnend.
Sie nickte im Dunkeln, aber es war doch hell genug, daß er ihr Gesicht sehen konnte.
»Gute Nacht« sagte er und hielt ihre Hand einen Augenblick länger, als es notwendig war.
»Gute Nacht – Jim!«
James Lamotte Featherstone kehrte in einer glücklichen Stimmung in das Dorf zurück, und sein Herz war noch leichter als seine Schritte.
31
J ulius Savini fühlte sich nicht sehr wohl. Die Quelle seiner außerordentlichen Einnahmen war plötzlich versiegt. Aber er liebte Fay, die ja teilweise daran schuld war, zu sehr, als daß er ihr auf die Dauer böse sein konnte. Als beweglicher Mann sah er sich sofort nach einer neuen Einnahmequelle um und schwankte zwischen Valerie Howett und Bellamy selbst. Aus Abel Geld herauszubringen war ein schwieriges Unternehmen, wie er sich selbst eingestand. Aber unter gewissen Umständen mußte es doch möglich sein. Wenn er zum Beispiel hinter eins der Geheimnisse käme, könnte ihm das vielleicht eine Rente einbringen, ähnlich der, die Coldharbour Smith regelmäßig erhielt.
Er war nun schon länger als ein Jahr in den Diensten dieses Amerikaners, ohne auch nur das geringste Geheimnis zu entdecken, das auch nur einige Groschen wert gewesen wäre. Und es wurde immer schwerer, ihm nachzuforschen. Das Auftreten des Grünen Bogenschützen hatte zur Folge, daß die wachsamen Polizeihunde angeschafft wurden, die ihn daran hinderten, nachts Nachforschungen in Bellamys Akten anzustellen, und am Tage fand sich überhaupt keine Gelegenheit dazu. Früher oder später mußte er diese Stelle doch aufgeben und eine weniger aufreibende Beschäftigung in einem anderen Lande suchen. Aber obgleich Bellamy sein bares Geld im Hause hinter Stahltüren aufbewahrte, gab es doch auch noch andere Wege.
Als kluger Geschäftsmann hatte Julius das Monatsgeld seiner Frau stark heruntergesetzt und ihr auch erklärt, warum dies notwendig war. Als Antwort hierauf hatte sie sofort verlangt, daß er zur Stadt zurückkehren sollte. Ihr Bruder hatte sich nun doch einer Bande angeschlossen, die auf den Schiffen arbeitete, die über den Atlantischen Ozean fuhren. Dort fand sich sicher auch Gelegenheit für einen Mann von Julius’ Fähigkeiten. Aber er war nur einen kurzen Augenblick versucht, seinen Posten aufzugeben. Das Wagnis war nicht allzugroß, dafür waren aber auch die Einnahmen gering. Seiner Meinung nach durfte er nicht so kleinen Verdiensten nachjagen. In seiner jetzigen Stellung konnte er unter Umständen viel Geld machen, selbst wenn das Risiko verhältnismäßig groß war.
Er hatte damals nur die Wahrheit gesagt, als er erklärte, daß er unter gewissen Umständen für einen vorzeitigen Tod Abel Bellamys sorgen würde. Hätte er nur die
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