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Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Titel: Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Obwohl es dunkel war, fand er den Weg zu einem Seitentisch und setzte die Speisen dort nieder. Dann entzündete er ein Streichholz und steckte die Gaslampen an. Am hinteren Ende des Raumes befand sich eine Tür, die er aufriegelte und aufstieß.
    Er war jetzt außerhalb der Burgmauern. Die Tür, durch die er schritt, führte durch die Fundamentmauern, die an dieser Stelle so stark waren, daß er durch einen kleinen Tunnel zu gehen schien. Auf der anderen Seite lag ein großes Zimmer, dem sich noch zwei kleinere angliederten. Sechs Gasarme, über die schöne, opalfarbene Glasglocken gesetzt waren, beleuchteten sie.
    Es war der merkwürdigste Raum im ganzen Schloß. Das schwere steinerne Gewölbe ruhte auf massiven Pfeilern, das Innere war luxuriös ausgestattet. Herrliche Teppiche bedeckten den Steinboden und echte Gobelins hingen an den Wänden. Mehrere bequeme Sessel standen umher, auf denen weiche Kissen lagen, und auf einem schmalen Seitentisch erhob sich eine große silberne Vase mit einigen Blumen. Jedes Möbelstück, das man hier sah, hatte Bellamy selbst hergebracht.
    Er schaute sich um – das Zimmer war leer. Er ging zu einer der Türen, öffnete sie und kam in eine kleine, vollständig eingerichtete Küche. Auf der anderen Seite war durch eine offene Tür ein schmaler Baderaum zu sehen. Brummend ging er zu dem Hauptraum zurück.
    »Elaine!« rief er mit lauter Stimme.
    Eine Frau kam langsam aus dem dritten Zimmer. Sie trug ein weites, dunkles Kleid, und ihre Bewegungen waren langsam und teilnahmlos.
    »Hier ist das Essen« sagte Bellamy. »Hast du wohl jemals bedacht, was passieren würde, wenn ich dich vergesse? Nimm doch einmal an, ich würde tot umfallen!« Er schüttelte sich vor Lachen bei dem Gedanken. »Wer würde dich dann hier auffinden? Dann müßtest du hier unten verhungern, Elaine. Nach Hunderten von Jahren, vielleicht nach tausenden würde man dich hier ausgraben und dich für irgendeine gefangene Königin halten, wie?«
    Sie hatte diese Reden schon so oft gehört, daß sie nicht mehr darauf achtete. Sie schob nur einen Stuhl an den Tisch und setzte sich. Er beobachtete sie, als sie mechanisch einige Bissen zu sich nahm. Acht Jahre Gefangenschaft waren auf der durchsichtigen Blässe ihres Gesichts zu lesen.
    Aber all diese Qualen, all diese Demütigungen, die sie täglich durchmachen mußte, die Beleidigungen und die höhnenden Reden des brutalen Bellamy hatten sie geistig nicht vollkommen gebrochen und auch die Schönheit ihres Gesichtes nicht zerstört. Man hatte sie für eine Frau von dreißig Jahren halten können, nur ihre grauen Haare verrieten, daß sie älter war.
    Bellamy hatte sich mit verschränkten Armen an einen Pfeiler gelehnt und schaute auf sie herab.
    »Ich habe heute Valerie gesehen, Elaine Held. Sie hätte dir sicher liebevolle Grüße geschickt, wenn sie von diesem Aufenthalt wüßte. In einem Monat wird sie eine glückliche Braut sein. Kannst du dich auf Coldharbour Smith besinnen?«
    Zum erstenmal sah die Frau auf.
    »Ich glaube dir nicht, wenn du erzählst, du hättest Valerie gesehen oder sie sei irgendwo in der Nähe. Das lügst du mir vor. Alles, was du mir früher gesagt hast, waren Lügen.«
    »Kennst du Coldharbour Smith?« fragte er zum zweitenmal.
    Sie antwortete nicht, aber ihre Hand, die das Glas zum Munde führte, zitterte.
    »Es wäre besser, wenn du dich an ihn erinnern könntest« sagte er dann, und seine Stimme wurde drohend und laut. »Du wirst ihn bald wiedersehen! Es schleicht hier irgendein Polizeispitzel um die Burg herum. Als du neulich einen Anfall hattest und schriest, hörte er es – er stand gerade über dir und hörte dich schreien.« Das Echo seines dröhnenden Gelächters schallte dumpf in dem gewölbten Zimmer wieder. »Ein schlauer Bursche! Er maß die Temperatur der Erde und hat doch richtig deine Küche herausgefunden. Seine Vermutungen waren richtig, aber ich habe ihn an der Nase herumgeführt!«
    Sie antwortete noch immer nicht, aber er war so gewöhnt an dieses Schweigen, daß er sich nicht mehr darüber ärgerte.
    »Valerie ist recht hübsch geworden, sie ist wie Elaine Held in ihrer Jugend. – Dieselben Augen, dasselbe Haar und derselbe verdammte Eigensinn. Sie wird in einem Monat heiraten.«
    Sie stand seufzend auf und schaute ihm ruhig und gerade in die Augen.
    »Ich gedenke Valeries als einer Toten.«
    »Du bist eben verrückt und bist immer verrückt gewesen. Damals hattest du eine große Chance, als ich dich heiraten wollte.

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