EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Verantwortungsbuch ihre Erfahrungen. Darin können sie einen Brief schreiben, das wichtigste Wort der Woche notieren, einen Comic zeichnen, ein Stimmungsbild malen, festhalten, was ihnen am wichtigsten erscheint. Nach dem ersten Jahr sollen die Kinder ihren Verantwortungsbereich vergrößern, indem sie den Einsatzort wechseln oder noch mehr eigenständig gestalten. Am Ende jeden Jahres feiern wir ein Verantwortungsfest mit allen Jugendlichen, ihren Eltern und den Partnern, bei dem besondere Projekte vorgestellt und besonderes Engagement öffentlich gewürdigt wird. Alle bekommen ein Zertifikat, in dem bescheinigt wird, wofür und in welcher Intensität sie Verantwortung übernommen und welche Kompetenzen sie erworben haben.
Ich möchte gerne den Kindern Mut geben, an sich selbst zu glauben und nicht an sich zu zweifeln. Das möchte ich noch hinbekommen.
Memmet, 8. Klasse, Projekt Hausaufgabenhilfe im Flüchtlingsheim
Sarah beispielsweise wurde ausgezeichnet, weil sie, zusätzlich zu ihrem Projekt Verantwortung in einem Kindergarten, im Reitverein in der Reittherapiegruppe für Behinderte mithalf. »Das ist ihr Berufswunsch, und sie hat da wirklich ein Händchen dafür«, sagt ihre Mutter Karin Benkmann stolz. Weil der Kurs um 18 Uhr stattfindet, fährt Sarah, die inzwischen in der 10. Klasse ist, immer noch jeden Montag direkt nach der Schule in den Verein und ist erst nach 20 Uhr wieder zu Hause. »Montag ist wirklich ein harter Tag. Aber die Therapeutin ist ganz begeistert von ihrer besonderen Art, mit den Patienten und den Pferden umzugehen.«
Für unsere Koordinatorin Ariane Konetzka ist eine solche dauer hafte Motivation ein wichtiges Ziel des Projekts Verantwortung: »In einem weiteren Schritt geht es darum zu sehen, was für schöne Momente daraus längerfristig entstehen können. Das ist natürlich ein Ziel, das weit über die Schule hinausgeht.« Julius beispielsweise hat in einem Seniorenheim zwei alte Menschen betreut. »Zuerst haben die Kinder ein bisschen gemeckert: Was sollen wir denn da?«, erinnert sich seine Mutter. »Aber dann war er so angetan, dass er immer von diesen alten Menschen erzählt hat, was sie erlebt haben. Er fand das so wichtig, dass er sogar in den Ferien hingegangen ist.«
Napirai ist jetzt in der 8. Klasse und besucht jede Woche eine Kreuzberger Kita, wo sie mit den Kindern ein Theaterstück entwickelt. »Das hab ich schon mal gemacht, letzten Sommer, als ich in einem Ferienlager in Frankreich war«, sagt sie selbstbewusst. Als die Dreizehnjährige den Erzieherinnen ihre Idee vorstellte, gab es nur positive Reaktion. »Die Kinder denken sich die Geschichte aus, und ich überlege mir, wie wir daraus ein Stück machen«, erklärt sie. »Das wollen wir dann vor den Eltern aufführen.«
Einige Jungs in meiner Klasse haben sich überlegt, dass sie gezielt für Jungs in der Kita Angebote machen wollen, denn die Erzieher dort sind ja meist Frauen.
Jenni Leonhard, Mittelstufenleiterin
Ihr Klassenkamerad Lukas musste ziem lich suchen, bis er einen Projektplatz gefunden hatte. Erst wollte er in einem Puppentheater mitarbeiten, »aber die haben mir nicht geantwortet«. Dann interessierte er sich für einen Fahrradladen, was auch nicht klappte, weil es kommerziell war. Jetzt hilft er in einem Seniorencafé der Kirche und findet es »ganz schön spannend«, was für Geschichten die alten Leute zu erzählen haben. Alle sitzen gemeinsam um einen großen Tisch, und Lukas verteilt Kaffee und Kuchen. »Da helfen auch Leute, die ganz normal arbeiten«, sagt er, »denen hab ich gesagt, setzt euch doch mal dazu, ich mach das. Darüber haben sie sich gefreut.«
Gerade bei den Siebtklässlern ist immer wieder zu beobachten, wie sie sich durch diese Projektarbeit verändern. »Wir haben ein paar Schlusis dabei«, erzählte uns Jenni Leonhard, »die dann plötzlich am Ende der Stunde, bevor sie zu ihrem Projekt fahren, ganz kribbelig dastehen und sagen, sie müssten gleich los. Die dann plötzlich unbedingt pünktlich sein müssen und auch wollen.« Wichtig dabei ist auch, dass die Kinder im Projekt erleben, dass Dinge auch schiefgehen können. Beispielsweise wollen sie mit Kindern einer Grundschule eine Aktion machen, für die sie rausgehen müssen, und plötzlich hat die Erzieherin, die ihnen eigentlich ihre Begleitung zugesagt hatte, doch keine Zeit. Durch solche Erfahrungen lernen die Kinder, mit Enttäuschung umzugehen – oder auch flexibel und kreativ zu sein, um Hindernisse zu
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