EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
gestellt: www.ev-zentrum.de
Inspirierende Herausforderungsprojekte macht auch die Gesamtschule Winterhude in Hamburg. www.herausforderung.net
Wie Schüler große Visionen umsetzen
Wenn man im Leben keine Vision hat, nach der man strebt, die man verwirklichen möchte, dann gibt es auch kein Motiv, sich anzustrengen, sagt der Psychologe und Philosoph Erich Fromm. Menschen brauchen Visionen. Sie bringen Klarheit und Richtung in das Handeln und Denken. Von einer Vision eingenommen zu sein ist wohl eines der ältesten und natürlichsten Prinzipien, mit denen Menschen sich selbst und andere antreiben. Doch Visionen brauchen Fahrpläne, sagte der Philosoph Ernst Bloch – gerade eine große Vision braucht auch die kleinen Schritte zur Realisierung. Das gilt für das Projekt Plant for the Planet, das von einem neunjährigen Jungen gegründet wurde, und das gilt auch für die 100 000 Bäume, die Schüler der esbz gepflanzt haben, und für ihr Engagement als Klimabotschafter.
Thank you that so many of you care about the future. For us, future is 80, 90 years. For you, future is 20, 30 or 40 years.
Felix Finkbeiner, 12, Gründer von Plant for the Planet, auf dem Vision Summit 2009
Im Juni 2008 hatten wir Felix Finkbeiner zum Sommerfest unserer Partner-Grundschule eingeladen. Der damals Zehnjährige erzählte, wie er vor einigen Jahren für ein Schulreferat über den Klimawandel bei seiner Recherche auf die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai stieß, die in ihrem Heimatland mit anderen Frauen mehr als 30 Millionen Bäume gepflanzt hatte, um der Entwaldung und Bodenerosion entgegenzuwirken. Weil ihn das so beeindruckt hatte, schloss er sein Referat mit dem Appell: Alle Kinder dieser Erde sollten in ihrem Land eine Million Bäume pflanzen! Sein Aufruf »Stop Talking! Start Planting!« ging dann um die Welt, und bis Ende 2011 sind bereits in 72 Ländern Bäume von Kindern gepflanzt worden, in einigen davon, darunter Deutschland, ist die Millionenmarke schon erreicht.
Man sollte seine Idee verfolgen, auch wenn sie vielleicht unrealistisch scheint. Als ich damals gehört habe, dass wir 100000 Bäume pflanzen, hab ich gedacht: Ja, klar, macht mal schön. Und nächste Woche pflanzen wir tatsächlich den hunderttausendsten.
Clara, 10. Klasse
Der starke Eindruck, den Felix auf dem Sommerfest bei uns hinterlassen hatte, veranlasste uns, nach den großen Ferien mit allen Klassen ein mehrwöchiges Schulprojekt zum Thema Wald zu starten, bei dem es um Waldsterben und Abholzung, Regenwälder und Klimaschutz ging. Die Kinder gestalteten einen Baumraum, schrieben einen Baumsong, den die Band einübte, entwickelten einen Comic und ein Theaterstück, machten Infostände auf dem Alexanderplatz, betrieben Aufklärung an Grundschulen und vieles mehr. Die erste Etage unseres damals noch sehr öden Plattenbaus wirkte bei der Präsentation wie ein grünes Labor.
Auf einer Schulversammlung, zu der wir Felix erneut eingeladen hatten, beschlossen wir, 100 000 Bäume für mehr Klimagerechtigkeit zu pflanzen. Unser schriftlich festgehaltenes Versprechen haben wir am 16. Oktober 2008 vor dem Reichstag feierlich dem Bundesumweltministerium übergeben. Unser fester Glaube daran, dass Kinder Dinge beeinflussen und ändern können, hat uns in den drei Jahren, die wir brauchten, um es einzulösen, Fantasie, Energie und Durchhaltekraft gegeben. Wir haben nicht nur Bäume gepflanzt, sondern auch andere Kinder davon überzeugt, sich Plant for the Planet anzuschließen. Die 40 Schüler unserer Schule, die sich zu Klimabotschaftern haben ausbilden lassen, haben ihr Wissen in drei Klimaakademien an über 200 Grundschüler weitergegeben, die ihrerseits nun als Klimabotschafter wirken. Eine Klimaakademie dauert einen Tag. Den Teilnehmern wird erklärt, woher der Klimawandel kommt und was er bewirkt, was Bäume damit zu tun haben und warum sich die Kinder einschalten müssen. Lena aus der 7. Klasse macht ihre Motivation fürs Bäumepflanzen so deutlich: »Die Erwachsenen sagen immer viel: ›Ja, wir wollen was machen, das soll besser werden.‹ Wir Schüler machen tatsächlich etwas.« Und der gleichaltrige Anatol stellt fest: »Bäume sind wichtig für uns Menschen, weil sie das Kohlendioxid in Sauerstoff umwandeln. Wenn es keine mehr gibt, werden wir irgendwann einfach aussterben. Wegen unserer eigenen Fehler.«
In der Akademie erarbeiten die Schüler auch Methoden der Öffentlichkeitsarbeit und wie man andere zum Mitmachen
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