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Effington 06 - Verborgene Verheissung

Effington 06 - Verborgene Verheissung

Titel: Effington 06 - Verborgene Verheissung Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu.
    Vier Augenpaare folgten der älteren Dame, und Gwen wurde klar, dass die Mädchen Miss Hilliard noch weniger mochten als sie selbst. Wenigstens hatten sie das gemeinsam.
    Doch sie merkte schnell, dass das nicht ausreichen würde.
    »Du bist also Tante Gwendolyn?«, fragte die Alteste kühl.
    Gwen nickte. »Das bin ich. Und wer bist du?«
    Das Mädchen zögerte, als wollte sie nicht zu viele Informationen preisgeben.
    »D as kannst du ihr schon verraten.« Das mittlere Mädchen seufzte. »Sie heißt Charity, und das hier ist Hope.« Sie nickte zu ihrer jüngeren Schwester. »Ich bin Patience.« Patience lächelte höflich und musterte Gwen auf diese geringschätzige Art, die Mädchen sich mit etwa zehn Jahren aneignen, wenn sie anfangen, jede andere Frau kritisch zu beäugen. »Wusstest du, dass du unserer Mutter etwas ähnelst?«
    »Außer, dass sie hübsch war«, fügte Hope hinzu. »Sehr hübsch.«
    Patience betrachtete Gwen nachdenklich. »Sie ist auch hübsch. Aber nicht sehr hübsch.«
    »Und«, Charitys Augen verengten sich, »sie ist offenbar auch nicht sehr nett.«
    Gwen zuckte zusammen. »Ich bin ziemlich nett. Zumindest kann ich es sein.«
    Charity schnaufte ungläubig.
    »Aber ihr seid nicht ganz fair.« Gwens Blick wanderte von einer Schwester zur nächsten. »Wir haben uns gerade erst kennen gelernt. Ihr habt mir noch keine Gelegenheit gegeben, nett zu sein.«
    Hope stützte die Hände auf die Hüften. »Warum sollten wir?«
    »Genau.« Patience verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hast es ja auch nicht verdient.«
    »Unsinn. Ich habe nichts getan, was es rechtfertigen würde, mir zumindest eine Freundschaft zu verweigern.« Gwen war ihr eigener Tonfall peinlich.
    Diese Mädchen waren ihre einzigen Verwandten, und sie sprach mit ihnen auf die gleiche beherrschte, bestimmte Art wie mit ihren Zöglingen. Mit ihrer Gouvernanten-Stimme, in der die Autorität nur leicht durch Freundlichkeit abgemildert wurde. Gwen hatte diese Stimme nie richtig beherrscht und wusste, dass sie eher streng als bestimmt klang. Sie versuchte es noch einmal. »Also wovon genau sprecht ihr?«
    »Wir sprechen davon, wo du seit Mamas und Papas Tod warst und warum du uns nicht geholt hast.« Bitterkeit blitzte in Charity s Augen auf, und sie spie die Worte geradezu aus. »Davon genau.«
    »Mama sagte immer, wenn ihr oder Papa etwas zustieße, würdest du dich um uns kümmern«, sagte Patience.
    »Aber ich wusste doch bis vor kurzem gar nichts von euch«, begann Gwen. »Ich konnte doch gar ni...«
    Hope schenkte ihr keine Beachtung.
    »Schwestern müssen sich umeinander kümmern. Das hat Mama immer gesagt. Das ist so bei Schwestern. Bei Familien.« Das Trio nickte einmütig.
    »Sie hat gesagt, Großvater zählt nicht mehr als Familie, weil er Papa nicht mochte, und Papa war ihre Familie.«
    Charity funkelte sie an, als sei das Gwens Schuld. »Und deshalb sollten wir nicht erwarten, dass er uns mag.«
    »Außerdem ...« Hopes Blick glich dem ihrer älteren Schwester. »Er ist tot. Wie Mama und Papa. Nur, dass sie im Himmel sind und er wahrscheinlich in der ...«
    »Das reicht jetzt«, sagte Gwen scharf mit ihrer Gouvernanten-Stimme.
    »Hölle.« Trotz schwang in Charitys Stimme.
    »Hölle«, bestätigte Patience bestimmt.
    »Hölle.« Hope nickte. »Wo er für seine Sünden schmoren wird.«
    Alle drei blitzten Gwen herausfordernd an. Sie hatte diesen Blick schon bei vielen Kindern gesehen. Kindern, deren einziges Ziel im Leben es war, ihre jeweilige Gouvernante in den Wahnsinn zu treiben.
    Sie konnte mit diesen Kindern hier unmöglich so umgehen wie mit jenen, auch wenn sie in Wirklichkeit viel häufiger der Gnade ihrer Zöglinge ausgeliefert gewesen war als umgekehrt.
    »Ihr seid nicht fair zu ihm, wisst ihr«, sagte Gwen langsam. Jetzt verteidigte sie schon ihren Vater. »Er war kein schlechter Mann. Aber er billigte die Wahl eurer Mutter nicht, und sie lehnte sich gegen ihn auf.«
    »Trotzdem mögen wir ihn nicht.« Charity klang kühl. »Und dich mögen wir auch nicht.«
    Ein grässliches und vertrautes Gefühl von Hilflosigkeit ergriff von Gwen Besitz. Gab es etwas Beängstigenderes als wütende und trotzige Kinder? Sie war selbst noch beinahe ein Kind gewesen, als sie von zu Hause floh und ihre erste Stellung annahm. Sie hatte genauso wenig Ahnung von Kindern gehabt wie heute. Und, um die Wahrheit zu sagen, war sie jedes Mal, wenn sie eine Stellung verlassen musste, erleichtert und entschlossen gewesen, es beim

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