Effington 06 - Verborgene Verheissung
auch warum, Miss Townsend?«
Sie riss die Augen auf und schüttelte den Kopf.
»Es ist zu ... geschäftsmäßig. Zu unpersönlich. Finden Sie nicht auch?«
Sie nickte.
»Zum Teufel, Miss Townsend, ich weiß, dass man es mir nicht sofort anmerkt, aber ich habe auch eine sentimentale Ader. Zugegeben, ich zeige sie nicht. Meine Freunde glauben sogar, ich hätte überhaupt keine Gefühle, nur weil ich mein Herz nicht auf der Zunge trage.«
»Ist das wahr?«
»Ja. Sehr ärgerlich.« Er nickte energisch. Dann umspielte ein trockenes Lächeln seine Mundwinkel. »Vielleicht würden sie anders darüber denken, wenn ich zu ihnen einmal so sprechen würde wie jetzt zu Ihnen. Herr im Himmel, ich habe noch nie mit jemandem über solche Dinge gesprochen, schon gar nicht mit einer Frau. Die Umstände, in denen wir uns hier wiederfinden, belasten mich offenbar stärker, als ich vermutet hatte.«
»Offenbar.«
»Und was ist mit Ihnen, Miss Townsend? Wir — oder besser: ich — befinde mich in dieser misslichen Lage, weil keiner von uns beiden verheiratet ist. Sie sind außergewöhnlich hübsch und ...«
»Außergewöhnlich?« Sie hielt sich für einigermaßen attraktiv, aber nicht für außergewöhnlich hübsch. Ja, sie selbst fand sich sogar etwas übertrieben: die Farbe ihres Haars war zu intensiv, und ihre Hüften und Brüste waren zu rund für ihre Statur. Von einem Mann wie Pennington als außergewöhnlich hübsch bezeichnet zu werden, war das netteste Kompliment, was sie je bekommen hatte.
»Außergewöhnlich.« Er nickte heftig. »Ich kann nicht glauben, dass sich Ihnen noch nie die Gelegenheit zu einer Heirat geboten hat.«
»Ich war nur eine Gouvernante, Lord Pennington. Da gab es nicht viele Gelegenheiten. Außerdem habe ich ja erklärt ...«
»Ja, ja, Verzeihung. Ich vergaß. Die Ehe ist nichts für Sie. Dennoch, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt verheiratet wären, dürfte ich mein Vermögen behalten.« Sein Gesicht hellte sich auf. »Vielleicht ist es noch nicht zu spät? Wenn Sie mich nicht heiraten wollen, könnten wir Sie in Windeseile an einen anderen verheiraten. Mein Freund Berkley, der Gentleman, der mich neulich begleitete, würde Sie auf der Stelle ehelichen. Er war recht angetan von Ihnen, und offensichtlich ist hier auch eine Rettung vonnöten.«
»Das reicht, mein Herr. Ich habe nicht die Absicht, irgendjemanden zu heiraten, und Ihren Freund auf gar keinen Fall. Abgesehen davon, sollte ich überhaupt an eine Ehe denken, dann sicherlich nur mit Ihnen.« Sie wusste im selben Moment, dass diese Worte ein Fehler waren.
Noch bevor sie aufbegehren konnte, kam er quer durch den Raum zu ihr, kniete sich zu ihren Füßen und ergriff ihre Hände.
»Meine liebe Miss — haben Sie eigentlich auch einen Vornamen?«
»Gwendolyn.«
»Gwendolyn.« Er nickte begeistert. »Bezaubernd. Gwendolyn und Marcus. Das klingt wunderschön. Ich sagte doch, es ist Schicksal.«
»Das ist es sicher nicht.« Sie versuchte, ihm ihre Hände zu entziehen, doch er hielt sie fest.
»Retten Sie mich, Gwendolyn.« Seine Stimme war so eindringlich, wie er sie anschaute. »Retten Sie die Menschen, die von mir abhängen.«
Sie sah lange auf ihn herab. Es wäre für sie mühelos, nachzugeben und ihn zu heiraten. Und vermutlich wäre es genauso leicht, ihn zu mögen. Vielleicht sogar zu lieben. Aber Liebe würde zu nichts Gutem führen. Sie würde nicht in die Fußstapfen ihrer Mutter und Schwester und all der Frauen treten, die einem Mann ihre Liebe schenkten, nur um viel zu früh ihr Leben zu verlieren oder sich das Herz brechen zu lassen.
Nein, abgesehen von allen anderen Gründen, diesen Mann nicht zu ehelichen, war der wichtigste: die Liebe.
»Es tut mir schrecklich Leid, mein Herr.« Sie entzog ihm ihre Hände. »Aber ich werde Sie nicht heiraten.«
»O doch, das werden Sie, Miss Townsend. Denn wissen Sie, ich werde nicht aufgeben.« Er stand auf und sah auf sie herunter. Es war sehr beängstigend. »Ich habe beinahe volle drei Monate Zeit, Sie zu überzeugen. Und glauben Sie mir: genau das werde ich tun.«
Sie funkelte ihn an. »Ich werde meine Meinung nicht ändern.«
»Ich werde jeden Tag und jede Nacht vor Ihrer Türe stehen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Sie davon zu überzeugen, mich zu heiraten. Und ich werde nicht aufgeben bis zu dem Tag, an dem ich mein dreißigstes Lebensjahr vollende.
Mein Vermögen zu behalten ist viel zu wichtig für viel zu viele Menschen. Es gibt für Sie nur einen Weg, mich
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