Egeland, Tom
Bei den anderen beiden soll es sich um Dokumente handeln, die Sauniéres Vorgänger Abbé Antoine Bigou 1780 aufgezeichnet hatte. Bigou war auch Hofgeistlicher der Familie Blanchefort, die vor der Französischen Revolution zu den größten Grundbesitzern der Gegend zählten. Bigous Texte stammten aus dem Neuen Testament. Kopien.
Aber das Schriftbild erschien vollkommen sinnentleert. Die Worte waren ohne Zwischenräume aneinander gereiht und vollständig überflüssige Buchstaben hervorgehoben und wie zufällig über den Text verstreut worden, als versteckte sich darin eine geheime Botschaft. Einige dieser anscheinend chiffrierten Texte lassen sich nicht dechiffrieren, nicht einmal mithilfe von Computern. Auch Saunière verstand die Texte und Verschlüsselungen nicht, aber er erkannte, dass er möglicherweise etwas Wichtiges gefunden hatte. Er nahm die Pergamente mit zu seinem Vorgesetzten, dem Bischof von Carcassonne, der einen Blick darauf warf und ihn auf eigene Kosten nach Paris zu den ranghöchsten Geistlichen schickte. Saunière blieb drei Wochen in Paris. Was dort geschah, ist noch immer unklar. Der arme Dorfpfarrer fand Zugang zu den innersten Kreisen der besseren Gesellschaft. Es heißt, er habe ein Verhältnis mit der gefeierten Opernsängerin Emma Cal vé gehabt. Sie besuchte ihn in den folgenden Jahren mehrmals hier im Dorf. Nach dem Aufenthalt in Paris kam er nach Rennes-le-Château zurück und fuhr mit der Restaurierung der Kirche fort. Das Unerklärliche war aber, wie wohlhabend der Dorfpfarrer geworden war. Die Finanzierung der Restaurierung war mit einem Mal kein Thema mehr. Er begann eine ausgedehnte Korrespondenz mit Menschen im In-und Ausland. Er machte Geschäfte. Er ließ eine neue Straße nach Rennes-le-Château bauen. Er kaufte exklusives Porzellan, sammelte wertvolle Briefmarken und baute eine respektable Bibliothek auf. Er legte einen zoologischen Garten und einen Orangenhain an. Er verteilte das Geld einfach so über die Gemeinde und ihre Bewohner. Er bekam Besuch von in-und ausländischen Größen. Ob Sie es glauben oder nicht: Bis zu seinem Tod gelang es ihm, mehrere zig Millionen Kronen unter die Leute zu bringen. Wo kam dieses Geld her? Diese Frage ließ er stets unbeantwortet. Ein neu ernannter, misstrauischer Bischof wollte ihn versetzen lassen, doch Saunière tat das Unglaubliche und wehrte sich. Schließlich wurde er Opfer böswilliger Beschuldigungen und aus seiner Stellung entlassen, doch der Vatikan persönlich griff ein und installierte ihn wieder als Dorfpfarrer. Am 17. Januar 1917 erlitt er einen Schlaganfall und verstarb ein paar Tage später. Aber noch immer fragen sich die Leute hier im Dorf, woher sein plötzlicher Reichtum stammte.
MacMullin erhebt sich von der Mauer und kommt auf mich zu.
» Ich denke, Sie sehen einen Zusammenhang «, sagt er. » Und bestimmt fragen Sie sich: Was stand auf der Pergamentrolle, die er in der leeren Säule unter der Altarplatte gefunden hatte? Welche Informationen fanden sich in den Dokumenten, die er mit nach Paris genommen hatte –ehe der Reichtum aus dem ehemals armen Dorfpfarrer einen wohlhabenden und geheimnisumwitterten Mann machte? «
» Ich habe keine Ahnung «, sage ich. » Aber Sie haben Recht, ich stelle mir diese Fragen. «
» Das denke ich mir. Schließlich sind Sie von Natur aus neugierig. «
» Und Sie kennen ohne Zweifel die Antwort? «
Er packt meinen Arm, als sei ihm schwindelig, lässt ihn jedoch sofort wieder los.
» Aber Sie haben nicht vor, es mir zu verraten? «, frage ich.
» Die Pergamente beinhalteten eine chiffrierte Genealogie, eine Ahnenreihe, einen Stammbaum, wenn Sie so wollen, in dem königliche Sippen bis zum Beginn unserer Zeitrechnung zurückverfolgt wurden. «
» Eine königliche Ahnenreihe? «
» Name für Name. König für König. Königin für Königin. Land für Land. Von Jahrhundert zu Jahrhundert. «
» Haben die etwas mit Ihren Andeutungen gestern Abend zu tun? Über die Kreuzigung Jesu? «
» Das «, bestätigt er, » ist durchaus eine sinnvolle Annahme. «
Mit einem festen Griff um meinen Arm führt er mich zurück zur Tür. » Aber die Dokumente, die 1891 in der Kirche gefunden wurden, beinhalteten noch andere Informationen «, sagt er. » Wir wissen nicht, woher diese stammen. Wir wissen nicht, wer über diese Informationen verfügt hat und wie sie weitergegeben wurden, aber sie haben uns den ersten Hinweis geliefert, wo der Shrine of Sacred Secrets geblieben sein konnte. Sie
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