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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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und werde es auch nie tun.«
    Ziesel spitzte die Lippen. »Hör mal, Egon, willst du das Labor von Professor Bailey sehen oder nicht? Ich hätte gedacht, du freust dich. Besonders nach dem, was du eben gesagt hast.«
    »Irgendeinen Physiker zu treffen, ist kein Ausgleich für diese unsagbar beschissene Ungerechtigkeit, und ich verstehe nicht, was das mit dem zu tun haben soll, was ich eben gesagt habe. Aber meinetwegen können wir uns auch sputen. Geh du voran, treusorgender Dieter. Ach, übrigens, ist Heijenhoort auch hier?«
    »Nein, er ist in Berlin geblieben.«
    Bailey arbeitete in den Obediah Laboratories. Das Gebäude, Loesers liebstes bisher, erinnerte an eine Art steinernen Damm, erbaut von am Bauhaus ausgebildeten Azteken.
    »Wo sind die ganzen weißen Kittel?«, fragte Loeser beim Eintreten.
    »Das ist Chemie«, sagte Ziesel. »Physiker tragen keine weißen Kittel.« Er führte Loeser durch einen Flur zu einem Raum, an dessen Tür schlicht »11« stand. Die Tür war angelehnt, also klopfte er leise und drückte sie dann auf. »Herr Professor Bailey? Dürfen wir hereinkommen?«
    »Er ist gerade gerade gerade weg.«
    Loeser lugte hinein. Der Mann, der gesprochen hatte, stand an der Laborspüle und seifte mit einem Waschlappen die Wasserhähne ab. Loeser sah ihn im Profil, nur dass er keines hatte, was bedeuten soll: Sein Gesicht war eine plane Fläche – Kinn und Stirn mauergleich vertikal, die Nase an den Schädel gequetscht, der Mund lippenlos, die Augen so weit außen angeklebt, dass sie einander seitlich hätten zuzwinkern können. Das Ganze war so abartig, dass es nur das schaurige Ergebnis eines Unglücks bei der Geburt sein konnte, das mit einem stählernen Tisch oder einem Betonfußboden zu tun hatte. Er trug einen weiten grauen Overall und hatte strähnige schwarze Haare, die aussahen, als hätten sie ein paar Tage lang im Sechseck über dem Abfluss einer Dusche geklebt, bevor sie ihm angewachsen waren.
    »Oh, hallo, Slate. Wissen Sie, wo er hin ist?«
    »Er und Miss Miss Miss Miss Miss …«
    »Seine Assistentin, ja.«
    »Sie sind in den Keller gegangen, um etwas aus dem Lagerschrank zu holen.« Slate blickte beim Sprechen nicht vom Wasserhahn auf. Das Labor rund um ihn herum sah überraschend aufgeräumt aus – in der Mitte des Raumes lagen viele elektrische Instrumente und viele Notizbücher unter einem Staubschutztuch verborgen, aber nirgends gab es das Chaos, das Loeser mit der modernen Wissenschaft verband – außer dass aus irgendeinem Grund auf einem der Tische eine Spielzeug-Dampflokomotive stand.
    »Danke, Slate«, sagte Ziesel.
    »Mein Gott, das ist die Sorte Mensch, von der man Albträume bekommt«, sagte Loeser auf dem Weg nach unten auf Deutsch.
    »Er ist im Grunde ein anständiger Kerl.« Sie bogen um eine Ecke. »Ach, da ist ja Professor Bailey. Haben Sie die Schlüssel vergessen?«, fragte Ziesel auf Englisch.
    »Nein, die Tür klemmt.« Bailey musste um die vierzig sein, sah aber schon nach den mittleren Jahren aus: klein, mit schütterem Haar und einem Bierbauch; außerdem schwankte er ein wenig, wodurch er Loeser an eines dieser unten abgerundeten Holzspielzeuge erinnerte, die man nicht umkippen konnte. Er trug einen struppigen Schnurrbart, und seine Brillengläser waren so dick, dass er, wie ein Astronom, der den Neptun beobachtete, wahrscheinlich ein paar Minuten in die Vergangenheit blickte. »Zum Glück haben sich jüngere, flinkere Hände der Sache angenommen.«
    Seine Assistentin, ein Mädchen mit kurzen schwarzen Haaren, wandte ihnen den Rücken zu, während sie am Schloss rüttelte. »Ich glaube, ich habe es gleich, Herr Professor«, sagte sie. Ihre Stimme kam Loeser irgendwie bekannt vor.
    »Gut gemacht, meine Liebe.«
    »Egon, das ist Professor Bailey, einer unserer angesehensten Physiker«, sagte Ziesel. »Herr Professor Bailey, darf ich Ihnen Egon Loeser vorstellen, einen alten Freund von mir aus Berlin? Er war ganz wild darauf, Sie kennenzulernen.«
    Bailey lächelte und schüttelte Loeser die Hand. »Und warum das?«
    »Nun …«, setzte Ziesel an.
    In diesem Augenblick rief Baileys Assistentin laut: »So!«, und das Schloss gab nach. Aber die Tür des Stahlschranks flog mit der doppelten Wucht auf, die sie erwartet haben dürfte, weil von drinnen ein Gewicht dagegendrückte. Sie taumelte zurück, das Gewicht stürzte zu Boden, und mit einem Blick erfasste Loeser, dass das Mädchen Adele war und das Gewicht der Mann, mit dem er mehr als einmal bei Gorge gespeist

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