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Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Titel: Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edzard Reuter
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wohl zur Folge haben, dass kritische geschichtliche Situationen im Handumdrehen in ein katastrophales Ende münden. Deswegen sind wir gut beraten, uns noch ein wenig genauer an die bisherigen Bestrebungen zur europäischen Vereinigung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu erinnern. Wir können daraus erkennen, was alles falsch gemacht wurde – und warum wir Selbstmord begehen würden, sollten wir uns nicht dazu aufraffen, mit frischem Mut auf dem begonnenen Weg weiter voranzuschreiten.
    Im Zusammenhang mit dem Ringen um die Einführung des Europäischen Währungssystems (EWS) war schon die Rede von einer grundsätzlichen Kontroverse. Sie drehte sich darum, ob die Einführung einer gemeinsamen Währung dauerhaft erfolgreich bleiben könne, wenn nicht zuvor in den beteiligten Ländern eine einheitliche Wirtschafts- und Finanzpolitik der beteiligten Länder durchgesetzt würde – oder ob umgekehrt erst eine gemeinsame Währung eine solche politische Einigung erzwingen könne. Dieser Streit sollte sich in den eingeweihten Kreisen von Professoren, Bankern und Journalisten noch über mehr als ein Jahrzehnt fortsetzen. Trotz der erwähnten grundsätzlichen Zielsetzung von Helmut Kohl beruhte freilich die 1992 im Vertrag von Maastricht beschlossene Ablösung der nationalen Währungen durch den Euro auf dem zweiten Modell: Von der Einführung einer einheitlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik blieb nicht mehr übrig als eine vage Absicht für die fernere Zukunft.
    Auch in einem für das europäische Projekt so wichtigen Land wie Frankreich ist der Streit bis heute nicht entschieden. Bezeichnend dafür ist die Wertung der im Dezember 2011 in Brüssel gefassten, angeblich grundlegend wichtigen Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs durch ein bekanntes französisches Wirtschaftsjournal. Es meinte, das »föderale Europa« sei damit »zurückgestutzt auf ein Europa der Nationen«, die EU-Kommission habe in Zukunft nur noch »technische Aufgaben« wahrzunehmen und das Europaparlament sei nicht einmal erwähnt worden.
    Sollte diese Wertung tatsächlich zutreffen, würde das gewiss eine grundlegend neue Weichenstellung bedeuten – nach rückwärts! Es liefe auf das Wiedererwachen einer Einstellung hinaus, die durchaus den ursprünglichen Vorstellungen von de Gaulle entsprechen würde. Hätten Giscard und Schmidt offen und ehrlich ihre innere Überzeugung kundgetan, wäre sie bei ihnen beiden womöglich gleichermaßen auf gewisse Sympathie gestoßen. Denn ich vermute, dass sie es gar nicht so ungern gesehen hätten, wenn die grundlegenden politischen Entscheidungen eines vereinten Europa auch weiterhin allein den beteiligten Staats- und Regierungschefs vorbehalten geblieben wären. »Kaminrunden« im stillen Kämmerlein und kleinsten Kreis waren für sie die einzigen Instrumente, die auf die Dauer Erfolg versprechen. Freilich wäre dann in der Tat die Verantwortung der sonstigen europäischen Gremien – wie der Europäischen Kommission oder der ohnehin aus ihrer Sicht eher überflüssigen Ministerräte – auf »technische Aufgaben«, nämlich die Vorbereitung oder nachvollziehende Durchführung der gefassten Beschlüsse, beschränkt worden.

KAPITEL VII
    HENNE ODER EI? EUROPA ODER DER EURO?
    Ausgeschlossen mag es keineswegs sein, dass ein solches Vorgehen tatsächlich manches Mal die Entscheidungen erleichtern – oder auch beschleunigen – könnte. Abzuwarten bleibt ohnehin, welchen Weg der neue französische Präsident François Hollande letzten Endes einschlagen wird. Gewiss ist allerdings, dass damit eine breite Akzeptanz der europäischen Idee noch massiver infrage gestellt würde, als dies ohnehin bereits der Fall ist. Insofern leben im Übrigen auch gewisse Anklänge an eine Kontroverse weiter fort, die bereits am Beginn aller Überlegungen und Diskussionen über die Gestaltung des europäischen Einigungsprozesses gestanden hatte – und nie ganz ausgetragen wurde. Bis heute hängt sie zutiefst mit der Antwort auf die Frage zusammen, wie es eigentlich geschehen konnte, dass die ursprüngliche Begeisterung für das Projekt schon so bald darauf zerfallen konnte. Bekannt geworden ist sie als Streit zwischen den sogenannten Föderalisten (oder Institutionalisten) und den Funktionalisten.
    Die Funktionalisten waren davon überzeugt, dass die europäische Zukunft entscheidend von einer Stärkung der Wirtschaftsunternehmen im internationalen Wettbewerb abhängt. Für sie zählte dazu in erster Linie der Abbau der

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