Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
für das Kind denken. Und ein bisschen auch an sich selbst. Eigentlich fiel ihr nur ein einziger Mann ein, mit dem sie sich vorstellen konnte, ins Bett zu gehen.
Wenn sie tatsächlich schwanger werden würde …
Den Worten der Frauenärztin hatte sie entnommen, dass sie Martin das Kind als seins verkaufen sollte, als ein Wunder, einen Sieg der Liebe. Aber das würde bedeuten, dass sie weiterhin miteinander schliefen. Carola war der Gedanke widerlich. Sie ertrug es nicht mal mehr, Martins Atem neben sich zu hören.
»Hör mal, Martin, ich habe mir überlegt, dass ich von jetzt an im Ki … im freien Zimmer schlafen will«, sagte sie. »Ich habe meine Matratze schon hinübergetragen.«
Martin starrte sie bestürzt an. »Du hast was getan?«
»Ach, komm schon Martin, viele Ehepaare haben getrennte Schlafzimmer, da ist nichts dabei.«
»Findest du, ja?« Martin schaute auf seinen leeren Teller.
»Ja, finde ich«, fauchte Carola. »Ich brauche im Augenblickeinfach Abstand.« Und wenn ich noch mal mit einem Mann schlafe, dann soll es sich wenigstens lohnen, setzte sie in Gedanken hinzu.
Martin stand auf und stellte seinen Teller in die Spülmaschine. Carola sah ihm nach, wie er mit hängenden Schultern in Richtung Wohnzimmer davonschlurfte. Na fein, jetzt hatte er einen weiteren Grund, sich am kollektiven Selbstmord seiner Abteilung zu beteiligen.
Sie wartete, bis er die Wohnzimmertür hinter sich zugemacht hatte, dann griff sie zum Telefonhörer und wählte Pfarrer Hoffmanns Nummer.
Irmi
V
on allen Wochentagen hatte Irmi den Mittwoch am liebsten. Morgens kam die Krankengymnastin, eine junge, hübsche Person mit leuchtend roten Haaren, zu Georg. Georg mochte sie und die Übungen, die sie mit ihm machte. Er war noch Stunden später gut gelaunt und nörgelte weder an Irmi noch an ihrem Essen herum.
Aber an diesem Mittwoch ging einfach alles schief. Statt der hübschen Rothaarigen war eine ältere, vierschrötige Person mit Damenbart erschienen, und an Georgs Miene konnte man deutlich ablesen, dass er die Vertretung als Zumutung empfand. Immerhin blieb er so lange höflich, bis sie wieder gegangen war. Dann sagte er: »Herrje, die hatte ja einen Hintern wie ein Gorillakäfig. Und Hände wie Klodeckel. Ich habe überall blaue Flecken, wo die mich angepackt hat. Was gibt’s zum Essen?«
»Heute Mittag was Leichtes: Möhrensalat und Baguette, heute abend Reibekuchen mit Apfelmus. Ich habe die Kartoffeln schon geschält.« Mittwochs gab Irmi sich immer besonders Mühe mit dem Abendessen, um ihre Familie positiv zu stimmen. Mittwochabends probte nämlich der Kirchenchor, und Irmi durfte Georg für zweieinhalb Stunden mit den Kindern allein lassen. Früher, vor Georgs Krankheit, hatte Irmi andere Hobbys gehabt. Sie hatte Tennis gespielt und war öfter mit Freundinnen ins Kino oder ins Theater gefahren. Georg zuliebe hatte sie das aufgegeben. Der Kirchenchor war das einzige Hobby, das er ihr vorbehaltlos zu gönnen schien.
»Dein Möhrensalat schmeckt immer wie Konfetti. Ich hätte mal wieder Hunger auf eine richtig leckere Pizza vom Italiener«, sagte er.
Um weiteren Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, ließ Irmi eine extragroße Pizza für ihn kommen und aß den Möhrensalat alleine. Aber am frühen Abend, als sie sich mit den Reibekuchen abmühte, rief Georg aus dem Wohnzimmer, er habe Bauchschmerzen.
»Ich habe die Pizza nicht vertragen«, erklärte er. »Du hättest mir verbieten müssen, sie zu essen. Aber dir ist es ja egal, wenn ich mich quäle.«
»Ich koch dir einen Kamillentee«, sagte Irmi.
Eine halbe Stunde später stöhnte Georg immer noch. »Der verdammte Tee hat alles nur noch schlimmer gemacht. Was hast du reingemischt? Arsen?«
»Iss ein Remmi-räumt-den-Magen-auf«, schlug Irmi vor.
»Das sitzt schon tiefer«, sagte Georg. »Nein, ich brauche eine von den Abführpillen.«
»Aber Georg, ich bin gleich weg, und es ist niemand da, der dich zur Toilette bringen kann.« Georg wollte nicht, dass Christoph und Diana sich in irgendeiner Form an seiner Pflege beteiligten. Sie hätten es auch gar nicht gewollt.
Irmi sah auf die Uhr. »Martin und Carola kommen um zehn vor sieben, um mich abzuholen. Die Pille wirkt frühestens in anderthalb Stunden.«
»Dann eben ein Klistier«, sagte Georg.
Als Carola und Martin klingelten, um Irmi abzuholen, musste Diana ihnen die Tür öffnen. Irmi hörte, wie sie ihnen kaugummikauend erklärte: »Mama ist noch mit Papa auf dem Klo. Sie kommt später nach, soll
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