Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
Pfarrer und schloss die Tür hinter sich.
Irmi stolperte mit hochrotem Kopf weiter.
»Bist du sicher, dass du mit dem Fahrrad fahren willst?«, erkundigte sich Martin nach der Chorprobe. »Wir nehmen dich gerne mit.«
»Danke, aber Christoph bringt mich um, wenn ich sein geliebtes Fahrrad hier unabgeschlossen im Regen stehen lasse«, sagte Irmi.
Martin runzelte die Augenbrauen. »Er würde aber sicher auch nicht wollen, dass sich seine Mutter im Dunkeln den steilen Berg hinaufquält, oder?«
Doch, dachte Irmi, im Zweifel würde Christoph sich immer für das Rennrad entscheiden.
»Es macht mir nichts aus«, log sie. »Die frische Luft wird mir guttun.«
»Wie du meinst«, sagte Martin. »Aber …«
»Nun lass sie doch«, fiel Carola ihm ins Wort. »Wenn sie nicht will, dann hast du das gefälligst zu akzeptieren. Tschüss, Irmi, und fahr vorsichtig! Komm, Martin, ich möchte gerne noch vor Mitternacht im Bett sein.«
»Sofort.« Martin zog seine Jacke aus und hielt sie Irmi hin. »Hier, nimm die, die ist wenigstens trocken.«
»Vielen Dank«, sagte Irmi gerührt und überhörte, dass Carola spöttisch die Melodie von Sankt Martin summte.
Der Parkplatz leerte sich in Windeseile. Als Irmi den Sattel mit dem Ärmel trocken gerieben hatte, stand nur noch ein einziges Auto da. Der silberfarbene BMW.
»Irmela! Sie wollen doch nicht allen Ernstes wieder ohne Licht nach Hause fahren?«, sagte Pfarrer Hoffmann.
»Es geht nicht anders«, sagte Irmi, erfreut, dass er sich immerhin ihren Vornamen gemerkt hatte.
»Aber natürlich geht es anders«, widersprach Pfarrer Hoffmann. »Ich könnte Sie nach Hause bringen. Das Fahrrad packen wir in den Kofferraum. Keine Widerrede!«
Christophs Rennrad war zu groß für den Kofferraum, aber Pfarrer Hoffmann ließ es halb herausragen und band den Kofferraumdeckel mit einem Stück Kordel fest. »So wird’s gehen«, sagte er fröhlich. »Dieses Auto ist wie ein guter Freund. Es lässt einen nie im Stich. Und jetzt hinein mit Ihnen.«
Irmi ließ sich auf dem luxuriösen Ledersitz nieder. »Das ist aber wirklich nicht nötig«, murmelte sie.
»Ich wäre ein schlechter Hirte, wenn ich zuließe, dass eines meiner Schäfchen allein durch die Dunkelheit fährt«, sagte Pfarrer Hoffmann. »Außerdem ist Autofahren eines meiner Hobbys.«
Irmi lächelte. Ihr gefiel die Vorstellung, ein Schäfchen in Pfarrer Hoffmanns Herde zu sein.
»Jetzt sehe ich Sie doch tatsächlich zum ersten Mal lächeln!«, rief der Pfarrer aus, der auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte. »Ich dachte schon, die Sorgen lasten viel zu schwer auf Ihren schmalen Schultern.«
Irmi stellte das Lächeln ein. »Ich habe nur einen kranken Mann zu versorgen, das ist besser, als selber krank zu sein.«
»Werten Sie das nicht ab. Ein krankes Familienmitglied zu pflegen ist eine ungeheure Belastung«, sagte Pfarrer Hoffmann ernst.
Solche Worte war sie nicht gewöhnt. Die meisten Leute pflegten eher Mitleid für Georg zu zeigen.
»Manchmal ist es schon schlimm«, sagte sie. »Georg ist kein sehr einfacher Mensch. Er sagt oft Dinge, die mich kränken.« Zu ihrem eigenen Entsetzen brach sie in Tränen aus. Schluchzend fuhr sie fort: »Mein Anblick macht ihn krank, sagt er, meine Begriffsstutzigkeit treibt ihn in den Wahnsinn, meine Kochkünste müssten mit Gefängnisstrafen geahndet werden, und gestern hat er gesagt, er verstehe nicht, wie er sich je hätte überwinden können, mit mir zu schlafen, ohne eine Papiertüte über mein blödes Schafsgesicht zu stülpen.« Von Schluchzern geschüttelt rang sie nach Luft. Pfarrer Hoffmanns Hand streichelte über ihr Haar.
»Armes Schäfchen«, flüsterte er.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Irmi sich beruhigte.Verlegen schnäuzte sie sich in das Taschentuch, das der Pfarrer ihr hinhielt.
»Tut mir leid, ich sollte nicht schlecht über ihn reden«, stammelte sie.
Pfarrer Hoffmann legte die Hand unter ihr Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Dieser Mann sieht nicht, was ich sehe«, sagte er. »Ich sehe ein Juwel, Irmela. Einen fein geschliffenen Diamanten, den man vernachlässigt und in einer Ecke hat verstauben lassen. Wenn man den Staub fortbläst, funkelt er in allen Farben des Regenbogens.«
Und dann beugte er sich vor und küsste Irmi auf den vor Verblüffung halb geöffneten Mund.
Amelie
S
iebenundsechzig Kilo. Mit Pantoffeln. Das war sensationell. Amelie stellte sich vor den Spiegel und zog den Bauch ein. Fast keine Wölbung mehr. Sie seufzte. Dafür
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