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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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erinnert.«
    »Ich möchte hierbleiben«, sagte Louisa. »Bitte.«
    »Das ist dein Elternhaus, du kannst bleiben, so lange du willst«, sagte Amelie und versuchte, ihren Worten die Wärme zu verleihen, die ihr in Gedanken fehlte. Sie wusste selber nicht, warum sie es lieber gesehen hätte, dass Louisa wieder abgereist wäre. Vielleicht weil sie der einzige Mensch war, der in diesen letzten Tagen nicht immer nur nett zu ihr gewesen war. Von dem überwältigenden Mitleid, das ihr alle anderen entgegenbrachten, war bei Louisa nichts zu merken. Außerdem schien sie immer zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Nirgendwo hatte man Ruhe vor ihren forschenden Blicken.
    Amelie schämte sich für ihre Gedanken. Schließlich war Louisa ihr einziges Kind, und sie hatte es im Augenblick auch nicht leicht. Bis vor kurzem hatte es sie immer geschmerzt, dass Louisa so weit weg von zu Hause studierte, es war absurd, dass sie sie jetzt dorthin wünschte. Außerdem war doch schon in wenigen Wochen Weihnachten.
    Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    Louisa lächelte erleichtert zurück. »Gut, dann geh ich jetzt zu … ruf ich jetzt den Gärtner an«, sagte sie. »Vielleicht können wir noch vor Weihnachten beginnen!«

    An diesem Tag konnte Benedikt Hoffmann erst am späten Nachmittag vorbeikommen, und er hatte auch nichtlange Zeit, weil am Abend eine Presbyteriumssitzung anberaumt worden war.
    »Tagen wie diesen verdanke ich mein Magengeschwür«, seufzte er, als Amelie ihm eine Tasse Kaffee anbot. Sie liebte die nachmittägliche Kaffeestunde mit ihm, und sie bedauerte jede Minute, die davon verlorenging.
    »Wie wunderbar und tapfer von Ihnen, dass Sie trotzdem die Zeit finden, um hier vorbeizukommen«, sagte Louisa, die zu Amelies Ärger auf dem Sofa saß wie festgewachsen. »Es scheint ja wirklich schlimm bestellt zu sein um meine Mutter, dass ihre Seelsorge Vorrang vor all den anderen Einsamen, Kranken und Bedürftigen der Gemeinde hat.«
    Biest , dachte Amelie. Verdammtes kleines Biest.
    »Ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis, Louisa«, sagte Benedikt und lächelte Louisa freundlich, aber überlegen an. »Es geht hier nicht nur um Seelsorge – auch ich profitiere von den Treffen mit Ihrer Mutter. Amelie ist eine schöne, warmherzige und intelligente Frau, und unsere Gespräche geben mir sehr, sehr viel. Tatsächlich würde ich die Nähe und Freundschaft, die zwischen uns entstanden ist, vermissen, auch wenn es nur für einen Tag wäre.«
    Sehr gut, dachte Amelie, das wird ihr das Maul stopfen .
    »Wir sollten vielleicht einen Spaziergang machen, Benedikt«, schlug sie vor. »Wenn du nachher noch so viel sitzen musst, tut dir ein bisschen Bewegung sicher gut. Und mir sowieso.«
    Louisa hatte es aber keineswegs die Sprache verschlagen. »Habe ich Sie gerade richtig verstanden, Benedikt? Die Gespräche, die Sie mit meiner schönen, warmherzigenund intelligenten Mutter während Ihrer Arbeitszeit führen – beispielsweise bei einem Glas Sekt –, sind also nicht seelsorgerischer Natur? Ob das Ihr Arbeitgeber wohl genauso zu schätzen weiß wie Sie?«
    »Zunächst einmal habe ich keine Arbeitszeiten wie gewöhnliche Arbeitnehmer«, sagte Benedikt, ohne sein überlegenes Lächeln einzustellen. Er reichte ihr eine seiner Visitenkarten. »Hier, meine Telefonnummer und meine Handynummer, damit Sie mich jederzeit erreichen können, wenn Sie mich brauchen. Als Pfarrer bin ich vierundzwanzig Stunden lang im Dienst. Und zweitens, mein liebes Kind, bin ich niemandem Rechenschaft schuldig als Gott unserem Herrn.«
    » Und drittens geht dich das alles überhaupt nichts an «, hätte Amelie gern hinzugefügt.
    »Erstens, lieber Herr Pfarrer«, gab Louisa zurück und plusterte sich dabei auf dem Sofa auf wie eine wütende Henne, »glaube ich nicht, dass der Superintendent der gleichen Ansicht ist, und zweitens bin ich mir auch nicht sicher, was Gott unser Herr von dieser Angelegenheit hält!«
    Benedikt zog belustigt seine Augenbrauen hoch. »Liebe kratzbürstige kleine Louisa«, sagte er milde. »Kennen Sie denn nicht das Sprichwort: Böse ist, wer Böses dabei denkt? Ein Glas Sekt und gute Gespräche sind keine Dinge, an denen der Superintendent Anstoß nimmt.«
    »Tatsächlich nicht?« Louisas Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass sie aber sehr wohl Anstoß daran nahm.
    »Ich nehme nicht an, dass Sie uns auf unseren Spaziergang begleiten wollen?« Benedikt nahm Amelies Arm.
    »Nein«, sagte Louisa. »Obwohl ich nach guten

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