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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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sie unter diesen Umständen sexuell nicht mehr anziehend fand.«
    Carola setzte sich vor lauter Spannung noch ein wenig gerader hin. Wieder bemerkte sie, dass ihr Mund offen stand, und sie presste eilig die Lippen aufeinander.
    Pfarrer Hoffmann griff nach ihrer Hand. »Verzeihen Sie mir meine Offenheit, Carola, aber wenn ich Sie so ansehe, ist es mir, als sähe ich meine Anne. Sie ist ebenso gut aussehend, wie Sie es sind, aber das allein ist es eben nicht, was eine Frau begehrenswert macht. Wenn sie nicht wie eine Frau fühlt , dann ist es egal, wie sie aussieht.«
    Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum der Umsatz für Gummipuppen zurückgeht , dachte Carola sarkastisch. Weil die Gummipuppe zwar aussieht wie eine Frau, sich aber nicht so fühlt!
    »Ich hoffe nicht, dass ich Ihnen zu nahegetreten bin, liebe Carola. Aber ich hatte einfach das Gefühl, Ihnenhelfen zu müssen. Es ist noch nicht zu spät für Sie, sich auf Ihre weiblichen Werte zu besinnen.«
    Carola hätte gern einen der fettigen Reibekuchen genommen, in sein schönes Gesicht geklatscht und geschrien: »Seit elf Jahren putze, bügele und koche ich für meinen Mann, arbeite auf einer unterbezahlten Stelle im sozialen Bereich und warte brav darauf, geschwängert zu werden. Damit werfe ich die Emanzipation der Frau um Jahre zurück! Und Sie wagen es zu behaupten, mir mangele es an weiblichen Werten?« Aber irgendetwas hielt sie davon ab, derart auszurasten.
    Pfarrer Hoffmann drückte ihre Hand. »Sehnen Sie sich denn nicht manchmal nach einer Schulter zum Anlehnen?«
    »Natürlich«, sagte Carola spröde. »Sie denn nicht?«
    Pfarrer Hoffmann kam nicht mehr dazu zu antworten, denn in diesem Augenblick machte Martin die Küchentür auf und knipste die Deckenlampe an. Erst dann sah er die beiden am Tisch sitzen.
    »Huch«, sagte er. »Was sitzt ihr denn hier im Dunkeln?«
    »Es ist nicht dunkel, es ist November«, sagte Pfarrer Hoffmann und ließ Carolas Hand los. »Sie kommen gerade rechtzeitig, um noch ein paar von den köstlichen Reibekuchen Ihrer Frau zu essen.«
    »Ich möchte Sie Ihnen aber nicht wegessen«, sagte Martin steif. »Tut mir leid, dass ich so einfach in Ihre Besprechung geplatzt bin.«
    Pfarrer Hoffmann lachte.
    »Mein lieber Mann, Sie sind hier zu Hause«, sagte er. »Und unsere Besprechung ist beendet, nicht wahr, Carola? Sie haben doch verstanden, was ich Ihnen sagen wollte?«
    Carola nickte. Natürlich hatte sie verstanden, was er ihr sagen wollte: dass er ein steinzeitlicher Macho war, der nur Sex haben konnte, wenn man ihm die Füße küsste, und dass eben daran seine Ehe gescheitert war. Und dass er es vermutlich nicht ausstehen konnte, wenn die Frau oben lag.
    Ausgerechnet den Kerl hatte sie sich als Erzeuger für ihr Baby auserkoren! War sie denn von allen guten Geistern verlassen?
    Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung hinter dem Fenster wahr. Sie sah etwas haariges Rotes zwischen den Blättern des Kirschlorbeers verschwinden.
    Martin hatte es auch gesehen. »War das eine Katze?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht, es schien mir größer als eine Katze.« Carola drehte sich zu ihm um. »Warum bist du denn schon hier?« Wenn es nach ihrem Plan gegangen wäre, dann hätte er den Pfarrer und sie nicht in der Küche beim Disput über vergessene weibliche Werte angetroffen, sondern oben auf der Matratze, nackt in den nach »Falling in love« duftenden Laken.
    Martin setzte sein selbstmitleidiges Gesicht auf. »Ich habe gedacht, ich schenke es mir, mich weiter erniedrigen zu lassen – die Abteilung ist offiziell geschlossen, und wir sitzen nur noch blöde herum. Dem Meller haben sie heute sogar den Schreibtischstuhl unterm Hintern weggezogen. Bräuchten ihn in einer anderen Abteilung. Ich möchte vermeiden, dass es mir genauso ergeht. Das wäre zu demütigend.« An den Pfarrer gewandt setzte er erklärend hinzu: »Mein Arbeitsplatz gehört zu den hundertfünfzig Arbeitsplätzen, die bei der Mensim AG abgebaut werden. Ab heute bin ich offiziell arbeitslos.«
    Pfarrer Hoffmann machte ein betroffenes Gesicht. »Das ist ja entsetzlich«, sagte er. »Sie müssen sich fürchterlich fühlen.«
    Martin zuckte mit den Schultern. »Ich hatte ja schon ein paar Wochen Zeit, um mich fürchterlich zu fühlen. Noch fürchterlicher geht es gar nicht mehr.«
    O doch, dachte Carola, ich wette, ich fühle mich noch viel beschissener. Ich und meine unbefruchteten Eierstöcke.

Irmi
    I
rmi war verliebt. Das war, als habe sie Flügel und der

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