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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Stimme schwang ein Hauch von Ungeduld. Herr Kalinke kam alle zehn Minuten, um sie mit derartigen Fragen zu löchern. »Ein für alle Mal: Sie sind der Gärtner, Herr Kalinke. Sie haben freie Hand. Wenn Sie meinen, der Busch gehört woanders hin, dann versetzen Sie ihn.«
    »Gut«, sagte Herr Kalinke. Er war heute in aller Frühe mit einem Lastwagen voller riesiger Bambussträucher und Gartengeräte vorgefahren und seitdem ununterbrochen bei der Arbeit. Louisa hatte ihre ältesten Sachen an und half ihm mit sichtlicher Begeisterung. Jetzt erschien sie hinter Herr Kalinke und kippte gierig ein Glas von dem scheußlichen Tee in sich hinein, den sie sich jeden Morgen gleich kannenweise aufgoss.
    »Hier, Mama, deine Post«, sagte sie und legte einen dicken Stapel Briefe auf den Tisch. In ihrem alten Skianorak sah sie ziemlich unförmig aus.
    Sie hat mindestens so viel zugenommen, wie ich abgenommen habe , dachte Amelie. Wenn das so weitergeht, werden wir uns irgendwo in der Mitte treffen .
    »Ich möchte nur nicht, dass Sie sich hinterher beschweren«, sagte der Gärtner.
    »Nein, nein«, beruhigte Amelie ihn. »Egal, was Sie tun, am Ende wird es auf jeden Fall besser sein als vorher.«
    »Allerdings«, sagte Louisa.
    »Es wird viel besser werden«, versprach Herr Kalinke. »Wir werden das ganze Wochenende durcharbeiten, damit uns nicht auf halber Strecke der Frost überrascht. Morgen kommt dann auch der Minibagger zum Einsatz. Ich möchte die langweilige Böschung beseitigen und statt dessen eine Trockenmauer zum Abstützen des Geländes errichten. Es könnte dann etwas lauter zugehen.«
    »Wahrscheinlich bin ich ohnehin verreist«, sagte Amelie und war selber überrascht. Der Gedanke war ihr gerade erst gekommen.
    »Du verreist?«, fragte Louisa. »Wohin denn?«
    »Nicht wirklich verreisen«, beeilte sich Amelie zu sagen. »Ich spiele nur mit dem Gedanken, an diesem Wochenende der inneren Einkehr teilzunehmen. Mit meditativem Bauchtanz, Fantasiereisen und diesem Schnickschnack.«
    Genial , dachte sie. Einfach genial . Das war wirklich eine gute Idee. Sie erfand kurzerhand einen Wochenendworkshop – sie hatte schon öfter an so was teilgenommen –, und sie und Benedikt konnten sich unbehelligt in irgendeinem verschwiegenen Hotel treffen … vielleicht im Schwanenhof in Seelbach, der hatte zwei Michelinsterne und Himmelbetten in den Zimmern. Seinen Namen hatte das Luxushotel von den vielen Schwänen, die anmutig auf dem Parkweiher ihre Bahnen zogen. Die Wahrscheinlichkeit, dort auf Bekannte zu treffen, war relativ gering.
    »Innere Einkehr?«, fragte Louisa. »Ist das ein Gasthof, wie die Ewige Lampe? Oder der Fröhliche Landmann? Warum hast du denn nichts davon erzählt?«
    »Es sind wohl erst kurzfristig wieder ein paar Plätze freigeworden«, improvisierte Amelie. »Lenchen Klein hat mich gefragt, ob ich nicht mitkommen will. Ich weiß nicht, ob ich wirklich teilnehmen werde. So wild bin ich nicht darauf, unter Leute zu kommen.«
    »Frau Klein steht auf Bauchtanz?«, fragte Louisa. Amelie sah deutlich das Misstrauen in ihrem Gesicht. »Was macht sie denn so lange mit ihrem Hund?«
    »So geht das aber nicht!«, unterbrach sie eine schrilleStimme. Frau Hagen mit ihrem unnachahmlichen Gefühl für das richtige Timing platzte ins Wohnzimmer wie ein dicker gelber Gummiball. Sie trug einen Ostfriesennerz in Übergröße und gelbe Gummistiefel.
    »Der Schlüssel steckte draußen in der Haustür«, erklärte sie, als sie Amelies Gesicht sah.
    »Deshalb können Sie trotzdem klingeln, Frau Hagen«, sagte Amelie kühl und griff demonstrativ nach dem Poststapel. »Oder wollten Sie unsere Stromrechnung schonen?«
    »Ich habe ja geklingelt«, behauptete Frau Hagen. »Ich bin gekommen, um mich im Namen der ganzen Familie zu beschweren.«
    Natürlich, dachte Amelie. Beschweren, Kuchen backen und essen, aus mehr bestand ihr Leben nicht.
    Sie sah die Briefe schnell durch. Rechnungen, Werbung, ein Brief von der Rentenanstalt – hoffentlich rückten die bald mal mit der Kohle rüber – und einer ohne Absender. Die Schrift war Amelie unbekannt, ebenso das blasslila Briefpapier.
    »Was erregt denn diesmal Ihren Unmut, Frau Hagen?«, fragte sie und drehte den Briefumschlag zwischen ihren Fingern. Die Frau sollte sehen, dass sie beschäftigt war.
    »Ihr könnt doch nicht einfach, ohne uns zu fragen, euren Garten umgestalten!«, rief Frau Hagen.
    »Nicht?« Amelie zog die Augenbrauen hoch. Sie hasste Streitigkeiten, aber mit Frau Hagen

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