Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
nicht mehr so müde aus.«
»Ja«, sagte Irmi. »Es geht mir auch wirklich gut. Es gibt da seit kurzem jemandem in meinem Leben, der … mich glücklich macht.«
»Oh«, sagte Martin nur. Er sah schockiert aus.
»Nicht, was du denkst«, sagte Irmi. »Es ist mehr platonisch. Und es ist wunderbar! Er gibt mir das Gefühl, eine begehrenswerte Frau zu sein. Und ein wertvoller Mensch dazu.«
»Natürlich, das bist du ja auch«, machte Martin. »Wer ist es? Kenne ich ihn?«
»Ähm«, stotterte Irmi, die einfach nicht lügen konnte. »Also, ähm …«
»Also ja.« Martin hob die leere Weinflasche hoch und hielt sie ans Licht. »Wenn es nur platonisch ist, muss es doch kein Geheimnis bleiben, Irmi.«
»Es ist ja nicht nur platonisch«, gab Irmi zu und dachte mit wohligem Schaudern an Pfarrer Hoffmanns Hand auf ihrer Brust. »Ich würde es dir ja sagen, aber ich glaube, es wäre nicht gut für ihn, wenn es jemand erführe. Ich meine, ich bin eine verheiratete Frau, und er ist … Er könnte seinen Job verlieren.«
»O Gott«, stöhnte Martin. »Es ist der Pfarrer!«
Irmi wurde feuerrot. »Du darfst es auf keinen Fall weitererzählen!«
Martin schüttelte den Kopf. »Wofür hältst du mich denn, Irmi? Aber ich wundere mich über den Geschmack von euch Frauen. Nur weil er gut aussieht und sagt, du seist ein wertvoller Mensch, musst du dich ja wohl noch lange nicht an seinen Hals werfen, oder?«
»Du weißt ja nicht, wie es in mir aussah, bevor ich ihn getroffen habe! Nicht alle Ehepaare können so glücklich sein wie du und Carola«, sagte Irmi. »Ihr seid ein Musterpaar wie aus einem Bilderbuch, euch könnte so etwas nicht passieren.«
»Wie kommst du darauf, dass wir glücklich sind?«, fragte Martin mit einem schiefen Grinsen.
»Nennst du deine Frau vielleicht ein Froschgesicht?«, rief sie und vergaß für einen Augenblick, dass sie Georg auf keinen Fall wieder wecken wollte. »Spuckst du ihr Essen auf den Teppich? Möchtest du eine Tüte über ihr Gesicht stülpen, wenn ihr miteinander schlaft? Muss sie nachts zweimal raus, um dich aufs Klo zu bringen, weil du es unter deiner Würde findest, einmal in eine Windel oder in eine Bettflasche zu pinkeln?«
»Ihr schlaft noch miteinander?«, fragte Martin, als habe sie sonst gar nichts gesagt.
»Nein«, antwortete sie. »Jetzt nicht mehr. Georg sagt, es geht ihm ohnehin schon schlecht genug.« Sie lächelte schwach. »Das ist das einzig Gute an seiner Krankheit.«
»Carola und ich schlafen auch nicht mehr miteinander«, sagte Martin. »Seit Carola weiß, dass ich unfruchtbar bin, meint sie, es lohnt sich nicht mehr.«
Irmi schluckte betroffen. »Ach, Martin, das wusste ichnicht. Das tut mir leid. Ich weiß doch, wie sehr ihr euch Kinder wünscht.«
»Carola wünscht sich Kinder«, sagte Martin. »Ich wünsche mir einfach ein gutes Leben. Im Moment sieht es nur nicht danach aus, als würde unser Leben auch nur ansatzweise gut.«
»Das kriegt ihr schon wieder auf die Reihe«, versuchte Irmi ihn zu trösten. »Ihr könntet Kinder adoptieren. Oder es mit künstlicher Befruchtung versuchen. Eine Freundin von mir hat damit vor ein paar Jahren Zwillinge bekommen. Du wirst sehen, ihr werdet wieder richtig glücklich miteinander.«
Martin schüttelte den Kopf. »Nein, Irmi, ich fürchte, es ist vorbei. In Carolas Augen bin ich ein schrecklicher Versager. Sie glaubt, ihre besten Jahre an mich verschwendet zu haben. Für sie bin ich ein nutzloser, unfruchtbarer Waschlappen. Und jetzt auch noch arbeitslos.«
»Ach, Martin!« Irmi griff nach seiner Hand. »Jetzt kommt aber auch alles auf einmal bei dir, was? Vor ein paar Wochen war das doch noch gar nicht so sicher, dass du deinen Job wirklich verlierst!«
»Jetzt ist es aber amtlich. Heute war mein letzter Tag.« Müde fuhr Martin sich mit der Hand über die Augen. »Wir stehen alle auf der Straße. Zweiundzwanzig Mann. Ohne einen Pfennig Abfindung. Die zahlen uns noch das Dezembergehalt, und das war’s dann. Sie müssen sparen, sagen sie, aber im Foyer haben sie vor drei Tagen ein modernes Kunstwerk aufgestellt, das sage und schreibe eins Komma fünf Millionen gekostet hat!«
»Aber das ist doch total unfair«, sagte Irmi empört. »Ich kann nicht glauben, dass euer Betriebsrat das zulässt.«
»Das können wir alle nicht glauben«, sagte Martin.
»Warum nehmt ihr euch dann keinen Anwalt?«
»Ach, die kosten entsetzlich viel Geld, und am Ende hat man gar nichts erreicht, außer dass man auch noch die
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