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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Mutter. Gilbert hatte steif und fest behauptet, der Pfarrer unterhalte sowohl zu Irmi Quirrenberg als auch zu Carola Heinzelmann eine intime Beziehung.
    »Warum nicht auch zu Frau Hagen?«, hatte ich ironisch gefragt, und da hatte Gilbert gesagt, bei Frau Hagen nütze auch die stärkste Erdstrahlung nichts mehr.
    Ich hatte nach Beweisen für seine kühnen Behauptungen bezüglich Frau Quirrenberg und Carola verlangt,aber Gilbert hatte keine vorzuweisen. Er könne nicht beweisen, was er nicht mit eigenen Augen gesehen habe.
    »Du musst mir einfach glauben«, hatte er gesagt. »Mit der naiven Dürren« – damit war Frau Quirrenberg gemeint – »hat er Nacht für Nacht ein Techtelmechtel auf der Gartenbank, und bei der scharfen Brünetten kann es auch nicht mehr lange dauern. Sie legt sich jedenfalls mächtig ins Zeug.«
    »Was? Carola? Niemals!« Es war schon schlimm genug, dass meine Mutter auf den Schleimer hereinfiel, aber dass auch die scharfsinnige und nüchterne Carola auf ihn abfahren sollte – ausgeschlossen! Sie konnte ja nicht mal eine Ausnahmesituation für sich geltend machen – ihr Mann erfreute sich schließlich bester Gesundheit. Nein, das konnte ich einfach nicht glauben. Ich hatte den Verdacht, Gilbert hatte die Geschichte nur erfunden, um mich zu trösten. Auch die Erdstrahlentheorie fand ich nicht besonders glaubwürdig. Dann war ich doch eher geneigt, die Sache Bettys psychologischem Syndrom in die Schuhe zu schieben.
    »Eine Hormonausschüttung also, die zu Kurzschlussreaktionen der Libido führt?«, fragte ich.
    »Ja«, fuhr Betty eifrig fort. »Passiert besonders häufig, wenn eine traumatische Trennung hinter einem liegt oder, wie im Fall deiner Mutter, der plötzliche Tod des Partners. Die betroffene Person verliebt sich dann in den Erstbesten, der ihren Weg kreuzt, im Fall deiner Mutter war es der Pfarrer.«
    »Da hat sie ja noch Glück gehabt«, sagte ich und dachte an unseren betagten Postboten oder – Gott bewahre! – an Herr Hagen. »Wo hast du’s denn gefunden?Klingt so, als sei es ein interessantes Thema für meine Diplomarbeit.«
    »Ähm«, sagte Betty verlegen. »Bin zufällig darübergestolpert.«
    »Wo denn?«, fragte ich hartnäckig. Ich mochte es nicht, wenn Betty Quellen kannte, die mir unbekannt waren. Ich hatte gern die Nase vorn.
    »Wenn du’s genau wissen willst, es stand in der Cosmopolitan «, sagte Betty. »Aber es ist wissenschaftlich fundiert.«
    Ah, das war ja wieder mal typisch Betty. »Na ja, es ist jedenfalls nett von dir, mich deswegen anzurufen. Das letzte Mal, als wir telefonierten, nanntest du mich eine hormongesteuerte Idiotin.«
    »Das stimmt doch gar nicht«, sagte Betty verlegen. »Ich fand nur, dass du einen Fehler machst.«
    »Und das findest du jetzt nicht mehr?«
    »Doch. Aber ich kann wohl nichts daran ändern, oder? Ich denke, wir müssen das Beste daraus machen.«
    » Wir? Das ist ganz allein meine Angelegenheit«, sagte ich, immer noch eingeschnappt. Außerdem gefiel ich mir in der Rolle »Allein gegen den Rest der Welt« allmählich. Es war wie im Film: Aufstrebende Studentin wird versehentlich schwanger. Der geliebte Vater stirbt, und die ehemals fürsorgliche Mutter fällt einem wissenschaftlich fundierten psychologischen Syndrom aus der Cosmopolitan zum Opfer. Der Kindsvater verstößt die aufstrebende Studentin, und ihre beste Freundin lässt sie ebenfalls im Stich. Sie gerät auf die schiefe Bahn, indem sie Hehlerware an ihre eigenen Verwandten verscherbelt, und in der Straße treiben unheimliche Erdstrahlen ihr Unwesen – wenn das nicht der Stoff war,aus dem die ganz großen Dramen geschrieben waren, dann wusste ich es aber auch nicht. Fehlte nur noch eine tragische Krankheit, und ich würde als eine zweite Kameliendame in die Geschichte eingehen.
    »Ich wollte nur sagen, dass ich … ähm … an deiner Seite stehe oder so ähnlich«, meinte Betty und versuchte damit, mir den Spaß zu verderben.
    »Das wird sich zeigen, wenn’s ernst wird«, sagte ich ziemlich kühl.
    »Wenn du willst, schreibe ich Andi doch noch auf meine Liste«, bot Betty an, aber so schnell wollte ich mich nicht wieder mit ihr versöhnen.
    »Ich ziehe aus«, kam ich endlich zum Grund meines Anrufes.
    »O nein! Du willst doch nicht in diesem Kaff versauern!«, rief Betty aus. »Das kannst du du deinem Kind nicht antun! Und mir auch nicht. Du bist die beste Freundin, die ich je hatte.«
    »Ich hatte nicht vor, zu versauern«, sagte ich würdevoll. »Ich werde

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