Ehemänner
Sanftmut:
»Weißt du was? Sollte einer von uns beiden sterben, werde ich nach Italien fahren.«
Ein ganzer Kerl
Er hatte langes, lockiges Haar und Augen wie die Sonne am frühen Abend, so dass man Lust bekam, ihn auf der Stelle zu vernaschen, mit Haut und Haaren, samt seiner skeptischen Miene und dieser Stimme, die sich auf den unwegsamen Pfaden ihrer selbst zu verlieren schien. Er war vom Fußballspielen zurückgekommen und lief gerade die Treppe hinauf, als seine Mutter ihm auf halbem Weg zwischen zwei Etagen begegnete, wo von frühmorgens bis spätabends reger Familienbetrieb herrschte.
Wie alle Frauen, die mit den Problemen, den richtigen Mann zu finden, bestens vertraut sind, fand seine Mutter, dass die Person, zu der ihr Sohn, dieser lachende kleine Kerl von einst, herangewachsen war, jeder Frau, die seinen Horizont streifte, ein glanzvolles Leben bescheren könnte. Unnötig zu erwähnen, dass der junge Mann, der dort die Treppe heraufkam, seiner Mutter nicht im Entferntesten recht gegeben hätte. Vielmehr war er felsenfest davon überzeugt, dass es auf dem gesamten Erdball keine Frau gebe, die ihn auch nur eines Blickes würdigen würde. Er als Ehemann? Nie und nimmer! Diesen Unsinn begründete er mit einer fragwürdigen Statistik, die er auf ein mageres Geschöpf zurückführte, dessen Augen sehnsuchtsvoll in die Welt geblickt hatten. Mit zwölf Jahren war er so unsterblich in sie verliebt gewesen, dass er bis jetzt die Erinnerung an diese herbe Enttäuschung nicht verwunden hatte. Ja, er hätschelte und zelebrierte sie geradezu. Wenn sie ihm doch einmal verloren ging, fand er sogleich eine ähnliche enttäuschte Sehnsucht, Hauptsache, er kam nicht in die Bedrängnis, sich aus den Fesseln einer glücklichen Kindheit lösen zu müssen.
Als in den letzten Wochen plötzlich ein anmutiges und langgliedriges Geschöpf mit den Augen einer friedlichen Katze auftauchte, hatte seine Mutter, eine unverbesserliche Glucke wie alle Mütter, die sich rühmen, es nicht zu sein, gemeint, eine Spur von etwas wie echter Liebe zu erkennen. Ihr Sohn hatte das Mädchen fünf Minuten, bevor er das Haus verließ, zu einer Party eingeladen, und sie hatte zugesagt, als hätte er sie drei Tage vorher angerufen. Eine halbe Stunde später war sie in einem blauen Rock und mit einem hellen Tuch um die Schultern erschienen. Sie hatte langes dunkles Haar. Für die Mutter war es eine Wohltat zu sehen, wie das Mädchen ihren Sohn fast so verzückt anhimmelte, wie sie selbst es sich versagen musste, wenn sie seinen Zorn nicht erregen wollte. Söhne glauben ihren Müttern nie, wenn diese sie als gut aussehend bezeichnen, und der hier hegte nicht nur seine Zweifel, sondern führte sie auch andauernd im Munde und fühlte sich zu vehementem Protest aufgerufen, sobald sie etwas in der Richtung erwähnte. Doch die heutigen Mütter liegen nicht weniger falsch als die von einst. Auf andere Weise zwar, aber nicht weniger.
Die sanfte Dunkelhaarige, die auf den Namen Magdalena hörte, hing mit ihren Blicken derart an ihrem Sohn, dass die Mutter dachte, diese Zuneigung müsse von Dauer sein. Aber daran durfte sie nicht einmal denken. Daher ließ sie den Namen Magdalena künftig so gut wie nie fallen.
Fast so, als wollte sie Einfluss nehmen und dem Mädchen raten, sich rar zu machen: Spring nicht immer gleich, sobald er ruft, gib ihm nicht jedes Mal eine Antwort, schenk ihm nicht allzu viele verliebte Blicke, spiel die Unnahbare, tu so, als wäre er dir keinen Gedanken wert. Doch sie sagte nichts. Es herrschen andere Zeiten als früher, heute lassen sich die Mütter die Glucke nicht anmerken, umso weniger, je mehr sie es sind, und vor lauter Zurückhaltung könnte man meinen, nichts kümmere sie.
Kein Wort zu Magdalena, ein Monat, zwei Monate, neun Monate lang. Stillschweigen bis zu jenem blassen Abend, an dem sie ihrem Sohn auf der Treppe begegnete und nicht mehr an sich halten konnte: Sie dachte, wie hübsch er doch war, was keiner so gut wissen konnte wie die bezaubernde Magdalena, und schon allein deshalb musste sie endlich herauskriegen, wo das Mädchen steckte.
Beim Abendessen vor dem Fernseher fragte sie wie nebenbei:
»Was ist eigentlich mit Magda?«
»Mit Magda?«, sagte der Prinz des Unmöglichen, ohne den Blick vom Fernseher zu lösen, »der habe ich gezeigt, dass ich ein ganzer Kerl bin.«
»Wie das?«, wollte die Mutter wissen.
»Ich habe sie einfach nicht mehr angerufen«, sagte der Jüngling.
Was blieb da noch außer zu
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