Ehemänner
schweigen? Damals war der Sohn achtzehn Jahre alt, heute ist er vierundzwanzig.
Vor kurzem kam der Mutter zu Ohren, Magdalena sei hübscher denn je und habe einen Ehemann, der ihr zu Füßen liege. Daran zweifelte sie keine Sekunde.
Señora Fez
Dominga Fez machte auf der Beerdigung ihres Mannes nicht gerade einen traurigen Eindruck, wenn auch keinen fröhlichen; es war eher eine Art zurückhaltender Einsilbigkeit, die sie an den Tag legte, was sich mit einem einzigen Satz erklären ließ, der ihr ganze zweimal über die Lippen kam, einmal während der Totenwache und das zweite Mal, als die Beerdigung überstanden war: »Meine Pflicht ist erfüllt.«
Sie hatten geheiratet, als sie zwanzig war und noch nicht ahnte, dass Trunkenbolde nicht lustig sind, sondern ganz und gar unausstehlich. In der Nacht, in der er verschied, hatte sie eben erst ihr fünfundvierzigstes Lebensjahr vollendet.
In der langen Zeit ihres Zusammenlebens hatte Dominga nicht einen einzigen Tag ohne ihren Mann verbracht, nicht einmal, als sein Atem immer schärfer geworden war. Nie war sie über die Grenzen ihres Stadtteils hinausgekommen, der anfangs aus einer Ansammlung halbfertiger, später einer langen Reihe schlampig errichteter Häuser bestand. Weit vor den Toren der Stadt gelegen, von der Metro-Endstation im Norden der Hauptstadt eine halbe Stunde mit dem Bus.
Ihre Vorstadtsiedlung hatte sich ungehemmt aus der Peripherie hervorgewagt und in Richtung der großen Avenida vorgeschoben, anders als Dominga, die es kaum einmal gewagt hatte, ihr Haus mit den drei Zimmern auf der Calle Juárez zu verlassen, in dem sie mehr schlecht als recht schlief.
Jedes Viertel von Mexiko-Stadt kann mit einer Calle Juárez aufwarten, und sie hatte es in eine Straße verschlagen, die zu der Zeit, als sie dort hinzog, weder über elektrisches Licht verfügte noch asphaltiert war, aber dafür bereits den Namen eines Staatshelden trug. Dort war Dominga nach einer kurzen gemeinsamen Zeit, in der es ihr nie langweilig geworden war, mit ihrem Mann im Schlepptau eingetroffen. Dort hatte er auch beschlossen, sie als Entschuldigung für einige seiner Eskapaden in die Kirche zu führen, um ihr vor der Jungfrau von Guadalupe zu geloben, was er nie halten sollte: ihr treu zu sein und für ihre Kinder zu sorgen. Damals hatte Dominga sich seinem Willen widerspruchslos gefügt und sich fortan allen Entscheidungen, die er hinsichtlich ihrer Person und ihres Lebens getroffen hatte, gebeugt.
Der Mann war in der Reinigungskolonne einer Fluglinie beschäftigt gewesen. Eine armselige Arbeit, doch in den Augen seiner Frau, die in kürzester Zeit gelernt hatte, ihn so zu sehen, wie er war, nicht die schlechteste. Immerhin verdiente er weit mehr als etwa ein Büroreiniger oder gar ein Maurergehilfe. Ob er zu etwas anderem fähig gewesen wäre, wusste sie auch gar nicht, hegte daran jedoch ihre Zweifel.
So schmal sein Verdienst auch war, hätte Señor Fez dennoch in der Lage sein sollen, seiner Frau wenigstens die Hälfte der Summe abzuliefern, die sie allein mit dem Verkauf ihrer gedämpften Maiskolben einnahm. Bei Señora Fez, wie Dominga allenthalben genannt wurde, kam für ihre Kinder und den Haushalt nur ein Bruchteil des Geldes an, das in dem Umschlag steckte, den ihr Mann alle vierzehn Tage am Lohnschalter seiner Firma abholte.
Was auch immer Señor Fez also von seinem Lohn einbehielt, Dominga bekam davon lediglich die wöchentlichen Besäufnisse zu sehen und den Sack Maiskolben, den er vor seinem Gang in die Kneipe in einem Anfall von Großzügigkeit für sie vom Markt herbeischleppte, damit sie den Mais kochen und nachmittags losziehen konnte, um ihn auf der Straße zu verkaufen.
Sie hatte es nicht weit: Gleich an der nächsten Straßenecke stellte sie einen Schemel vor einen Topf, der über einer Feuerstelle brodelte, steckte den ganzen Nachmittag lang Maiskolben auf Holzspieße und bereitete sie mit Käse, Mayonnaise, Zitrone und Pfeffer zu. Jahrelang saß Señora Fez so an der Kreuzung zweier identischer Straßen, während sich die immer gleichen Tage unmerklich über ihr unausgewogenes Leben legten.
Mit Ach und Krach zog sie ihre Kinder groß. Auf einmal zeigten sich die ersten grauen Haare, dann taten ihr die Knöchel weh, ein Vorgeschmack auf die Schmerzen, die sie mit zunehmendem Alter erwarteten. Zu der Zeit, als ihr Mann starb, hatte sie in all den Jahren weder den Zócalo noch die Vulkane, weder den Ajuscogipfel noch überhaupt jemals einen anderen Himmel zu
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