Ehemänner
denn je – Tag und Nacht friedlich, still und nüchtern wie ein Heiliger –, florierte das Geschäft dermaßen, dass die drei ältesten Kinder von jenseits der Grenze zurückkehrten und alle gemeinsam mit Hilfe ihrer Ersparnisse und dem Wissen der Mutter mehrere Maisküchen-Filialen errichteten und schließlich bis in die Hauptstadt expandierten, die sie mit der gleichen Hartnäckigkeit eroberten, mit der Dominga sie einst erkundet hatte.
»Wenn das mein Vater sehen könnte«, sagte eines Tages einer ihrer Söhne in dem Irrglauben, ihr Erfolg basiere auf der Lebensversicherung des Vaters anstatt auf der sicheren Lebensplanung ihrer Mutter.
Doch Señora Fez regte sich weder auf, noch fühlte sie sich gekränkt, dass ihre Kinder dem Irrtum erlegen waren, die Starthilfe sei dem Vater zu verdanken und nicht den Kochtöpfen der Mutter. Doch kaum war sie allein, warf sie, bevor sie den Laden schloss, der heiligen Rita noch einmal einen besonders frommen Blick zu und raunte ihr in die papiernen Ohren: »Vergiss nicht: Weg ist weg, und denk nicht mal daran, dir irgendwas wiederholen zu wollen! Hier in diesen Gefilden will ich meinen Mann nur noch als Foto zu Gesicht bekommen.«
Anschließend machte sie sich auf den Weg in ihr ordentliches, ruhiges und gepflegtes Heim. Dort band sie die Schürze ab, streckte die Beine aus und nahm bei sanfter Boleromusik in aller Ruhe ihr Abendbrot ein. Bevor sie zu Bett ging, bat sie noch ihren heiligen Joseph, was einmal fort sei, möge es doch bitte schön auf Nimmerwiedersehen bleiben. So, im Schutz seines Heiligenscheins, schlief sie ein, mit einem vergnügten Lächeln auf den Lippen, das sie nicht einmal im Traum ablegte.
Ihre Nachbarin irrte nicht, wenn sie überall herumerzählte: »Als der Mann von Señora Fez ins bessere Leben hinüberging, wurde auch ihres um vieles besser.«
Sie begegneten sich
Sie begegneten sich auf offener Straße, nachdem sie ein halbes Leben lang einander nicht mehr gesehen hatten.
Ihr Blick verlor sich irgendwo in der Menschenmenge, die sich auf den Straßen im Zentrum von Mexiko-Stadt tummelte, als sie an einem Samstag wie so oft durch die Innenstadt schlenderte.
Bei ihm hätte man hingegen meinen können, er befinde sich auf der Suche nach ihr, und doch grenzte es an ein Wunder, dass ihre Wege sich kreuzten. Immerhin hatte er sie seit ihrem letzten Treffen vor ungefähr tausend Jahren in einem der Parks auf dem Universitätsgelände endgültig aus den Augen verloren.
Zu der Zeit war Elena von dem älteren Ehemann einer älteren Ehefrau hingehalten worden. Das war im Jahr 1973. Damals war Claudio zwanzig Jahre alt gewesen und sie zweiundzwanzig.
Ganze Welten trennten sie. Er studierte seit neunzehn Monaten Biologie und sie seit drei Jahren Politikwissenschaften.
Er war hager, wirkte zerstreut und schüchtern, hatte langes, strähniges Haar, und die gleiche Ehrfurcht, mit der er sich den Geheimnissen der Natur widmete, hegte sie für die Poesie. Wie so viele wäre er damals lieber in einer weniger geknebelten Welt aufgewachsen. Er war überzeugt, dass sich keine Frau finden ließe, die seine Freundin werden wollte, und unfähig, den Mund aufzumachen, um mit seiner geistigen Brillanz zu prahlen.
Immerhin war er Assistent bei dem angesehensten Professor seiner Fakultät, aber das musste ihr ja nicht zu Ohren gekommen sein, denn sie nahm ihn nur als ein Jüngelchen wahr, als den Kameraden aus der Clique, mit der sie sich freitags ins Nachtleben stürzte.
Sie gingen tanzen, mitten im Herzen des wildesten Viertels, das es bis heute in Mexiko-Stadt gibt. Obwohl er der unbegabteste Tänzer war, den sie jemals erlebt hatte, tanzten sie die ganze Nacht hindurch. Besser gesagt, sie tanzte, während er, unfähig, auch nur den Takt zu halten, die Füße vor- und zurücksetzte und sie mit dem forschenden Blick eines Wissenschaftlers studierte, den er nie ablegte. Dabei stellte er fest, dass aus ihren Augen eine Art Wehmut sprach und ihr Mund ein »nicht zu haben« signalisierte. Was sonst?
Im Morgengrauen traten alle in die laue Mailuft hinaus und liefen die Straßen entlang, bis sie auf ein Lokal stießen, wo sie ihren ersten Morgenkaffee schlürften. Als sie dort so beisammen saßen unter lauter Angetrunkenen und Musikern, die ihre Songs spielten, kamen die beiden zu dem Schluss, dass es ihnen inmitten all dieser Leute richtig gut ging.
Elena begrüßte den nächsten Mittag, wie sie den Vorabend verabschiedet hatte: Sie redete hastig und stand im
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