Ehemänner
Sie wollte gar nicht recht haben. Zum Glück auch nicht Präsidentin werden. Homer war von einer Biene gestochen worden, das Boot war untergegangen, sie hatten sich im Wald verirrt. Ihre Kinder lachten sich kaputt. Sie auch.
Ihr Exmann rief an.
»Wo bist du?«, fragte sie.
Er sagte, er sei gerade im Auto unterwegs und höre Radio, er komme vom Kongress, die Abgeordnetentribüne sei in zwei Lager gespalten.
»Sag ihm, er soll kommen und mit uns die Simpsons gucken«, bat ihr Sohn. Ihr Ex lebte nur drei Häuser weiter, weil er nicht aus ihrer Nähe wegziehen wollte, als es mit der Brünetten mit der wilden Dauerwelle aus war. Wie konnte man nur so vulgär sein.
Sie wollte ihm nicht verzeihen. Nicht dass sie nicht verstanden hätte, dass Eheleute beiderlei Geschlechts schon mal ausscheren können, aber der Gedanke, die Nachfolge einer Frau von solch unsäglicher Vulgarität anzutreten, war ihr einfach zuwider.
Die Abgeordneten blieben stur auf der einen oder auf der anderen Seite.
»Sag ihm, er soll kommen und mit uns die Simpsons gucken«, bat der Sohn noch einmal.
»Darf ich denn kommen?«, fragte ihr Ehemann am anderen Ende der Leitung.
»Na klar, dann komm«, sagte sie.
Kaum hatte sie aufgelegt, da klingelte er bereits an der Wohnungstür.
Seine Kinder baten ihn, sich zu ihnen aufs Bett zu gesellen. Sie hatten Popcorn in der Mikrowelle gemacht. Alicia trug Jogginghosen, und ihre ungekämmten Haare hingen ihr strähnig in die Stirn. Dazu hatte sie alte Schuhe an und ein orangefarbenes T-Shirt.
»Wo ist denn Margie abgeblieben?«, fragte er, als Bart und Homer gerade einen Wasserfall hinabstürzten.
»Sie ist zu Hause, aber sie wird gleich auftauchen und die beiden retten«, sagte die Tochter, die für ihr Leben gern das Ende vorhersagte.
Hier hat man es gut, dachte er. Warum war er nur so versessen auf den Krieg gewesen?
Man hatte ihn für eine Kriegsreportage ins Ausland geschickt. Das Flugzeug, das in den Libanon ging, hatte die Familie zurückgelassen. Und dann war er bei der mit der Dauerwelle hängengeblieben. So sind die Männer, wenn sie sich einmal in den Kopf gesetzt haben fortzugehen. Aber wer weiß schon, ob sie sich wirklich bewusst entscheiden oder einfach nur weggehen.
Man sagt, Regieren heiße Entscheidungen treffen: Nur dass die Regierenden gar keine Entscheidung treffen. Und wenn doch, dann erst, wenn sie gehen. All diese Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf, bevor sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehrte, zu ihren Kindern auf dem Bett und ihrem abgelegten Ex, der nur zu Besuch war.
Draußen wurde es dunkel. Sie hatten die Vorhänge nicht zugezogen. Draußen tauchte hinter einem Baum der Mond auf. In einem Lichtstrahl zeichneten sich die Äste gegen den Himmel ab. Eine bessere Gesellschaft hätte man sich nicht vorstellen können. Er wollte nicht gehen. Und sie wollte ihren Artikel nicht schreiben. Die Kinder waren im Begriff einzunicken. Sie waren im Begriff zusammenzubleiben. Zumindest bis zum nächsten Morgen, denn irgendwo musste doch irgendeiner den kommenden sechs Regierungsjahren mal einen glücklichen Anfang bescheren.
Orthographie
Am Ende hatte ihr Mann es satt gehabt, sich mit ihr zu vertragen, und ging, um es mit einer anderen zu versuchen.
In den ersten Tagen empfand Ofelia die Einsamkeit wie ein Messer und versank so sehr in Selbstmitleid, dass sie abwechselnd hochrot und leichenblass durchs Haus strich. Dann aber beschloss sie, sich darein zu schicken, dass der Mann, mit dem sie ihr ganzes Leben verbracht hatte, meinte, noch ausreichend Zeit zu haben, um woanders ein neues Leben zu beginnen, ja, sie war regelrecht gerührt, jemanden geheiratet zu haben, dem seine Lebensjahre noch für so viele Dinge zu reichen schienen.
Mit dieser Einstellung ging sie durch die Wohnung und brachte wieder Ordnung in die entstandene Unordnung, immer auf der Suche nach einem anderen Blick auf die Welt, einem Standpunkt, von dem aus sie einen neuen Anfang machen könnte.
An einem Tag hängte sie die Bilder um, an einem anderen gab sie die Esszimmerstühle weg, die vor lauter Modernität schon wieder unmodern waren. Anschließend gab sie ihr Ehebett an ein Seniorenheim, wo es vielleicht ein altes Pärchen gab, das noch verliebt war wie am ersten Tag, und kaufte sich ein einfaches Bett, wo sie ihre Ruhe hatte wie in ihrem neuen Leben. Schließlich fiel sie noch über das Wohnzimmer her, weil sie meinte, die Sessel brauchten unbedingt neue Bezüge.
Der Polsterer kam
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